ALLA B.

Schrullige, androgyne Gestalten schauen ihre Betrachter*innen durch große Augen an; die überdimensionalen Münder, fast spöttisch verzogen, posieren mit Kippe und Krone auf Papier. Zum Leben erweckt wurden die skurrilen Wesen von der Düsseldorferin Alla B.. Alla ist in Wiesbaden groß geworden und lebt in Düsseldorf. Aus dem Wunsch heraus, ein bebildertes Buch zu schreiben, entdeckte sie die Freude am Malen. So entstanden die eigensinnigen Gestalten erst auf Papptellern, dann als Geburtstags-Geschenke und haben nun ihren Weg an die Wände des Barbershop Langschmidt auf der Ackerstraße in Flingern gefunden. Dort sind sie noch bis zum 30. Juni zu sehen. Mit uns sprach Alla über ihre Kunst, böse “Heldinnen” und wie es zu der Ausstellung im Langschmidt kam.

Woher kommst Du? Wo bist Du groß geworden? Alla B. ist mein Künstlername – eigentlich heiße ich Anjella. Ich bin in Wiesbaden groß geworden und habe zwei Geschwister.

Wie und wann ist Dein Künstlername Alla B. entstanden? Das ist eine witzige Geschichte. Die Tochter meiner Mitbewohnerin kam zu Besuch und Anjella ist für ein kleines Kind wirklich schwer auszusprechen. Sie hat mich dann einfach Alla genannt und das fand ich so cool, dass ich den Namen übernommen habe.

Wie kamst Du zur Kunst? Wie bist Du Künstlerin geworden? Durch meine Familie hatte ich immer schon künstlerisches Interesse. Schon als Kind habe ich viel gemalt, viel getanzt, bin mit meinem Vater in Museen gegangen. Dann wollte ich aber erst ein Buch schreiben. Damit kam ich nicht klar, ich fand kein System. Meine nächste Idee war es, ein Buch mit selbstgemalten Bildern “zu schreiben”. Als ich dann aber nur malte und nicht wirklich schrieb, habe ich gemerkt, dass ich mich dadurch viel besser ausdrücken kann.

Dann habe ich erst nur für mich gemalt. Wenn jemand Geburtstag hatte, habe ich für die Person Bilder gemalt. Aber richtig zur Kunst kam ich erst, als ich hier in Düsseldorf eine Freundin besucht habe. Da ist meine ganze Kreativität nur so aus mir rausgebrochen, regelrecht explodiert. Und richtig Kunst mache ich erst seit drei Monaten.

Wie würdest Du Dich und Deine Kunst beschreiben? Sehr bunt, sehr laut. Ein bisschen schrullig. Ich glaube, es gibt viele Menschen, denen meine Kunst zu freaky ist oder zu fern von ihrem Verständnis. Ich habe mich schon immer für Fashion, Pop-Art, Heroin Chic und böse “Heldinnen” in Comics interessiert. Mit Letzterem meine ich zum Beispiel Ursula von Ariel oder Cruella DeVille. Die großen Münder, riesige, geschminkte Augen, übersteigerte Gestik faszinieren mich. Wenn ich dann anfange zu malen, kommt das aus mir raus. Meine Kunst ist ganz spontan, entsteht aus einem Gefühl heraus. Sobald ich genau plane, was ich malen werde, funktioniert nichts mehr.

Welche Utensilien dürfen beim Entstehen eines neuen Projekts nicht fehlen? Papier ist mir unheimlich wichtig. Ich bin in einer Verlegerfamilie groß geworden und war somit immer umgeben von Büchern, von ihrem Geruch und ihrer Haptik. Meine ersten Werke sind auf Papptellern für Kuchen oder Pommes entstanden. Ich habe mal versucht auf einer Leinwand zu malen – das hat überhaupt nicht funktioniert. Die Stifte, die ich verwende, funktionieren nicht auf der Oberflächenstruktur einer Leinwand. Das war super frustrierend. Also Papier und tolle Stifte dürfen nicht fehlen.

Zum Geburtstag habe ich mal eine kleine Dose voller Blattgold bekommen. Das lege ich vorsichtig mit der Pinzette auf meine Werke. Das gibt meinen Bildern noch mal etwas edles, dreidimensionales.

Hast Du Vorbilder? Wenn ja, wen? In der Kunstszene ist Andy Warhol eine sehr große Inspiration für meine Arbeiten. James Rizzi auch, der ja ebenfalls sehr bunt arbeitet. Alles ist rund bei ihm, hat wenig Ecken, das hat mich inspiriert. In der Fashionbranche ist mein Vorbild Vivienne Westwood.

