Marta Colombo

Name: Marta Colombo
Alter: 34 Jahre
Beruf: Künstlerin
Gelernter Beruf: Kunststudium an der Brera Kunstakademie, Mailand

Geburtsort: Merate (Italien)
Wohnort: Essen
Webseite: www.martacolombo.de
Social: Instagram

Kunst ist nicht gleich Kunst. Ihr wohnt ein persönlicher Zugang inne. Sie ist eine Form sich auszudrücken. So sieht es Marta Colombo, die mit ihrer Kunst versuchen möchte, dem Publikum eine Art ästhetische Erfahrung anzubieten – in die jeder seine eigenen Gedanken hineinlegen kann. THE DORF hatte das große Vergnügen, die italienische Künstlerin an ihrem aktuellen Ausstellungsort – dem Antichambre im Hotel Friends – zu begegnen und mit ihr über ihren Kunstansatz, ihre Beziehung zu Düsseldorf und ihre derzeitige Ausstellung „Gegen den Raum“ zu sprechen. Gleich vorweg: Diesen Namen solltet ihr euch merken. Da sind wir uns sicher.

Ich kann innerhalb der Kunst etwas erforschen. Sie gibt mir die Möglichkeit, eine Fragestellung zu beantworten.

Denjenigen, die Marta und ihre Kunst nicht kennen, sei ihr künstlerischer Ansatz etwas näher gebracht: Ursprünglich kommt sie aus der Zeichnung, was ihre Vorliebe für Papier und Architektur erklärt. Ihre künstlerische Forschung beschäftigt sich mit Zeichnung, Raum und Raumerfahrung. Dabei widmet sie sich dem Dialog historischer und zeitgenössischer Bauformen. Diese übersetzt sie mit unterschiedlichen Techniken wie Malerei, Collage, Druckgrafik, analoger und digitaler Fotografie in raumgreifende Installationen. So fragt sie sich bei einem Stadtspaziergang nicht selten, wie die unterschiedlichen Bauformen miteinander in Zusammenhang stehen.

Als sie vor einigen Jahren nach Deutschland kam, war es für sie ganz ungewohnt, dass es beispielsweise in Essen keine Altstadt gibt. „Da war diese Spur der Geschichte nicht zu sehen. Deswegen ist für mich immer wieder sehr wichtig, diese historische und zeitgenössische Kunst in Verbindung zu setzen.“ Auf der technischen Ebene widmet sie ihr Augenmerkt der Übersetzung von ihren Zeichnungen und Collagen in den Raum hinein, sie von der zweidimensionalen in die dreidimensionale Ebene zu transformieren.

Wie entwickelt ein Künstler seinen Themenschwerpunkt? Wie wird aus einem Thema „sein“ Thema? Ein Thema, das ihn stetig umtreibt, fesselt, begeistert, sodass er dieses vielschichtig und divers für sich künstlerisch transferieren kann? Fragt man Marta danach ist zu erfahren, dass ihre Leidenschaft für die Kunst früh geweckt wurde. Bereits mit 14 Jahren wechselte sie vom naturwissenschaftlichen Gymnasium zum Kunstgymnasium. Geprägt sei sie von ihrer Mutter gewesen, die als Bühnenbilderin an der Mailänder Scala arbeitet. So wurde ihr die Liebe zur Kunst quasi in die Wiege gelegt.

Doch wie wurde die Architektur zu ihrem Thema? Oft sei sie als Kind ins Theater gegangen. Dies und die Bühnenbildmodelle ihrer Mutter, diese Perspektive auf die Welt hätten sie schon früh fasziniert. Später an der Kunstakademie in Mailand setzte sie sich intensiv mit klassischen anatomischen Zeichnungen auseinander. Und hier bringt sie eine interessante Perspektive auf die Kunst mit ein: „Unser Körper ist ja auch Architektur.“ Den Körper als eine Art tiefe Räumlichkeit zu begreifen, dies umschreibt sehr schön ihren künstlerischen Zugang. Die Faszination für Gebäude, der Einfluss ihrer Mutter und die Gedanken bezüglich der anatomischen Zeichnungen an der Akademie, die auch zum Thema ihrer Abschlussarbeit wurden, führten sie schließlich zu ihrem Sujet: der Architektur.

