PANIK PANZER

Die Literaturwelt steht Kopf: Panik Panzer ist bekannt als Rapper, Antilope, Manager, Labelgründer und kann sich von nun an auch die Bezeichnung Autor anschreiben lassen. Am 21. Februar 2023 erscheint seine Autobiografie “Der beste Mensch der Welt”, mit dem er der Chronologie des typisch-künstlerischen Werdegangs trotzt und die Kulturbranche ordentlich ins Wanken bringt. Gemeinsam mit Co-Autor Martin Seeliger erzählt Panik Panzer in seinem Werk von Alienattacken, Flugzeugabstürzen, politischen Verwirrungen und diversen Kapitalverbrechen, die er, das ist selbstredend, wahrheitsgetreu in seinem Werk niedergeschrieben hat. Das Buch mit dem selbstbewussten Titel bewegt sich zwischen Utopie, Klamauk und unerwarteten Einblicken in das Leben eines DIY-Künstlers. THE DORF hat den frisch gebackenen Autor exklusiv zum Gespräch getroffen und hinter die Fassade geblickt.

Zuerst einmal: Wie kam es zu der Idee, ein Buch, noch dazu eine Autobiografie, zu schreiben? Das ist im wahrsten Sinne des Wortes eine Schnapsidee gewesen. Mein Co-Autor und guter Freund Martin Seeliger und ich sind beide große Fans von Rap-Biografien. Mittlerweile lese ich sie gar nicht mehr, sondern sammle sie nur noch, da sie meistens qualitativ nicht hochwertig sind und das Lesevergnügen gering ist. Ich bin der einzige aus der Antilopen Gang, der noch kein Solo-Release hat. Wir haben uns die Frage gestellt, wie lustig es wäre, vorher schon meine Biografie herauszugeben und das dann ausgerechnet im Riva-Verlag, in dem viele Rapper*innen- Youtuber*innen- oder Influencer*innen-Biografien erschienen sind. Diese Biografien sind qualitativ sehr spannend und pendeln zwischen unerträglich und mitunter ganz unterhaltsam. Wir haben uns gefragt, wieviel Scheiß  man denen eigentlich unterjubeln kann und wie tief wir die inhaltliche Qualität ansetzen können, damit sie das Buch durchwinken. In diesem Sinne ist es auch ein kleines Experiment gewesen und siehe da, ich sitze mit THE DORF im Interview und das Buch kommt raus. Experiment geglückt! 

Wie fühlt es sich an, sich neben Musiker, Labelgründer und CEO nun auch Schriftsteller nennen zu dürfen? Es fühlt sich sehr gut an. Ich sammle ja Bezeichnungen für mich selbst. Ich bin schon vieles, darunter Videomacher, Manager, Rapper, jetzt bin ich auch neuerdings Autor. Schön wäre natürlich, aber das sollte man nicht zu laut sagen, weil die Fallhöhe zu hoch ist, wenn ich auch Spiegel-Bestseller-Autor werde. Düsseldorf kann seinen Teil dazu beitragen, indem es mich mit dem Kauf des gerade mal 17 Euro kostenden Buchs “Der beste Mensch der Welt” unterstützt. Das ist natürlich nur ein Zwischenschritt. Ich plane auch noch ein paar Bezeichnungen mehr. Ich kann mir vorstellen, Politiker zu werden, vielleicht Pilot oder Yogalehrer. Das Leben hat noch einiges zu bieten. 

Autobiografisches Schreiben erfordert eine ausführliche Auseinandersetzung mit sich selbst. Was war die größte Herausforderung während des Schreibprozesses? Ich hätte gedacht, dass das keine große Herausforderung ist. Der Plan war, wir schreiben nur irgendeinen Unsinn. Aber dieses Buch hat am Ende doch viel mehr wahren, autobiografischen Inhalt, als ich ursprünglich beabsichtigt hatte. Ich konnte mir nicht die ganze Zeit ausschließlich Quatsch ausdenken, sondern musste mich auch von irgendetwas inspirieren lassen. Wenn man seine Biografie schreibt, ist das nun mal das eigene Leben. Mir sind Dinge eingefallen, an die ich sehr lange nicht mehr gedacht habe, das war verrückt. Ich habe meinem Co-Autor Kleinigkeiten aus meinem Leben erzählt, oft gar nicht mit der Absicht, darüber zu schreiben. Martin hat mich dann oft dazu gebracht, diese Dinge ins Buch mit aufzunehmen. Aber es ist nicht so, dass mir der Schreibprozess an die Nieren gegangen ist oder dass es eine große psychische Herausforderung war. Es war eher ein Ventil zum Scheiße erzählen.

