Ausstellung: A Long Time Short bei KAI 10 | ARTHENA FOUNDATION

LTS_Noorizadeh_After Scarcity

Die Zeit vergeht nicht schneller als früher, aber wir laufen eiliger an ihr vorbei. (George Orwell)

„A Long Time Short“: Unter dem Namen beginnt am 29. August in den Räumen der KAI 10 | ARTHENA FOUNDATION die internationale Gruppenausstellung zum komplexen Zeitbegriff unserer beschleunigten Gegenwart. Zeit ist wertvoll. Doch die Zeit rennt auch an uns vorbei – so fühlt es sich zumindest oft an. Rechnerisch gesehen vergeht sie immer gleich, doch für uns Menschen kann die Wahrnehmung so unterschiedlich sein. Einmal im Alltagstrott angekommen steht die Routine. Wird sie unterbrochen, fangen wir an unsere perfektionierte Zeit zu hinterfragen. 

Schauen wir auf die Uhr, schreitet die Zeit gleichmäßig voran. Aber fast jede Erfahrung von Zeit widerspricht diesem linearen Konstrukt. Sie verrinnt, wenn man den Moment festhalten möchte und scheint stillzustehen, wenn man auf etwas wartet. Auch der technische Fortschritt, von der gesteigerten Mobilität, über die globale Vernetzung bis hin zur virtuellen Realitä, bringt selten nur Zeitersparnis mit sich, sondern auch immer neue Optionen und Informationen, die wie die „Grauen Herren“ in Michael Endes Kinderroman „Momo“ den Menschen ihre Zeit stehlen. Zeit ist bekanntermaßen Geld. Doch wenn das durchgeplante tägliche Leben plötzlich unterbrochen wird, wie durch den Einschnitt der Corona-Pandemie, verlieren wir uns geradezu in der Zeit. Wir haben die Möglichkeit, den allgemeinen Konsens einer synchron ablaufenden und entsprechend taxierbaren Zeit zu überdenken.

Der Widerspruch zwischen der Beständigkeit der Uhrzeit und dem unterschiedlichen Erfahrungsraum von Zeit wird auch deutlich, wenn sich KünstlerInnen mit der heutigen Komplexität von Zeitbegriffen und Zeiterfahrungen auseinandersetzen. In der Ausstellung „A Long Time Short“ reflektieren die Werke von Trisha Baga, Hicham Berrada, David Claerbout, David Horvitz, Lukas Marxt, Baha Noorizadeh, Su Yu Hsin und Agustina Woodgate die technischen, sozialen und ökonomischen Bedingungen, die unsere Wahrnehmung und Bewertung von Zeit beeinflussen. Die hauptsächlich videobasierten Arbeiten verbindet eine offene, assoziative Erzählstruktur, die als Reaktion auf die unregelmäßige Taktung und mediale Verflechtung unserer Leben ungleich verläuft. Sie verabschieden das Konzept einer linearen, eindimensionalen und von ökonomischen Prozessen diktierten Zeiteinteilung. Unterschiedlich schnell ablaufende Ereignisse werden kombiniert oder der physischen Erfahrungsraum wird mit der virtuellen Realität überblendet. Bewegungsarme Aufnahmen veranschaulichen das poetische Potential einer entschleunigten Zeiterfahrung, während vielbeschworene Zukunftsszenarien sich in ökologischen Themen oder vergangenen Utopien spiegeln.

Ausstellung: A Long Time Short
Künstler: Trisha Baga, Hicham Berrada, David Claerbout, David Horvitz, Lukas Marxt, Bahar Noorizadeh, Su Yu Hsin, Agustina Woodgate

Ort: KAI 10 | ARTHENA FOUNDATION
Eröffnung: 29. August 2020, 12–20 Uhr
Laufzeit: 30. August BIS 13. Dezember 2020
Kuratorin: Marion Eisele
www.kaistrasse10.de

Fotos: über KAI 10 | ARTHENA FOUNDATION (siehe Bildtitel), Titelbild: LTS_Noorizadeh_After Scarcity
(c) THE DORF, 2020

Mehr von THE DORF

DEZEMBER-TIPPS #1: WOCHENHIGHLIGHTS

Frisch beschlossene Maßnahmen und 2G(+)-Regeln. Mit diesen Voraussetzungen starten wir in den...
Weiterlesen