Auf Deinen Werken posieren schrullige Gestalten mit gekröntem Haupt und Kippe in der Hand. Wie passt das zusammen und woraus sind sie entstanden? Bist Du den Gesichtern, die Du zeichnest, begegnet, stecken reale Personen hinter Deinen Figuren?  Also erstmal bin ich selber leidenschaftliche Raucherin. Und früher hatten wir eine 85-jährige Nachbarin. Sie war immer mega-geschminkt, auf ihrem Kopf thronte eine weiße Tolle und sie wurde von ihren zwei Pudeln begleitet. Für mich sah sie in ihrem Pelzmantel aus wie eine Königin. Sie hatte immer eine Zigarette in der Hand. Was mich daran so fasziniert hat, war die Attitüde, mit der sie ihre Kippen rauchte. Sie hat die langgliedrige Hand ganz elegant in einem Bogen gehalten. Also ja: In meinen Figuren stecken reale Personen, in manchen auch ich selbst.

Und könntest Du Dich für ein Jahrhundert, ein Jahrzehnt entscheiden, in welchem würdest Du gerne leben? In der Rokoko-Zeit. Alles war so opulent, üppig, golden, pink und die tollen Kleider faszinieren mich. Die Filme, die über die diese Zeit gedreht wurden, habe ich schon immer gerne gesehen. Die alte Seele in mir findet es einfach schade, nicht in dieser Zeit gelebt zu haben.

Welche*n Künstler*in, tot oder lebendig, würdest Du gerne mal auf ein Altbier treffen? Das Witzige ist: Genau darüber habe ich letztens mit meiner Mitbewohnerin gesprochen. Wenn ich mich entscheiden müsste wäre es Andy Warhol – der hat viel im Hintergrund agiert, war schräg und eigensinnig. Ich würde ihn nach seiner Inspiration fragen und ob wir mal was zusammen malen.

 Wie kam die Ausstellung bei Langschmidt zustande? Was verbindet Dich mit Langschmidt und welche Arbeiten zeigst Du dort? Die Mitinhaberin ist meine Mitbewohnerin und sehr enge Freundin. Vor Corona war der Laden immer sehr bunt und künstlerisch – das ist leider etwas verloren gegangen. Als es dann hieß, die Friseure dürfen wieder öffnen, hat sie zu mir gesagt: „In zwei Wochen machen wir wieder auf und dann stellst Du Deine Bilder bei uns aus.“ Das war keine Frage, das stand für sie schon fest. Daraufhin habe ich Gas gegeben und jetzt hängen dort meine Arbeiten.

Die ausgestellten Arbeiten sind größtenteils in den zwei Wochen vor der Wiedereröffnung entstanden, mein Stil hat sich aber nicht verändert. Vorher habe ich noch nie so intensiv an meiner Kunst gearbeitet, das kam erst durch meine Freundin und die Ausstellung.

Wie beeinflusst Die Pandemie Dich als Künstlerin? Die Pandemie hat mich inspiriert noch bunter zu werden, noch mehr zu malen. Man merkt heutzutage enorm, wie bedrückt die Leute sind – alles ist gerade so düster. In dieser dunklen Zeit will ich mit meiner Kunst die Betrachter*innen wieder zum Schmunzeln oder sogar zum Lachen bringen.

Was schätzt Du an Düsseldorf? Die kleinen, ausgefallenen Lädchen, besonders hier in Flingern. Ich liebe die coolen Leute, die hier rumlaufen. Du hast superviele Optionen Zeit zu verbringen, Du musst nicht irgendwo groß hinfahren. Für mich ist Düsseldorf ein bisschen Klein-Berlin. (Und ich liebe die Museen, da les ich auch immer THE DORF.)

Was hasst Du an Düsseldorf? Nichts.

Hast Du zukünftige Projekte geplant? Meine Bilder zu rahmen – in opulenten, goldenen Rahmen. Ich habe mich schon in Antiquitätenläden auf die Suche begeben und bereits ein paar gefunden. Mein Ziel ist es, in Zukunft alle meine Werke hinter Glas und opulenten Bilderrahmen zu zeigen. Und ich möchte mit verschiedenen Materialien arbeiten. Darüber hinaus sollen meine Werke in Zukunft noch bunter und extrovertierter werden.

Heinz mit Herz

ALLA B. bei LANGSCHMIDT
1. März – 30. Juni 2021

Barbershop Langschmidt
Ackerstraße 107 | 40233 Düsseldorf-Flingern
langschmidt.eu

Vielen Dank!

Infos und Updates zu Alla B. und ihren Arbeiten gibt es auf ihrem Instagram-Profil

Text & Interview: Stella Schroeder-Finckh
Fotos: Raphael Schmitz (Titelbild)
© THE DORF 2021

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