SELIM VAROL

Selim Varol ist leidenschaftlicher Sammler und lebt mit seiner Familie in Düsseldorf inmitten hunderter, wenn nicht tausender Kunstobjekte. Seit Ende September 2022 widmet das NRW-Forum Düsseldorf seiner Sammlung in einer spektakulären Inszenierung die Ausstellung „Wonderwalls. Art & Toys“, in der über 2.000 Werke der Fotografie, des Grafikdesigns, sowie Graffitis, Skulpturen und Designer Toys zu einem bunten Gesamtkunstwerk der Popkultur verschmelzen. Wir besuchen Selim Varol in seinem Zuhause, das für viele wohl einer Art „Wunderland“ gleicht.

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Der Unternehmer macht seit vielen Jahren in der Düsseldorfer Gastroszene von sich reden. Das Café-Konzept „Toykio“ gibt es zwar nicht mehr, aber dafür bereitet uns ein paar Meter weiter auf der Immermannstraße der Burgerladen „What‘s Beef“ fleischige und vegetarische Köstlichkeiten zu. Der rotgeflieste Laden erzählt nicht nur von Selims Leidenschaft, dem Essen mit Freunden bei Hip-Hop Beats, hier wird auch ein kleiner Teil seiner riesengroßen Kunstsammlung gezeigt. An den Wänden hängen gerahmte Bilder einer Streetart-Legende: „Shepard Fairey steht für die Demokratisierung der Kunst.“, sagt Selim Varol und beschreibt damit auch seinen Ansatz: Erschwingliche Kunst für alle. Es gibt eine große Vitrine mit Objekten vom Label Supreme. Vieles davon hat er geschenkt bekommen oder direkt beim Release gekauft.

Ist das Kunst oder kann das weg? Den Diskurs kann man lange führen. Für mich war das von Anfang an auch Kunst.

Das Skatebord-Label findet er wichtig, weil es gemeinsam mit Stüssy damit angefangen hat, Kunst auf Streetwear zu drucken. Shirts und Skatedecks wurden von Künstler*innen gestaltet, Alltagsgegenstände der Subkultur zu Sammelobjekten. Kunstsammler*innen gibt es viele, vor allem bei uns im Rheinland. Aber das, was Selim macht, ist dann doch etwas Besonderes. In Deutschland kennt er etwa ein Dutzend Personen, die ähnlich sammeln. In Europa ist der Markt im Vergleich zu Asien oder den USA winzig. „Ich bin eigentlich schon immer Sammler gewesen. Das ist so ein genetisches Ding. Du bist Jäger und Sammler und führst es immer weiter. Man jagt etwas hinterher und hat es dann in der Sammlung.“, erzählt er uns.

Diese Sammlung wird nicht nur in seinen Betrieben gezeigt. Selim wohnt mit seiner Frau Eva und zwei kleinen Kindern umgeben von Werken ihrer Lieblingskünstler*innen. Das Haus in Golzheim, in direkter Nähe zum Rhein, ist eine moderne Wunderkammer. Eine alte Holztreppe führt vorbei an Pflanzen und zahllosen Bilderrahmen, durch ein Haus mit beeindruckender Sammlung. Ein gelbes Murakami-Blumenkissen kuschelt mit einem KAWS Stofftier auf einem Supreme-Stuhl, fast antike Superheldenfiguren aus Plastik begrüßen japanische Holzskulpturen. Das gefällt auch seinen Kindern, erzählt Selim Varol: „Ich glaube, dass das einen sehr großen Impact auf ihre Kreativität hat. Sie malen sehr viel und wir nehmen sie auch immer auf Ausstellungen mit.“

Collagen, Skulpturen, Gemälde – hier ist so ziemlich jede Form der Kunst vertreten. Selims Geheimnis, wie er es schafft, dass alles irgendwie zusammenpasst? Vermutlich ist es die Passion und Liebe, die Selim und seine Frau Eva mit den Kunstwerken verbindet. „Wir hängen Kunstwerke, die uns besonders am Herzen liegen, die ihre und unsere Geschichte erzählen. Das Sammeln ist eigentlich konträr dazu, dass viele Menschen gerade versuchen, weniger zu besitzen.“, stellt er fest. Aber die Kunst ist nun mal eine Leidenschaft, ebenso wie das Sammeln.

