Werbung • Wer für den Frühling bisher noch keinen Ausflug nach Wuppertal geplant hat, sollte das schleunigst nachholen. Ein geeignetes Ziel ist der Skulpturenpark Waldfrieden, wo bis zum 6. August 2023 die Ausstellung ebenda der Wuppertaler Künstlerin Jaana Caspary gezeigt wird. Die unter anderem aus Bronze und Marmor gefertigten abstrakten Plastiken setzen sich mit Reproduzierbarkeit, Massenware und unserem Konsumverhalten auseinander. Themen, die im Kontext der Skulpturen und deren Standort versteckt und gleichzeitig offensichtlich wirken. Nach dem Kunstbesuch kann der Heimweg noch warten, denn – ebenfalls im Park gelegen – lädt das Café Podest bei einem Stück hausgemachtem Kuchen zur Rückbesinnung auf das Gesehene ein.
Die Skulpturen von Jaana Caspary referieren auf die Reproduzierbarkeit von Objekten. Indem sie aus dem alltäglichen Gebrauch überlieferte Formen wiederholen oder verdoppeln, vergegenwärtigen sie Riten des Konsums, doch bannen diese zugleich in mitunter hochwertigsten Materialien. In Bronze gegossen oder aus Marmor herausgearbeitet, beschreiben Casparys Plastiken in ihrer Abstraktion ästhetische Eigenwelten, die zu einer autonomen Bezugnahme zwischen sich und der uns umgebenden Umwelt herausfordern. Denn die Künstlerin generiert in ihren Kompositionen Körper, denen oftmals Organisches innewohnt, die die Diskrepanzen zwischen Verbrauch und Wertschätzung in einer surrealen Formenwelt auflösen und zugleich zum Gegenstand ihrer Betrachtung machen.
Der Skulpturenpark Waldfrieden ist für die 1988 in Wuppertal geborene Jaana Caspary seit vielen Jahren ein vertrauter Ort, den sie mit ihren Groß- und Kleinplastiken sowie mit Zeichnungen, die in Beziehung zu ihrem bildhauerischen Werk stehen, beschreibt und in Korrespondenz mit dem Naturraum des Skulpturenparks bringt.
Kissen, Matratzen, aufblasbare Objekte wie Planschbecken: Jaana Caspary repliziert industriell hergestellte Formen, die zu Massenware geworden sind, setzt diese unter anderem als Abgüsse in Gips wie mit dem Wandrelief Oktogon (2021) oder in Bronze wie mit der Großplastik Double-Box (2023) um. Dabei unterzieht sie die als Vorbild herangezogenen Objekte einer materialen Dekonstruktion, verlangt der Form durch ihre Reproduktion (auch quantitativer Natur) und Neuzusammenstellung mehr Autonomie ab, die sie ihr in ihrem ästhetischen Erscheinen aus sich selbst heraus und mit ihrer künstlerischen Setzung quasi als Replik eines Readymades zuspricht.
Die im Wintergarten der Villa Waldfrieden ausgestellten, in Acrystal gegossenen Kleinplastiken, gehen in ihrer Platzierung inmitten des verglasten Raumes in Resonanz mit der umliegenden Parklandschaft mit ihrem abwechslungsreichen Baumbestand und den darin permanent installierten Skulpturen. Sich wiederholende, ineinander liegende Halbschalen oder Flächen, die sich aneinander geknüpft zu einem Korpus zusammenschließen: Im Bezug zur gewachsenen Landschaftsarchitektur des Skulpturenparks offenbaren diese fantastischen Gebilde einmal mehr ihre strukturelle Analogie zu organischen Formen, die ihnen über ihre subtile Referenz auf industrielle Massenprodukte hinaus als skulpturale Assemblagen zukommt.
