Nach der knapp zweijährigen Jubiläumsausstellung „WORLDBUILDING: Videospiele und Kunst im Digitalen Zeitalter.“ zeigt die Julia Stoschek Foundation das nächste große Ding: Mit „Lynn Hershman Leeson: Are Our Eyes Targets?“ präsentiert die JSF vom 11. April 2024 bis zum 2. Februar 2025 die erste Einzelausstellung der renommierten Medienkunst-Pionierin Lynn Hershman Leeson in Düsseldorf. Die Ausstellung erstreckt sich über die gesamte zweite Etage der JSF Düsseldorf und präsentiert Videos, Fotocollagen sowie interaktive und Mixed-Media-Installationen, die einen Einblick in die bahnbrechende Praxis der Künstlerin geben. Parallel eröffnet die Gruppenausstellung „Digital Diarie“ mit Arbeiten von sechzehn Künstler:innen, die sich mit persönlichen (Tagebuch-)Aufzeichnungen in Video und digitalen Medien auseinandersetzt und Querverweise zu Lynn Hershman Leeson schafft. Die Eröffnungen finden am Dienstag, den 9. April 2024, unter anderem mit einem Gespräch mit der Künstlerin, statt.
Im Mittelpunkt der Ausstellung steht die epochale Sechs-Kanal-Videoinstallation The Electronic Diaries of Lynn Hershman Leeson 1984–2019 (1984–2019), die ihr vierzigjähriges Jubiläum feiert. In dem Werk setzt sich die Künstlerin mit persönlichen Erfahrungen von Missbrauch und Krankheit sowie mit der Beziehung zwischen Technologie und Individuum auseinander. Gleichzeitig zieht sie immer wieder Bezüge zur Lage der Weltpolitik.
In dem wir als Betrachter:innen zwischen verschiedenen Zeiträumen und Perspektiven hin und her springen, entdecken wir mehrere, manchmal widersprüchliche Persönlichkeiten der Künstlerin. Diese Identitäten, die uns zu entgleiten scheinen, drängen uns die Frage auf, wie viel von dem, was wir auf unseren Bildschirmen sehen, der Wahrheit entspricht. Sie offenbaren eine Kluft zwischen der Realität und unserem medialen Bild von ihr. Mit Blick auf die gegenwärtige Medienlandschaft erscheint Hershman Leesons Werk wichtiger denn je.
Neben diesem Schlüsselwerk werden in der Ausstellung die historische Mixed-Media-Installation Paranoid (1968–2022) aus der Serie Breathing Machines, eine Auswahl von sieben Fotocollagen der Serie Phantom Limb (1985–1990), die interaktive Installation CyberRoberta (1996), der Fotodruck Are Our Eyes Targets? (1984) und zwei weitere Videoarbeiten – Seduction of a Cyborg (1994) und Shadow Stalker (2018–2021) – präsentiert.
Seduction of a Cyborg erzählt von der technologischen Invasion des Körpers. In Shadow Stalker wirft Hershman Leeson einen Blick darauf, wie virtuelle Identitäten entstehen und wie der Staat in unsere Privatsphäre eindringt. Alle Arbeiten setzen sich mit dem wechselseitigen Verhältnis des Sehens und Gesehen-Werdens auseinander, ob nun physisch, durch die Linse einer Kamera oder in virtuellen Räumen.
Durch ihren innovativen Einsatz von Technologie, psychologischer Analyse und ihrem Spiel mit Identitäten führt Hershman Leeson eine Verschiebung der Machtverhältnisse ein, die unsere voyeuristischen Begierden aufzeigt und untergräbt. Über kritische, fiktionale und dokumentarische Ansätze bestärkt ihre Arbeit uns darin, die Kontrolle über unsere Körper, Bilder und Erzählungen zurückzuerlangen, vor allen als weiblich gelesenen Individuen.
