Wie viel Europa steckt in Düsseldorf? Und was ist typisch „europäisch“? Gibt es das überhaupt? Das und vieles mehr fragen sich THE DORF & Curated Affairs im Hinblick auf das Veranstaltungsformat „Europe in the City“, das vom 1. bis 9. Mai 2021 die europäische Vielfalt, Solidarität und Offenheit in Düsseldorf feiert. Die Interviewserie „Europe in THE DORF“ ist nur ein Beitrag des umfangreichen Rahmenprogramms, das in diesem Jahr fast ausschließlich digital stattfindet.
Nadia Challah und Giorgos Pachiadakis haben es sich mit ihrem Großhandel Taste Greece zur Aufgabe gemacht, den Geschmack Griechenlands nach Düsseldorf zu bringen. Seit 2012 importieren sie Lebensmittel & Weine direkt aus Griechenland und vertreiben die Produkte als Großhändler*innen bundesweit. Zudem haben sie in Unterbilk einen Lagerverkauf für Privatkund*innen. Im Interview berichten sie über ihre Sicht auf Europa und wie sie den Kontakt zu neuen Produzent*innen in Griechenland trotz der aktuellen Lage meistern.
Was sind Eure aktuellen Projekte?
Gute Lebensmittel und Weine entdecken und bekannt machen.
Wo findet Ihr Europa in Düsseldorf?
An vielen Ecken und Stellen. Im Freundeskreis haben wir viele europäische Freund*innen, was sehr bereichernd ist. Düsseldorf hat viele europäische Restaurants: Ob Italiener, Grieche, Spanier, Portugiese… das ist wunderbar und das genießen wir. Und als Weinimporteur gehen wir natürlich auf die Düsseldorfer Prowein Messe, da läuft man tatsächlich durch Europa mitten in Düsseldorf.
Was ist für Dich typisch Düsseldorf? Was ist für Dich typisch „europäisch“?
Düsseldorf ist so vielseitig und hat viele Gesichter. Es gibt die quirlige Altstadt mit ihren traditionellen Brauhäusern, die schicke Königsallee, eine berühmte Kunst und Kulturszene, viele individuelle Läden und Gastronomien, tolle kreative Leute. Düsseldorf ist überschaubar, aber trotzdem weltoffen und international. Also wir verbinden mit Europa vor allem Demokratie, Geschichte, Individualität und zugleich Gemeinschaft. Das führt zu einem ganz bestimmten europäischen „Spirit“, den die meisten Europäer*innen in sich tragen.
Wo findet Ihr gerade in der Düsseldorfer Kulturlandschaft Europa wieder?
In Düsseldorf gibt es viele Vereine und Gemeinden oder Gesellschaften von europäischen Ländern, die dort ihre Traditionen, Kunst, Kultur, kulinarischen Spezialitäten oder auch ihren Glauben pflegen. Diese Institutionen arbeiten zum Beispiel auch mit dem Kulturamt der Stadt oder ähnlichen Einrichtungen zusammen. Vor einigen Jahren gab es beispielsweise ein Griechenlandfestival in der Altstadt. Auch im zakk treten sehr viele europäische Künstler*innen auf.
Fällt Euch eine europäische Stadt ein, die Düsseldorf sehr ähnlich oder unähnlich ist?
Oh, das ist schwer. Nicht auf Anhieb, dafür ist jede Stadt zu einzigartig, würden wir sagen.
Was macht Düsseldorf in Europa einzigartig?
Düsseldorf ist erst mal eine wunderschöne Stadt, rein vom Erscheinungsbild her. Der Rhein, der mitten durch die Stadt fließt, trägt besonders dazu bei. Ein Fluss ist immer eine Bereicherung für eine Stadt. Die buchstäblich vielen Seiten machen Düsseldorf eben so vielseitig. Düsseldorf ist klein und gleichzeitig sehr international, auch nur ein scheinbarer Widerspruch. Hier gibt es so viele Kulturen und auch viele internationale Veranstaltungen.
Wann bemerkt Ihr, dass Ihr in Europa seid?
Also die europäischen Länder sind für sich genommen alle einzigartig, dennoch gibt es auch viele Gemeinsamkeiten. Europäische Länder sind Demokratien, können auf eine lange Geschichte zurückblicken und die meisten Europäer*innen haben doch einen bestimmten Geist in sich, der sie verbindet. Diesen „Geist“ kann man spüren in den europäischen Ländern, wir waren auch schon in außereuropäischen Ländern und da wehte ein anderer Geist.