Das Buch heißt “Der beste Mensch der Welt”. Wie viel Selbstironie braucht es für den Titel? Keinerlei Selbstironie. Es braucht einfach nur das nötige Selbstbewusstsein, das auszusprechen und als Rapper habe ich von Grund auf viel Selbstbewusstsein. Das war gar kein Problem.

Eine Autobiografie definiert sich durch die Darstellung des eigenen Lebens. “Der beste Mensch der Welt” erzählt von Alienattacken, Flugzeugabstürzen und diversen Kapitalverbrechen. Inwiefern spielt Kunstfreiheit in der Literatur für Dich eine Rolle? Jetzt ist es schade, dass mein Kunstfreiheits-Experte, Bandmitglied und Bruder Danger Dan nicht hier ist. Der durfte in den letzten zwei Jahren sehr viel über Kunstfreiheit erzählen. Wenn ich behaupte, und es ist natürlich wahr, was ich behaupte, dass ich in meinem Leben von Außerirdischen entführt worden oder mit dem Flugzeug abgestürzt bin, dann lote ich in diesem Moment nicht die Grenzen der Kunstfreiheit aus. Davon bin ich weit entfernt. Dieses Buch bewegt sich nicht nur auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung, sondern alles, was ich in diesem Buch schreibe, ist in Ordnung und so weit von der Kunstfreiheit gedeckt, dass man gar nicht drüber reden müsste. Um auf die eigentliche Frage zu antworten, finde ich, Kunst muss erstmal alles dürfen. Sie muss sich aber auch gefallen lassen, wenn man sie scheiße findet.

Deine Musik und die Antilopengang stehen für systemkritische und politische Botschaften. Gilt das auch für “Der beste Mensch der Welt”? Definitiv nicht. Wer die Antilopen Gang beobachtet, weiß wofür wir stehen. Aber in dem Moment, in dem wir als politische Kommentatoren gefragt sind, lehne ich mich meist eher zurück und lasse meine zwei Bandkollegen machen. In meinem Buch ging es mir vor allen Dingen um Quatsch und Bullshit-Talk. Das hat nicht immer Platz in der Antilopen Gang, vor allem so, wie wir uns die letzten Jahre entwickelt haben. Der Anteil an Klamauk hat immer mehr abgenommen und wir haben uns wieder öfter an ernstere Themen gewagt. Aber Klamauk und Nonsens reden ist etwas, was ich brauche. In irgendeiner Form, kritisch, politisch oder bedeutsam zu sein, lag mir ganz fern, als ich das Buch geschrieben habe.

Nach jedem Kapitel richtest Du das Wort an deine Leser*innen und gibst ihnen (Über-)Lebenstipps mit auf den Weg. Was möchtest Du damit bezwecken? Das hatte ganz pragmatische Gründe. Der Riva-Verlag hat uns eine vertraglich festgelegte Zeichenanzahl vorgegeben, die wir zu erfüllen hatten. Den Menschen Lebenstipps mitzugeben, hat geholfen, auf die vereinbarten Zeichen zu kommen. Außerdem ist der Riva-Verlag ein Sachbuchverlag und ich habe ihm in den Vorgesprächen einen Ratgeber angedreht. Das musste ich einhalten. Ich glaube, das einzige, wo die Menschen etwas für ihr Leben mitnehmen können, ist bei den Spartipps. Hier spreche ich eine klare Leseempfehlung für das Kapitel “Nudeln mit Mehlschwitze” aus.

