„Europe in THE DORF“ • Sebastian Kurz im Gespräch – THE DORF x Curated Affairs

Wie viel Europa steckt in Düsseldorf? Und was ist typisch „europäisch“? Gibt es das überhaupt? Das und vieles mehr fragen sich THE DORF & Curated Affairs im Hinblick auf das Veranstaltungsformat „Europe in the City“, das vom 1. bis 9. Mai 2021 die europäische Vielfalt, Solidarität und Offenheit in Düsseldorf feiert. Die Interviewserie „Europe in THE DORF“ ist nur ein Beitrag des umfangreichen Rahmenprogramms, das in diesem Jahr fast ausschließlich digital stattfindet.

Sebastian Kurz ist Stadtinspektor und Verwaltungsbeamter der Stadt Düsseldorf – und darüber hinaus im Kulturamt im Bereich der Förderung von Kunst und Künstler*innen in Düsseldorf tätig. Im Rahmen dessen betreut er das internationale Austauschprogramm und die Städtepartnerschaften. Im Interview erzählt er uns, wie sehr sein Beruf seine Bindung zu Europa stärkt und wie gut das Künstler*innentauschprogramm sogar über Europa hinaus angenommen wird.

Womit beschäftigst Du Dich?
Mit verschiedenen Fördermaßnahmen, die Künstler*innen und Kulturschaffende in Düsseldorf bei ihrer Arbeit unterstützen und ein vielseitiges Kulturangebot in Düsseldorf ermöglichen. Das ist zu einem großen Teil die Gewährung von Zuwendungen, also die finanzielle Unterstützung von Projekten und Einrichtungen. Ebenso geht es aber auch darum, auf die vielfältigen Belange der Künstler*innen einzugehen und die internationale Vernetzung der Szene zu fördern. Zu Letzterem gehört auch die Durchführung des Austauschprogramms für Künstler*innen und die Mitarbeit bei Projekten im Rahmen der Städtepartnerschaften.

Was sind Deine aktuellen Projekte?
Aktuell wird eine Aktion vorbereitet, um auf das diesjährige Jubiläum unserer Städtepartnerschaft mit Palermo aufmerksam zu machen. Außerdem wird anlässlich des 100. Geburtstags von Joseph Beuys eine Forschungsreise von Künstler*innen aus Warschau nach Düsseldorf organisiert. Des Weiteren bin ich an der Vorbereitung des „Kultursommers 2021“ beteiligt, bei dem ein spartenübergreifendes Kulturprogramm zusammengestellt wird, das auf verschiedenen öffentlichen Flächen und Bühnen in der Stadt stattfinden soll. Alle Planungen unterliegen natürlich dem Vorbehalt, dass die Situation rund um Corona die Angebote zulässt.

Wo findest Du Europa in Düsseldorf? 
Europa ist in Düsseldorf allgegenwärtig. Ich erfreue mich beispielsweise regelmäßig an den kulinarischen Angeboten eines polnischen und türkischen Supermarktes in meiner Nähe, genauso gerne nehme ich an Veranstaltungen wie dem Frankreichfest teil.

Was ist für Dich typisch Düsseldorf? Was ist für Dich typisch „europäisch“?
Typisch Düsseldorf ist für mich, dass hier vermeintliche Gegensätze aufeinandertreffen und sich letztlich wunderbar gegenseitig ergänzen. Es gibt ausgeprägte Hoch- und Subkultur, Schickimicki und Bodenständiges, Internationales und örtlich Verwurzeltes. Ähnlich verhält es sich mit typisch europäischen Merkmalen: Es ist die kulturelle Unterschiedlichkeit bei gleichzeitiger Besinnung auf gemeinsame Grundwerte, die Europa ausmacht.

Wo findest Du gerade in der Düsseldorfer Kulturlandschaft Europa wieder?
Es gibt in Düsseldorf starke Institutionen, die den Facettenreichtum Europas in der Stadt darstellen – zwei gute Beispiele sind das Institut français und das Polnische Institut, welche regelmäßig interessante Themen mit Bezug zu Frankreich und Polen behandeln und der Öffentlichkeit präsentieren.