Skulpturen mag ich besonders.

Angefangen hat die Sammelleidenschaft mit Toys am Wühltisch von Hertie, wo er sich als kleiner Junge mit einer Mark in der Hosentasche die Lieblings-Superhelden rausgesucht hat. Auf diese alten, allerersten Sammlungsstücke ist er stolz. Ein besonderes Exemplar ist der kleine Batman, der auch auf dem Cover seines Buches „Toygiants“ abgebildet ist. Seit den späten 90ern sammelt er Designertoys. KAWS, der seinen Figuren zwei große X-Buchstaben statt Augen gibt, spielt für Selim eine besondere Rolle: Er hat ihm die Welt der Kunst eröffnet.

Damals lernt er auch das Fotografenpaar Daniel und Geo Fuchs kennen, mit denen er gemeinsam seine Toys für das Kunstprojekt Toygiants fotografiert hat. Ein Wendepunkt: „Vorher habe ich für mich gesammelt und wenn Freunde es gesehen haben, konnten sie damit noch nicht viel anfangen.“ Plötzlich wird die private Sammelleidenschaft für andere zugänglich und anerkannt.

Das professionelle Sammeln hat mit Editionen gestartet, oft zu erschwinglichen Preisen. Von KAWS, Shepard Fairey und JR besitzt er heute fast alle Editionen. Aber es ist nicht nur die Vollständigkeit, die seine Sammlung ausmacht. Selim hat seine Arbeiten nie mit dem Hintergedanken der Wertsteigerung gekauft – vielmehr ist die Sammlung über die Jahre intuitiv und „emotional“ gewachsen. Das zeigen auch die zahlreichen Freundschaften mit den Künstler*innen, die über die letzten Jahre entstanden und gewachsen sind. Brian Donnelly, den Kopf hinter KAWS, hat Selim mit seiner Familie bei seinem letzten Trip nach NY im Atelier besucht. Den immer verrückter werdenden Kunstmarkt zu beobachten, macht ihm trotzdem Spaß.

Durch einen Zufall lernt er einen Sammler mit eigenem Ausstellungshaus in Berlin kennen. Dieser ist begeistert und organisiert kurzerhand eine Ausstellung mit der Sammlung. Zehn Jahre ist das jetzt her, Zeit für eine weitere Ausstellung. Das hat sich wohl auch das NRW-Forum gedacht und aus der Sammlung mit ihren über zehntausend Objekten eine Auswahl getroffen. Die Ausstellung „Wonderwalls. Art & Toys“ zeigt in zwei Teilen die letzten 40 Jahre seiner Sammlertätigkeit. Sie fängt an in der Kindheit, bis zum Entdecken von KAWS, geht zu Urban Art über und führt schließlich zur zeitgenössischen Kunst und der Galerienszene.

„Ich finde es super, wie interdisziplinär Felix Krämer (Generaldirektor) und Alain Bieber (künstlerischer Leiter) denken. Sie machen Ausstellungen, die neue Gruppen für die Kultur erschließen. Ob mit den Autos, der AR Biennale, mit Captivate! oder der Electro-Ausstellung. Und dann wieder was Klassisches. Das ist sehr cool! Ich denke, da können alle Kunstbetriebe in Düsseldorf dankbar sein.“

Auch wenn man das auf den ersten Blick gar nicht erwartet, sammelt er seit einigen Jahren auch Malerei und kombiniert so die Klassiker der Streetart mit Vivian Greven und Conny Maier. Ein Sammlungsschwerpunkt sind die sogenannten Be@rbricks. Die Plastikbären sehen aus wie Kinderspielzeug, werden aber vor allem von Erwachsenen gesammelt. Selim Varol erzählt, dass die Figuren wie eine 3D-Leinwand funktionieren, sie können mit allen denkbaren Farben und Formen bemalt werden und sehen so immer anders aus. Egal ob psychedelisches Muster, tanzende Keith-Haring-Figuren oder einfarbig rosa – alles ist möglich.

