Name: Markus Wildhagen
Beruf: Antik / Vintage-Händler
Gelernter Beruf: Industriekaufmann
Alter: 51 Jahre
Geburtsort: Düsseldorf
Webseite: www.wandel-antik.de | wandel-raumkonzepte.de
Social: Facebook
Ich fand es immer toll, Dinge zu haben, die nicht jeder hat.
Willkommen in der wunderbaren Welt des Herrn Wildhagen. Dieser Ort scheint verzaubert. Eine Mischung aus Willy Wonkas Schokoladenfabrik, Peter Pan, einer Cocktailhour bei Elizabeth Taylor, dem Keller eines Hollywoodproduzenten oder einer 70er Jahre Party in John Travoltas Villa. Hier gibt es alles und nichts. Und hier gibt es alles, was es sonst nirgendwo gibt. Das ist Wandel Antik. Eine Beschreibung fällt schwierig. Versuchen wir es einmal so: Auf 1.300 qm sammelt Markus Wildhagen seit mehr als einem Vierteljahrhundert alles, was ihm gefällt, selten und kostbar erscheint. Und das ist nicht gerade wenig. Drei Meter große Oscar Statuen finden hier genauso Platz wie nostalgische Kinderbetten, präparierte Büffelköpfe und Art Deco Schreibtische.
Aber wie fing das eigentlich alles an? Seit Markus 14 Jahre alt ist, interessiert er sich für alte Möbel. Er hat es immer schon geliebt, auf Märkte zu fahren und dort nach kostbaren Schätzen zu suchen, die jemand anderem nichts mehr bedeuten. Individualität ist das Stichwort. „Wir Menschen sind ja alle so individuell und einzigartig und das sollte sich auch in der Wohnung widerspiegeln. Hier kommen Leute rein und sagen: Endlich mal andere Formen, Brüche und Patina.“
Er selber mag es nicht, die gleichen Dinge zu besitzen wie andere. „In meinem ersten Apartment hatte ich Sachen von Oma und Opa, die hat man dann eben angemalt oder beklebt. Das war damals totschick. Wenn man jung ist und sich kein echtes Furnier leisten kann, dann hat man sich das halt aufgeklebt.“
Wildhagen ist gelernter Industriekaufmann und hat auch eine Ausbildung im Einzelhandel absolviert, aber eigentlich hat er sich immer nur für Antiquitäten interessiert. Möbel und Accessoires, die sonst niemand hat. „Ich hatte immer diesen Wunsch im Nacken, mich selbstständig zu machen. Damals hatte ich eine Freundin, die mir den Mut gegeben hat. Die hat gesagt: ‚Komm mach das, du hast da ein Talent für.’ Von zu Hause kriegt man so etwas nicht mit. Als ich meinen Job gekündigt habe, brach für meine Eltern eine Welt zusammen.“ Und für Markus Wildhagen öffnet sich eine neue Welt.
Ich habe das große Glück, mit meiner Berufung Geld zu verdienen und mich mit schönen Dingen umgeben zu können, dies alles weiterzugeben und dabei interessante Menschen kennenzulernen.
Vor 24 Jahre rollt er das erste Mal den roten Teppich aus. Wandel Antik ist geboren. Im Hafen auf 200 qm und später auf 600 qm. Markus pumpt sich Geld von seinen Eltern und ist eigentlich, nachdem er Miete und Kaution gezahlt hat, schon wieder pleite. Die Eröffnung muss also funktionieren. Wildhagen, der in der fünften Generation Düsseldorfer ist, hat glücklicherweise einen großen Freundes- und Bekanntenkreis und so kommen damals 200 Leute zur Eröffnung.
Düsseldorf zu verlassen ist für ihn nie eine Option gewesen: „Es ist überschaubar, es ist schön. Schöne alte Immobilien, es geht schnell zum Flughafen. Infrastruktur und Wirtschaftlichkeit stimmt.“ Der 51-jährige sieht sich als Einzelhändler. Man kann alle Sachen, die bei ihm im Laden stehen kaufen. Aber man kann sie eben auch mieten. Der Verleih war immer Teil seines Konzepts. „Die Filmstiftung hat ihren Sitz im Hafen und einmal kam Dieter Kosslick (Anm. der Redaktion: heute organisatorischer Leiter der Berlinale) zu mir.“ Kosslick bringt gerne Freunde mit in den Laden. „Dann hast du auf einmal einen Filmproduzenten bei dir auf dem Sofa und der sagt: Ich brauche ein Geburtstagsgeschenk für die Veronika Ferres, dann hat er eine Lampe gekauft. Das war für mich, mit 30 Jahren großes Kino.“
Apropos großes Kino. Durch seine Kontakte wird nicht nur die Filmstiftung NRW auf ihn aufmerksam, sondern auch internationale Produktionen. So kann man seine Schätze in Filmen wie Chocolate, Der Untergang oder Hindenburg bewundern. Grand Budapest Hotel hat den Oscar für die beste Ausstattung gewonnen, auch dort sind antike Möbel des Düsseldorfers im Spiel. Bis hier hin hört sich das noch alles sehr romantisch an. Aber der gleiche Hafendirektor, der mit Politikern durch Markus’ Fundus stolziert und sich damit brüstet, so etwas Individuelles im Hafen zu haben, verkündigt ihm mit einer kleinen Handbewegung, dass auch sein Gebäude bald abgerissen wird, um im Hafen neue Büroflächen entstehen zu lassen.