Was ist Dein persönliches Lieblingsbuch? Ich lese nicht. Das ist kein Scherz. Ich lese wirklich nicht. Ich lese eigentlich nur im Urlaub. Aber ich mache auch keinen Urlaub mehr. Als ich noch ein lesender Mensch war, habe ich zuletzt etwas von Tobias Ginsburg gelesen. Er hat zwei Bücher geschrieben, in denen er investigativ in der Welt der Reichsbürger und in der Welt der Incels und dieser komischen Männerwelt unterwegs ist. Aus der Belletristik mochte ich Jakob Arjouni sehr. Heinz Strunk finde ich auch lustig. Aber ein Lieblingsbuch, das ich jetzt präsentieren könnte, habe ich nicht.

Welche Momente in Deinem Leben verbindest Du mit Düsseldorf? Es gibt so viel, was mich mit Düsseldorf verbindet, gerade durch der ganzen Geschichte von der Antilopen Gang. Ich war so oft in Düsseldorf und habe eine Zeit lang auf der Couch von Koljah gewohnt. Wir haben in Düsseldorf unseren ersten Labelvertrag bekommen. Es gibt so viele Erinnerungen an die Stadt, sodass ich gar keine Einzelne herauspicken könnte. Es ist vor allem meine Freundschaft zu Koljah und unsere Zeit bei den Toten Hosen, die ich für immer mit Düsseldorf verbinden werde.

Mit wem (tot oder lebendig) würdest Du gerne ein Altbier trinken gehen und worüber würdet Ihr sprechen? Ich meide es, mit Leuten Bier trinken zu gehen. Hier passt auch die Geschichte gut, wie ich meinen Co-Autor Martin Seeliger kennengelernt habe: Wir haben uns in einem Internetforum, damals war das noch ein Ding, kennengelernt und irgendwann hat er mich auf ein Bier eingeladen. Ich habe erst zugesagt, aber dann gemerkt, dass ich nicht mit einer fremden Person aus dem Internet ein Bier trinken gehen möchte. Der Gedanke behagte mir nicht. Also habe ich ihm unter einem Vorwand wieder abgesagt. Ich saß dann zuhause, habe mich gelangweilt und mich über meine eigene Soziophobie geärgert. Unter einem neuen Vorwand habe ich den alten Vorwand wieder ausgebügelt. Wir sind dann doch ein Bier trinken gegangen. Am Ende war es eine gute Entscheidung. Ich würde jederzeit wieder mit Martin Seeliger ein Bier trinken gehen und jederzeit würde ich auch wieder ein Buch mit ihm schreiben. Aber der Gedanke mit irgendeiner Person, die ich nicht kenne, ein Bier trinken gehen zu müssen, gruselt mich. Ob es Altbier, Pils, Weizenbier, Malzbier oder Kölsch ist, spielt dabei keine Rolle.

Beschreibe den typischen Düsseldorfer Stil in drei Worten:  Schick, arrogant und besoffen. 

DIY für immer: Was bringt die Zukunft? Auf jeden Fall werde ich noch weitere Bücher schreiben. Es sind weitere Biografien geplant, aber auch Sach- und Fachliteratur. Worüber wird sich zeigen. Vieles ist möglich. Gerade das Genre der Ratgeber eignet sich sehr gut. Ich habe nun auch einen guten Draht zum Riva-Verlag. Der hat beispielsweise ein Buch herausgebracht, und ich kann kaum fassen, dass sie das in ihrem Repertoire haben, das heißt “Die Kunst des Furzens”. Es ist ein lustiger Funfact, dass ich mich nun neben diesem Buch einreihen kann. Das heißt, man kann zu jedem Scheiß ein Buch schreiben. Irgendetwas wird mir einfallen. Ich kann sehr gut Wäsche falten, ich kann sehr gut Dinge mit farbigem Klebeband beschriften und vielleicht kann ich mit diesen Talenten auch noch ein Buch beim Riva-Verlag unterbringen. 

Vielen Dank!

Interview: Franka Büddicker
Fotos: Danny Kötter
© THE DORF 2023

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