Marta und Düsseldorf

„Die Akademie bietet eine gute Möglichkeit. Es ist wichtig, da man hier mit der realen Welt in Berührung kommt. (…) Kunst für sich selbst bringt nichts. Wenn ich etwas mache, dann möchte ich das auch zeigen.“

Wenngleich Marta nicht in Düsseldorf beheimatet ist, spiegelt sich in ihrer Arbeit ein Düsseldorfbezug wieder. 2016 hat sie mit der Serie „Medienhafen“ begonnen – drei Zeichnungen davon sind in der Sammlung des Stadtmuseums zu sehen. „Medienhafen. Architecture Walk“ ist eine Bilderserie, die zeitgenössische Eindrücke des Düsseldorfer Medienhafens visualisiert und auf poetische Weise interpretiert. Dabei tritt die Serie in einen visuellen und konzeptionellen Dialog mit der fotografischen Serie „Projekt Rheinhafen Düsseldorf“ (1979 – 1980) von Thomas Struth und Tata Ronkholz. Ausgehend von der Faszination der ästhetischen Formsprache alter Gebäude, die sich mit moderner Architektur vermischen, zeigt Martas Serie die Wandlung des Industrieareals der 1970er Jahre in einen modernen, von linearen Strukturen geprägten Stadtteil. Sie erzählt, dass dank dieser Ausstellung im Stadtmuseum und der reizvollen Architektur am Hafen eine für sie wichtige Serie entstanden ist, die für ihre Arbeit eine zentrale Rolle spielt.

Eine Arbeit, die durch die Düsseldorfer Kunstszene geprägt ist, die Marta nach wie vor fasziniert. Die renommierte Akademie steht für sie dabei paradigmatisch für die Möglichkeit, zwischen Kunst und Realität zu vermitteln: „Ich war sehr fasziniert, als ich das erste Mal beim Rundgang war, in Mailand gab es damals solche Events noch nicht. Und obwohl man die Auseinandersetzung mit dem Kunstmarkt kritisch sehen sollte, sehe ich den Rundgang als eine wertvolle Chance für junge Künstler, um sich mit der realen Welt konfrontieren zu können und bestenfalls eine Zusammenarbeit mit Kuratoren, Galerien usw. anzufangen.“

Galerien, von denen es allein im Düsseldorfer Stadtteil Flingern eine ganze Reihe gibt. Hier ist sie entsprechend häufig anzutreffen, flaniert an den vielen Galerien im Stadtteil entlang und lässt sich inspirieren. Generell schwärmt sie von den Museen der Stadt, wie dem KIT oder der Kunstsammlung, den vielen guten Galerien und den unterschiedlichen mehr oder weniger etablierten Vereinen und Off spaces, die die Düsseldorfer Kunstszene ihrer Meinung nach sehr lebendig, frisch und experimentell halten.

Und welche Orte würde Sie mit Besuchern aufsuchen, um ihnen Düsseldorf zu zeigen? Sie lacht und erwähnt auf Anhieb die große japanische Community, die es in Düsseldorf gibt. Von der habe sie zuvor nichts gewusst und sei positiv überrascht gewesen. Ein klassischer Tag im Dorf sehe bei ihr also wie folgt aus: Altstadt, Hafen und auf jeden Fall ins japanische Viertel. „Es ist interessant zu zeigen, dass Düsseldorf sehr interkulturell ist und eine der größten japanischen Communities Europas.“

Martas Ausstellung

„Der Raum war nicht einfach zu bespielen. Und trotzdem sind Sachen entstanden, die ich ohne den Raum nicht gemacht hätte.

Der Medienhafen findet in erweiterter Form auch Einzug in ihre aktuelle Ausstellung „Gegen den Raum“ im Antichambre im Hotel Friends, die im Rahmen des Düsseldorf Photo Weekend und Düsseldorf Photo von Wilko Austermann kuratiert wurde. Hier hat sie einen Teil des „Hafens“ in die Ausstellungsräume übertragen. Dabei trägt der Titel der Ausstellung bereits die Lesart in sich: Gegen den Raum. Hier werden fotografische Positionen bezogen, die den klassischen Fotografie-Begriff hinterfragen.