Fällt dir eine europäische Stadt ein, die Düsseldorf sehr ähnlich oder unähnlich ist?
Ich denke, Städte lassen sich in Gänze nur schwer miteinander vergleichen. Vielmehr sind es einzelne Aspekte, die mich bei meinen Reisen durch europäische Städte immer mal wieder an Düsseldorf erinnern. Das Gefühl, durch die Düsseldorfer Altstadt zu spazieren, hatte ich vor ein paar Jahren bei einem Besuch in Antwerpens Innenstadt. In Kopenhagen kann man eine architektonische Modernität erleben, wie man sie in Düsseldorf beispielsweise im Medienhafen findet.

Was macht Düsseldorf in Europa einzigartig?
Die Gelbphase an der Fußgängerampel und natürlich die besondere rheinische Lebensfreude der Menschen hier.

Wann bemerkst Du, dass Du in Europa bist?
Ich nehme Europa beruflich wahr – wenn es beispielsweise um Förderprogramme geht, die europaweit gelten. Auch das Austauschprogramm für Künstler*innen ruft es ins Bewusstsein. Besonders wenn es um die Überschreitung europäischer Grenzen geht und plötzlich Themen wie Visabeantragung eine Rolle spielen.

Was macht die Menschen in Düsseldorf zu Europäer*innen?
Ich glaube, es ist die Selbstverständlichkeit, mit der die Menschen hier die Annehmlichkeiten und Errungenschaften wahrnehmen, die das heutige Europa ihnen bietet. Dinge wie Grenzkontrollen auf dem Weg in die Niederlande dürften für die meisten Menschen nur noch schwer vorstellbar sein. Es würde sie wohl stark irritieren, müssten sie vorher auch noch schnell ein paar Mark in Gulden umtauschen, um ihren Kaffee dort zu bezahlen.

Was würdest Du sagen, denken andere europäische Städte über Düsseldorf?
Ich hoffe sie erkennen Düsseldorf als die liebenswerte und vielseitige Stadt an, die sie ist. Mit einem hochwertigen Kulturangebot, das sowohl Gäste, als auch die Einwohner*innen gerne nutzen.

Du bist für die Förderung für bildende Künstler*innen zuständig und betreust das Künstlertauschprogramm, welches einen zweimonatigen Aufenthalt in einem Gastatelier der jeweiligen Partnerorganisation beinhaltet. Im Atelier am Eck werden die Arbeitsergebnisse des Austausches dann präsentiert. Wie wird dieses Programm angenommen, insbesondere innerhalb Europas?
Das Programm erfreut sich sehr großer Beliebtheit unter den Künstler*innen in Düsseldorf und den Ländern der Partnerorganisationen. Neben den Austauschen mit Israel, China und Russland verzeichnen vor allem die innereuropäischen Angebote mit Finnland und Italien die stärksten Bewerber*innenzahlen. Das ist in meinen Augen ein deutliches Zeichen für die Attraktivität der europäischen Ziele.

Ist es schon einmal so gewesen, dass Künstler*innen, die erst durch den Austausch nach Düsseldorf kamen, auch direkt hier geblieben sind?
Es gab einen russischen Künstler, der Düsseldorf durch das Austauschprogramm kennengelernt hat und so beeindruckt von der Stadt war, dass er tatsächlich beschlossen hat, mitsamt seiner Familie hierher zu ziehen. Letztlich hat das aus verschiedenen Gründen leider doch nicht geklappt, aber wir setzen weiterhin alles daran, unsere Gäste in gleicher Weise zu begeistern.

Wie oft entstehen darüber hinaus weitere Projekte im Austausch mit den Partnerorganisationen?
Es entstehen regelmäßig freundschaftliche Beziehungen zwischen den teilnehmenden und einheimischen Künstler*innen und Kurator*innen. Oft kommt es vor, dass der Gastaufenthalt der Impuls für viele weitere kooperative Folgeprojekte ist. Beispielsweise hat der Austausch mit der finnischen Stadt Tampere bereits mehrmals zu Gemeinschaftsausstellungen der teilnehmenden Künstler*innen geführt.

VIELEN DANK!

Neugierig geworden? Mehr über das komplette Programm von „Europe in the City“ erfahrt Ihr hier…

„Europe in THE DORF“ • Europäer*innen im Gespräch ist ein Gemeinschaftsprojekt von THE DORF und Curated Affairs.

(c) THE DORF, 2021
Text & Interviewserie: Amani El Sadek & Tina Husemann

Titelbild: privat

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