Was nun und wohin mit den ganzen Antiquitäten? Mit 30 Lkws findet Markus seine neue Heimat auf der Worringerstraße 57. Jetzt hat er ein Schaufenster und jeden Tag jede Menge Autos, die in einem Stopp and Go Tempo an seinem Fenster vorbei schleichen. Der nicht ganz freiwillige Umzug entpuppt sich also als echter Glücksgriff. Die Umsätze steigen.
„Eines Tages stand Thomas Krauth bei mir im Laden. Der hatte damals das Capitol Theater übernommen und ich durfte den ganzen Eingangsbereich einrichten. Das hat mir natürlich wirtschaftlich sehr geholfen.“ Wildhagen bekommt immer mehr zu spüren, dass die Menschen seine Gabe schätzen, Dinge aufzutreiben, die sonst keiner findet und diese auch noch gekonnt und stilsicher miteinander zu verbinden. Er sagt: „Wir ertrinken in einer Mittelmäßigkeit. Diese „Geiz ist geil“ Mentalität ist eine Katastrophe. Wir haben alle nur ein Leben und in diesem Leben sollten wir uns auch Freude machen. Das kann was für einen Euro sein, es geht dabei gar nicht um Luxus, sondern um das Besondere.“
Dieses Gespür für das Besondere entdeckten auch Modefirmen, unter anderem GANT und Tommy Hilfiger. Für GANT hatte er jahrelang an der Erstellung von Schaufensterdekorationen mitgearbeitet und die erforderlichen Requisiten bereitgestellt. Einige Jahre gestaltete er mit seinem Team bundesweit die Eventshops und auch die Deutschlandzentrale von Tommy Hilfiger alle sechs Monate komplett neu. „Die Leute denken immer, dass ich hier hinter meinem hübschen Tresen sitze und den ganzen Tag Kaffee trinke. Die sehen nicht, dass ich nachts um zwei Uhr aufstehe und drei Stunden fahre, um als Erster auf einem Markt zu sein, um die besten Dinge zu finden.“ Der Händler sagt: „Diese klassischen Schätze, die es früher mal gab, die gibt es heute nicht mehr. Das Internet hat mein Geschäft entzaubert. Das Internet liefert Informationen, die sich andere über Jahre angelesen haben oder durch Erfahrungen angeeignet haben.“
Deshalb erfindet der 51-jährige sich und sein Geschäft immer wieder neu. Und da die Kunden mehr wollen und er Platz braucht, zieht er noch mal um. Die 850 qm auf der Worringerstraße sind zu klein geworden. In Unterbilk finden seine Schätze eine neue Heimat, diesmal auf 1.300 qm. Außerdem erweitert er seine Geschäftsidee. Seine Firma Wandel-Raumkonzepte erstellt komplette Einrichtungskonzeptionen. Alles aus einer Hand, vom Mobiliar bis zur Wand- und Bodengestaltung.
So stammen zum Beispiel die „Röstmeister“, „Zille“, „Gare du Nord“ in Oberkassel, „Pit In Club“ in der Kapuzinergasse oder „BleuBlauBlue“ in der Steinstraße aus seiner Interior-Feder. Auch bei der Gestaltung der beiden Konzeptstores „Chrystall“ in Flingern und Friedrichstadt hat er maßgeblich mitgewirkt. Seit einiger Zeit kann man den Düsseldorfer auch auf dem Bildschirm sehen. Markus Wildhagen ist einer der Händler in der erfolgreichsten Nachmittagsshow des ZDFs: Bares für Rares mit Horst Lichter. Dort kauft er unterschiedliche Gegenstände ein, die seinen Fundus bereichern.
Trotz seiner vielen Tätigkeiten sitzt Markus auch gerne mal hinter seinem Tresen und wartet darauf, wer als nächstes seinen Laden betritt. „Ich kenne Leute, die haben bei mir hochschwanger auf dem Markt gekauft und heute kommen die Kinder mit 30 Jahren, selber mit Kindern, das ist ein tolles Gefühl. Die 14- und 16-jährigen sagen: ,Wie cool ist das denn!´ Die wollen auch nicht mehr eingerichtet sein wie jeder. Jeder hat so ein Sideboard, alles weiß, alles muss hell sein. Wenn einer da ein Schafsfell liegen hat, dann ist das schon sehr gewagt.“ Genau in dem Moment kommt eine kleine Familie durch die Tür. Wildhagen scheint sie zu kennen. Die Eltern des kleinen Oscars möchten ein Kinderbett mit Geschichte. Sie werden schnell fündig, ein Einzelstück versteht sich.