Dies zeigt sich in der Ausstellungsweise: So hängen die Werke hier nicht klassisch an der Wand, sondern erobern skulptural, fotografisch den Raum. Die Fotoobjekte werden mit dem Raum in Beziehung gesetzt und reagieren auf ihn. Marta greift in ihren drei ausgestellten Arbeiten zum Beispiel Elemente auf, die sie im Raum vorgefunden hat und nimmt diese „objets trouvés“ in ihre Arbeit auf. So entwickelt sich ein Dialog mit dem Ort.

„Es ist ein besonderer Raum. Es ist kein erwarteter Raum. (…) Der Besucher wird überrascht sein.“ Es ist in der Tat ein außergewöhnlicher Ort. Früher wurde dieser als Lager für einen Supermarkt genutzt, nun ist er ein Ausstellungsort. Auch deshalb war es dem Kurator wichtig, mit dem Raum bzw. gegen ihn zu arbeiten. Sie selbst betrachtet ihre drei Ausstellungsarbeiten „Medienhafen“, „Listening to Space“ und „Welcome“ als Choreographie. Ihr Material ist dabei der von ihr bespielte Raum.

Farblich lassen sich die s/w Elemente als historische Kontextur lesen, wohingegen die satten Farben Gelb und Pink der modernen, zeitgenössischen Architektur nachempfunden sind. Hier schließt er sich wieder, der historisch/zeitgenössische Kreis von Marta Colombo, in der künstlerischen Übertragung von Fläche zu Raum.

Doch spielt sie nun gegen, mit oder für den Raum? Überzeugt euch selbst! Bis zum 29. April habt ihr noch die Gelegenheit, einen Eindruck von Martas Arbeit zu bekommen. Taucht ein in den Raum und seine Wirkung. Und lasst euch dabei auch die Arbeiten der drei anderen Künstler – Tobias Grewe, Jan Memmey und Daniel Poller – auf keinen Fall entgehen, die ihr auf dem Weg in Martas Welt passiert.

Während ihr das tut, geht Martas Mission schon in die nächste Runde. Derzeit hat sie ein Artist in Residence bei VIR Viafarini in Mailand inne. Danach kehrt sie zurück nach Essen und folgt auch hier ihrer architektonischen Passion. Eine Leidenschaft, in der das Fremde immer wieder vertraute Formen annimmt.

Infos zur Ausstellung: „Gegen den Raum“
Künstler: Marta Colombo, Tobias Grewe, Jan Memmey, Daniel Poller
Ort: Antichambre im hotel friends.
Worringerstr. 94-96, Düsseldorf

Allgemein

Drei Plätze in deiner Stadt, die du deinen Gästen unbedingt zeigen MUSST: Altstadt, Medienhafen, Japanisches Viertel

Gibt es Plätze oder Orte in deiner Stadt, die dich in deinem Job inspirieren? Orte, wo die Architektur präsent ist. Oder eine besondere Rolle spielt. Das sind Orte, die mich faszinieren. Aber manchmal brauche ich es auch einfach mal in der Natur zu sein, nichts zu sehen, um nachdenken zu können. Und Museen. Ich bin fast jede Woche in 1-2 Ausstellungen.

Wo oder wobei kannst du am besten entspannen? Beim Fahrrad fahren. Der Weg zum Atelier dauert 30 Minuten. Da kann ich gut abschalten.

Dein Lieblingsreiseziel ist? Dort wo es warm ist. Mindestens 30 °. Italien, Süd-Ostasien.

Welches Buch liegt aktuell auf dem Nachttisch? Magical Mystery oder die Rückkehr des Karl Schmidt von Sven Regener

Welchen Kinofilm hast du zuletzt gesehen? Sommerhäuser von Sonja Maria Kröner

Aktuell läuft auf deiner Playlist/deinem Plattenspieler? Plattenspieler ist mein Freund, der Musik zu Hause macht. Ich höre sehr gerne im Radio FM4. Und italienische Lieder: zum Beispiel die Musik von Fabrizio de André.

Vielen Dank!

Text: Theresa Naomi Hund
Fotos: Roland Baege
© THE DORF 2018

Ausstellung: Gegen den Raum
Marta Colombo, Tobias Grewe, Jan Memmey, Daniel Poller.
Noch bis zum 29. April 2018
Antichambre im hotel friends
Worringerstr. 94-96
40210 Düsseldorf
Antichambre auf Facebook
Öffnungszeiten
Mo-So: 10-19 Uhr
und nach Vereinbarung

 

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