Die japanische Firma Medicom gibt weiße Exemplare ihrer Be@rbricks an Künstler*innen, lässt Marken ihr Logo draufprinten und Serienfiguren, wie die Gang von der Sesamstraße, werden abgebildet. Sogar Karl Lagerfeld ist auf den Zug aufgesprungen und hat sich selbst in Auftrag gegeben. Eines der letzten Projekte des Modedesigners, erzählt Varol. Was er nicht so gut findet, ist der Lizenzverkauf von verstorbenen Künstler*innen. Aber auch das könne einen Zweck erfüllen, wenn sich dadurch neue Menschen der Kunst nähern.

Mehr als zwanzig Jahre hat er Be@rbricks exzessiv gesammelt. Bei einem Blick in sein Büro versteht man die ungefähren Ausmaße dieser Sammelleidenschaft. Der ganze Raum ist voll und er hat nicht nur Dutzende verschiedene Modelle, sondern diese auch noch in verschiedenen Größen und Materialien. „Ich will nicht sagen, ich werde zum Minimalisten. Aber die Sammlung ist ziemlich abgerundet.“ Und wer einen Teil dieser abgerundeten Sammlung mal in echt sehen will, kann seit Ende September 2022 die Ausstellung WONDERWALLS im NRW-Forum besuchen oder bei einem Burger genießen.

WONDERWALLS
ART & TOYS
30. September 2022 bis 5. Februar 2023
NRW-Forum Düsseldorf
www.nrw-forum.de

www.instagram.com/toykio

Fotos: Samira Kreuels
© THE DORF 2022/23

Selim Varol is a passionate collector and lives with his family in Düsseldorf amid hundreds, if not thousands, of art objects. Since the end of September 2022, the NRW-Forum Düsseldorf will dedicate a spectacular exhibition to his collection entitled “Wonderwalls. Art & Toys”, in which over 2,000 works of photography, graphic design, as well as graffiti, sculptures and designer toys merge into a colourful synthesis of the arts of pop culture. We visit Selim Varol in his home, which for many people probably resembles a kind of “wonderland”.

The entrepreneur has been making a name for himself in the Düsseldorf gastronomy scene for many years. The café concept “Toykio” no longer exists, but a few metres away on Immermannstraße, the burger shop “What’s Beef ” prepares meaty and vegetarian delicacies. The red-tiled shop not only tells of Selim’s passion for eating with friends to hip hop beats, but also displays a small part of his huge art collection. Framed pictures of a street art legend hang on the walls: “Shepard Fairey stands for the democratisation of art,” says Selim Varol and thus also describes his approach: affordable art for everyone. There is a large showcase with objects from the Supreme label. Much of it he received as a gift or bought directly at the release.

He finds the skateboard label important because, together with Stüssy, it started printing art on streetwear. Shirts and skate decks were designed by artists, everyday objects of the subculture became collectors’ items. There are many art collectors, especially here in the Rhineland. But what Selim does is something special. In Germany, he knows about a dozen people who collect in a similar way. In Europe, the market is tiny compared to Asia or the USA. “I have actually always been a collector. It’s a genetic thing. You’re a hunter-gatherer and you always carry it on. You chase after something and then you have it in your collection,” he tells us.

This collection is not only displayed in his businesses. Selim lives with his wife Eva and two small children surrounded by works by their favourite artists. The house in Golzheim, close to the Rhine, is a modern cabinet of curiosities. An old wooden staircase leads past plants and countless picture frames, through a house with an impressive collection. A yellow Murakami flower cushion cuddles with a KAWS stuffed animal on a Supreme chair, almost antique plastic superhero figures greet Japanese wooden sculptures. His children like this too, Selim Varol says: “I think it has a very big impact on their creativity. They paint a lot and we always take them to exhibitions too.”