Was macht die Menschen in Düsseldorf zu Europäer*innen?
Ihre Weltoffenheit, gerade die „Rheinische Frohnatur“, macht keinen Halt vor „Fremden“. Das große Interesse der Düsseldorfer*innen an der europäischen Kultur, auch die Lage und – durch den Rhein und den Flughafen – die Verbindung mit dem Rest der Welt; nicht zuletzt auch die zahlreichen gut besuchten europäischen Gastronomien.
Was würdet Ihr sagen, denken andere europäische Städte über Düsseldorf?
Also wir können sagen, dass alle Griechen, die wir privat oder beruflich kennen und die uns hier in Düsseldorf besuchen, begeistert sind von der Stadt. Die wollen natürlich immer in die Altstadt (wir machen dann traditionell eine Brauhaustour mit denen) und auch auf die Königsallee, aber wir versuchen ihnen natürlich auch die anderen Seiten der Stadt zu zeigen.
Ihr seid beide die Geschäftsführer*innen des Großhandels Taste Greece, wo Ihr wöchentlich original griechische Produkte verkauft. Könnt Ihr uns Eure typischen Kund*innen beschreiben? Tatsächlich haben wir im Großhandel, wie auch in unserem Lagerverkauf kaum griechische Kund*innen, sondern vorwiegend deutsche oder europäische. Viele sind Griechenlandfans und bereisen das Land seit Jahren. Zudem legen unsere Kund*innen Wert auf gute Ernährung und hochwertige Lebensmittel. Natürlich sind viele aus Düsseldorf, aber es kommen inzwischen auch Kund*innen aus ganz NRW. Was toll ist, ist, dass wir zu so vielen Stammkund*innen und auch ein sehr persönliches Verhältnis haben. Wir bekommen sogar Postkarten oder E-Mails von unseren Kund*innen aus Griechenland, wenn sie gerade dort urlauben – das freut uns immer sehr.
Was ist Euch bei der Auswahl Eurer Produkte am wichtigsten?
Natürlich Geschmack, Herstellungsweise, also die Qualität und die gute Zusammenarbeit mit dem Produzent*innen.
Seid Ihr oft in Griechenland bei Euren Produzenten vor Ort – falls ja: Wie hat Corona Eure Arbeit (vor Ort) und das Reisen beeinflusst?
Also wir sind normalerweise mehrmals im Jahr in Griechenland, um unsere Produzent*innen zu besuchen. Oft verbinden wir unsere Hersteller*innenbesuche auch mit Rundreisen und entdecken Griechenland immer wieder neu. Aber schaffen es natürlich nicht jedes Mal alle zu besuchen, weil unsere Hersteller*innen in verschiedenen Regionen sind. Das war letztes Jahr natürlich anders, da war Nadia coronabedingt nur für eine Woche in Griechenland, um einige neue Produzent*innen zu besuchen, denn uns ist sehr wichtig, dass wir uns vor Ort umschauen, bevor wir eine Geschäftsbeziehung eingehen. Über Telefon und E-Mail stehen wir von Düsseldorf aus aber täglich in Kontakt mit unseren Hersteller*innen, das war schon vor Corona so.
Wo oder wann findet Ihr ein Stück Griechenland in Düsseldorf wieder?
Eben durch den täglichen Kontakt mit Griechenland, durch unseren Austausch mit den Produzent*innen und anderen Partner*innen in Griechenland. Das ist sehr lebendig. Es war ja immer unser Traum, einen Beruf zu haben, der mit Griechenland zu tun hat. Ursprünglich haben wir beide als gelernte Kommunikationswissenschaftler*innen im Marketing gearbeitet, aber es gab immer die Sehnsucht, mit oder für Griechenland zu arbeiten – so sind wir sehr dankbar, dass wir jeden Tag ein Stück Griechenland genießen können.
VIELEN DANK!
Neugierig geworden? Mehr über das komplette Programm von „Europe in the City“ erfahrt Ihr hier…
„Europe in THE DORF“ • Europäer*innen im Gespräch ist ein Gemeinschaftsprojekt von THE DORF und Curated Affairs.
(c) THE DORF, 2021
Text & Interviewserie: Amani El Sadek & Tina Husemann
Fotocredits: Robin Hartschen