Auch die in der unteren Ausstellungshalle gezeigte großformatige Bronze Swirl (2023) ist in diesem Entstehungszusammenhang zu sehen, erzeugt aber durch ihre Materialität, Textur und grüne Leuchtkraft eine umso größere Entrückung von einem Vokabular, das sich in die Konsumkultur eingeschrieben hat. Im Zusammenspiel mit den beiden Großplastiken Rondablikk (2023) in weißem Opal und der wie aus Molekülen gebildeten Bodenskulptur Bubbles (2022), die Caspary in dem glänzend schwarzen und mit leichter weißer Maserung versehenen Marmor Nero Marquina gefertigt hat, entsteht hier ein ganz eigener Kosmos des Begehrens. Denn sie repliziert und invertiert nicht nur Formen, sondern kultiviert ausgehend von mitunter grotesk Wirkendem eine feinsinnige Sprache bildplastischer Ästhetik.
Dabei fließt die Betrachtung von Natur wie auch von Räumen, die sich in Naturgegenständen gebildet haben oder die als geologische und architektonische Raumstrukturen gewachsen sind, immer auch in Casparys Werke ein – nicht zuletzt durch die von ihr verwendeten Steine. Die Bronze upside-down (2022) ist als Außenraumskulptur mitten im Park ausgestellt und wird dort als Teil der Skulpturensammlung verbleiben.
Der Skulpturenpark Waldfrieden wurde von dem in Wuppertal lebenden britischen Bildhauer Tony Cragg gegründet. Dreißig Jahre nach Beginn seiner Ausstellungstätigkeit suchte er nach einem dauerhaften Ausstellungsgelände für Skulptur im Freien und entdeckte das verwaiste Anwesen Waldfrieden. Nach der Umgestaltung von Parkanlage und Gebäuden, die nach langem Leerstand umfassend saniert und modernisiert werden mussten, wurde der Skulpturenpark 2008 eröffnet.
In Wertschätzung der historischen Anlage wurden vorhandene Bausubstanz und materieller Bestand möglichst weitgehend erhalten. Der Park beherbergt eine stetig wachsende Skulpturensammlung, darunter Ausschnitte aus dem umfangreichen Werk Tony Craggs. Begleitend werden in Wechselausstellungen Werke internationaler Künstler*innen gezeigt, Vorträge zu kulturwissenschaftlichen Themen angeboten sowie Konzerte veranstaltet.
Anders als der geschlossene Ausstellungsraum konfrontiert der Park das Werk und die Betrachter*innen mit vorübergehenden Erscheinungen des Tages- und Jahreslaufs. Der Park wird dadurch zum höchst lebendigen Ausstellungsgelände, das Wärme und Kälte, Nässe und Trockenheit, Laubfarben und Lichtreflexe des jahreszeitlichen Sonnenstands auf die Skulpturen einwirken lässt und Einfluss auf ihre plastische Erscheinung nimmt.
Um den Trip nach Wuppertal abzurunden, bietet das Café Podest neben hausgemachten Kuchen kalte und warme Speisen an. Direkt im Park gelegen ist es ein idealer Ort, um während oder nach dem Rundgang eine Pause einzulegen. Die grüne Umgebung bleibt durch den Glasbau auch in den Innenräumen gegenwärtig und trägt zur entspannten Atmosphäre bei. Neben dem regulären Betrieb veranstaltet das Café außerdem an je einem Sonntag im Monat einen Brunch, mit paralleler Kreativwerkstatt für Kinder, in der Anhänger und Schmuck aus im Skulpturenpark gefundenen Blättern, Ästen und heruntergefallener Baumrinde gebastelt werden können. In den Sommermonaten werden zusätzlich Barbecues auf der Terrasse des Cafés veranstaltet.
Weitere Informationen zu der Ausstellung von Jaana Caspary, dem Skulpturenpark Waldfrieden und dem Café Podest findet Ihr auf der Website skulpturenpark-waldfrieden.de
Jaana Caspary – ebenda
4. März bis 6. August 2023
Skulpturenpark Waldfrieden und Café Podest
Hirschstraße 12
42285 Wuppertal
Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag von 11 bis 18 Uhr
Text: Christina Irrgang/Presse
Fotos: Michael Richter/Siehe Bildbeschreibung
Kunstwerke Jaana Caspary: © VG Bild-Kunst Bonn 2023, Jaana Caspary, Fotos: Michael Richter
© THE DORF 2023