Seit den 1960er-Jahren prägt Lynn Hershman Leeson die künstlerischen Diskurse über Performance, Interaktivität, Cyborgs, Überwachung, künstliche Intelligenz und Biogenetik. Ihre Arbeit hat nachfolgende Generationen geprägt. Sie hat mit den bedeutendsten Wissenschaftler:innen unserer Zeit zusammengearbeitet und einen komplexen Dialog zwischen Kunst und Wissenschaft angestoßen.
Als Professorin und Kritikerin hat Hershman Leeson ausführlich zu Themen aus Kunst, Medien und Politik publiziert. Zwischen 1974 und 1978 beauftragte sie im Rahmen des Floating Museum mehr als 300 Künstler:innen damit, ihre Kunstwerke an öffentlichen Orten auszustellen. Dieses temporäre Museum wurde als Plattform von ihr gegründet, um Künstler:innen zu unterstützen, deren Arbeiten zu dieser Zeit nicht in den traditionellen Institutionen gezeigt wurden. Hershman Leeson ist zudem Regisseurin und hat sechs Spielfilme und Dokumentationen veröffentlicht. Einige dieser Filme werden im Begleitprogramm zur Ausstellung in der JSF Düsseldorf gezeigt, unter anderem Conceiving Ada (1998), Teknolust (2002) und !Women Art Revolution (2010). Die Ausstellung „Lynn Hershman Leeson: Are Our Eyes Targets?“ wird von Lisa Long, der künstlerischen Leiterin der Julia Stoschek Foundation, mit Line Ajan, kuratorische Assistenz, kuratiert.
Parallel zur Ausstellung „Lynn Hershman Leeson: Are Our Eyes Targets?“ eröffnet die Gruppenausstellung „Digital Diaries“ mit Arbeiten von sechzehn Künstler:innen, die sich mit persönlichen (Tagebuch-)Aufzeichnungen in Video und digitalen Medien auseinandersetzt. Die Gruppenausstellung untersucht, wie Künstler:innen seit den 1970er-Jahren bis heute mit persönlichen Aufzeichnungen experimentiert haben.
Inspiriert von der Sechs-Kanal-Installation The Electronic Diaries of Lynn Hershman Leeson 1984–2019 (1984–2019), die parallel zu sehen ist, versammelt „Digital Diaries“ Videos, Fotografien, Videoskulpturen und Mixed-Media-Arbeiten, die sich mit intimen Erfahrungen von Künstler:innen auseinandersetzen. Die Ausstellung stellt Werke aus der Sammlung in Dialog mit Leihgaben und kombiniert frühe Videos von Sophie Calle und Hannah Wilke mit zeitgenössischen Arbeiten von Alex Ayed, Sophie Gogl, Hannah Perry, Tromarama und anderen.
Lynn Hershman Leeson: Are Our Eyes Targets?
11. April 2024 – 2. Februar 2025
Gruppenausstellung Digital Diaries
11. April 2024 – 2. Februar 2025
Julia Stoschek Foundation
Schanzenstraße 54
40549 Düsseldorf
Eröffnung
9. April 2024, 18–22 Uhr
Künstleringespräch
9. April 2024, 18.30 Uhr
Öffnungszeiten
Samstag und Sonntag, 12 – 18 Uhr
Jeder erste Donnerstag im Monat, 18–22 Uhr (Eintritt frei)
Sonderöffnungszeiten Art Düsseldorf
11. – 12. April 2024, 12 bis 18 Uhr
Eintritt
5 Euro (Eintrittskarte ist für sechs Monate ab dem ersten Besuch gültig)
Eintritt frei für Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre, Schüler:innen, Studierende, Auszubildende, Menschen mit Behinderungen, Rentner:innen, Arbeitslose und Sozialhilfeempfänger:innen gegen Vorlage eines gültigen Ausweises
(c) THE DORF, 2024
Text: PR
Foto: Siehe Bildbeschreibung