Das sind Momente, die dir das Internet nicht bieten kann und die einzigartig sind, genauso wie Wildhagens Wunderland. Auch wenn die Selbstständigkeit dem 51-jährigen viele schlaflose Nächte und Unmengen an Arbeit kostet. Man merkt ihm an, wie er sein Business lebt. Ein Besuch in seinem Refugium sollte sich niemand entgehen lassen. Wichtig: viel, viel Zeit mitbringen. Das Geld, was sich Markus damals bei seinen Eltern gepumpt hat, hat er übrigens zurück bezahlt.
MORGENS
Guten Morgen – wo trinkst du morgens Deinen Espresso in der Stadt, um wach zu werden? Überall und nirgends.
Zum Sonntags-Brunch und ausgedehnten Frühstück trifft man dich… zuhause
Den besten Kaffee gibt es… im Wandel, gebraut mit einer 23 Jahre alten Nespresso Maschine
MITTAGS
Lecker, gesund und frisch lunchen gehst du in Düsseldorf… ich geh nicht, ich lass mir bringen… vom Koreaner, Chinesen, Japaner.
NACHMITTAGS
Deine Lieblingsroute zum Spazierengehen, Schlendern, Kopf-Frei-Kriegen: Nachmittags und auch sonst immer arbeite ich , also geh ich durch meinen Laden spazieren (1.300 qm), schlendere über den Hof und packe mit an… dabei krieg ich meinen Kopf frei.
Drei Plätze in Düsseldorf, die du deinen Gästen unbedingt zeigen musst: meinen Rhein, mein Geschäft, Ratinger Straße
Zum Kaffeeklatsch mit Küchlein & Co. trifft man dich hier: Cafe Wie im Himmel, Bilker Allee 35
ABENDS
Wo verbringst du am allerliebsten einen gemütlichen Abend mit Freunden oder der Familie? Brasserie Hülsmann
Welches Restaurant repräsentiert für dich am meisten den typisch-charakteristischen Geschmack von Düsseldorf? Füchschen
Ein Restaurant, wo du immer mal hinwolltest, aber noch nie warst: Nagaya
Dein absoluter Gastro-Geheimtipp-Lieblings-Spot, den du hier mit allen teilen möchtest? Dr. Kosch (neuer Name des Bread & Roses)
Dein Lieblings-Altbier: Schumacher
NACHTS
Deine Lieblingsbar oder Dein Lieblingsbartender sind: Bar Ellington
Eine ganz besondere, erinnerungswürdige Nacht in Düsseldorf hast du wo verbracht? Banker’s Boulevard
Dance the night away! Getanzt wird hier: Chateau Rikx
IMMER
Wo und wann fühlst du dich wie ein „richtiger Düsseldorfer“? Jeden morgen, wenn ich wach werde.
Was vermisst du an der Stadt, wenn du nicht in Düsseldorf bist? Die Fahrt über die Rheinbrücken, den Blick und den Sonnenuntergang über Oberkassel.
Könnte man Düsseldorf essen, schmeckt es nach… Alt-Bier
Was liebst du am meisten an Düsseldorf? Kurze Wege
Was hasst du am meisten an Düsseldorf? Staus
Gibt es Plätze oder Orte in der Stadt, die dich in deinem Job inspirieren? Leider zu wenige
STIL
Wo suchst & findest Du Möbel für Deine Wohnung? Im Wandel
Deine Top 3 Shopping-Adressen in Düsseldorf? Anzüge: The Bespoker, Schuhe: The Bespoker, Hemden: The Bespoker
Gibt es (einen) Düsseldorfer Designer oder Künstler, den du besonders schätzt und wenn ja, warum? Die Hosen und Kraftwerk, weil coole Musik, die mich mein ganzes Leben begleitet.
Der beste Ort, um Leute zu beobachten? Kö
Nach welchen Regeln stylst du dich? Was geht gut und was geht gar nicht? Zum Glück kann ich mich frei entscheiden und muss mich nicht an Regeln halten. Sportlich elegant geht, weiße Socken, Muskel-Shirt und Birkenstock-Sandalen gehen gar nicht
Beschreibe den typischen Düsseldorfer-Stil in drei Worten: Was ist das?
ALLGEMEIN
Was ist dein Lieblingsessen? Hirschrücken mit Chili-Nougatsauce
Wo oder wobei kannst du am besten entspannen? Beim Joggen
Dein Lieblingsreiseziel ist? Frankreich
Welches Buch liegt aktuell auf dem Nachttisch? Ein Wallander
Welchen Kinofilm hast du zuletzt gesehen? Grand Budapest Hotel
Dein All-Time-Favorite-Movie? Es war einmal in Amerika
Aktuell läuft auf deiner Playlist/deinem Plattenspieler? Klassik
Dein All-Time-Favorite-Song? Eric Clapton ‚Tears in Heaven‘
Für welchen Verein schlägt dein Herz? Fortuna
Vielen Dank!
Text & Interview: Britt Lörcks
Fotos: Melanie Zanin
Produktion: David Holtkamp
© THE DORF 2017