Collages, sculptures, paintings – pretty much every form of art is represented here. Selim’s secret, how he manages to make it all fit together somehow? Probably it’s the passion and love that Selim and his wife Eva have for the artworks. “We hang works of art that are particularly close to our hearts, that tell their story and ours. Collecting is actually contrary to the fact that many people are just trying to own less,” he notes. But art is a passion, just like collecting.

His passion for collecting started with toys at the rummage table at Hertie, where he picked out his favourite superheroes as a little boy with one Deutschmark in his pocket. He is proud of these old, very first collectors’ items. A special specimen is the little Batman, who is also on the cover of his book “Toygiants”. He has been collecting designer toys since the late 90s. KAWS, who gives his figures two big X letters instead of eyes, plays a special role for Selim: he opened up the world of art to him.

It was then that he met the photographer couple Daniel and Geo Fuchs, with whom he photographed his toys for the art project “Toygiants”. A turning point: “Before, I collected for myself and when friends saw it, they couldn’t do much with it yet.” Suddenly, the private passion for collecting is becoming accessible and recognised by others.

Professional collecting has taken off with editions, often at affordable prices. He now owns almost all the editions by KAWS, Shepard Fairey and JR. But it is not only completeness that makes his collection. Selim never bought his works with the ulterior motive of increasing their value – rather, the collection has grown intuitively and “emotionally” over the years. This is also shown by the numerous friendships with the artists that have developed and grown over the past years. During his last trip to NY., Selim and his family visited Brian Donnelly, the mastermind behind KAWS in his studio. He still enjoys observing the increasingly crazy art market.

By chance, he meets a collector with his own exhibition house in Berlin. He was thrilled and organised an exhibition of his collection. Ten years ago now, it was time for another exhibition. The NRW-Forum probably thought so too and made a selection from the collection with its more than ten thousand objects. The exhibition “Wonderwalls. Art & Toys” shows the last 40 years of his collecting activities in two parts. It starts in childhood, up to the discovery of KAWS, moves on to urban art and finally leads to contemporary art and the gallery scene.

“I think it’s super how interdisciplinary Felix Krämer (general director) and Alain Bieber (artistic director) think. They make exhibitions that open up new groups for culture. Whether with the cars, the AR Biennale, with Captivate! or the Electro exhibition. And then something classical again. That’s very cool! I think all the art businesses in Düsseldorf can be grateful for that.” Even if you wouldn’t expect it at first glance, he has also been collecting painting for a few years now, combining the classics of street art with Vivian Greven and Conny Maier. One focus of his collection is the so-called Be@rbricks. The plastic bears look like children’s toys but are mainly collected by adults. Selim Varol explains that the figures work like a 3D canvas, they can be painted with all imaginable colours and shapes and thus always look different. Whether psychedelic patterns, dancing Keith Haring figures or monochrome pink – everything is possible.

The Japanese company Medicom gives white copies of its Be@rbricks to artists, lets brands print their logo on them and series characters, such as the gang from Sesame Street, are depicted. Even Karl Lagerfeld jumped on the bandwagon and commissioned one himself. One of the fashion designer’s last projects, Varol says. What he doesn’t like so much is selling licences of deceased artists. But that too can serve a purpose, he says, if it brings new people closer to art.

He has collected Be@rbricks excessively for more than twenty years. One look into his office and you understand the approximate extent of this passion for collecting. The whole room is full and he not only has dozens of different models, but they also come in different sizes and materials. “I am not exactly turning into a minimalist. But the collection is pretty well-rounded.” And if you want to see part of this well-rounded collection for real, you can visit the “Wonderwalls” exhibition at the NRW-Forum from the end of September 2022 or enjoy it with a burger.

WONDERWALLS. ART & TOYS
30 SEPTEMBER 2022 TO 5 FEBRUARY 2023
NRW­FORUM DÜSSELDORF
www.nrw-forum.de

www.instagram.com/toykio

THE DORF • THE MAG is part of the #urbanana project by Tourismus NRW

 

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