Orkan Tan ist ein junger Künstler aus Stuttgart. Seine Kunst ist minimalistisch, zeitlos und androgyn. Jetzt ist der Autodidakt mit seinen Malereien in Düsseldorf zu Gast und an der Außenfassade der Ratinger Straße 50 zu sehen. Damit ist er zur richtigen Zeit am richtigen Ort, denn sonst würden seine Bilder in dunklen Museumsräumen darauf warten, dass der Lockdown vorbei ist. Die Ausstellung in nächster Nähe zur Altstadt ist also perfekt gelegen, um sich Orkan Tans Kunst bei einem Winterspaziergang anzuschauen. Wir sprachen mit dem Künstler darüber, was ihn aus dem tiefen Baden-Württemberg nach Düsseldorf führt, über die Thematik seiner Kunst und seine Wünsche fürs nächste Jahr.
Was führt Dich von Stuttgart nach Düsseldorf? Ich bin stets auf der Suche nach neuen kreativen Herausforderungen, Projekten und Kooperationspartnern. Durch eine E-Mail an Niclas Rehman, den Besitzer des Parkhaus und die Kommunikation über unsere Social Media Kanäle, bin ich zu diesem gemeinsamen Projekt gekommen. Ursprünglich komme ich aus Geislingen an der Steige und wohne seit 6 Jahren in Stuttgart. Ich arbeite hier als Erzieher mit Schwerpunkt Kunst und beschäftige mich in meiner Freizeit ebenfalls sehr intensiv mit Kunst. Allerdings ist meine freie Arbeit das komplette Gegenteil von dem, was ich mit den Kindern mache.
Wie kam es zu der Ausstellung Deiner Kunst an der Außenfassade auf der Ratinger Straße? Zu der Ausstellung an der Außenfassade kam ich durch Niclas Rehmann. Ihm gehören einige Parkhäuser deutschlandweit und in Stuttgart hatten wir bereits gemeinsam eine digitale Ausstellung durchgeführt. Er ist eine sehr große Unterstützung für mich und fördert mich sehr in meiner Kreativität. Diese Ausstellung auf der Außenfassade hatten wir bereits vor über sechs Monaten geplant. Nun ist es umso schöner, dass es in solch einer chaotischen Zeit, in der keine kulturellen Veranstaltungen stattfinden können, umgesetzt wurde.
Was ist Dein Bild von Düsseldorf? Mein Bild von Düsseldorf ist sehr modern. Ich finde es gut, dass Kunst hier sehr groß geschrieben wird und Künstler*innen eine große Plattform haben, ihre Kreativität auszustellen.
Wie bist Du zur Kunst gekommen und wann hast Du damit angefangen? Meine Leidenschaft zur Kunst habe ich bereits sehr früh entdeckt. Ich kann mich erinnern, dass ich mich nach meiner traditionellen Beschneidung direkt an den Tisch gesetzt und gemalt habe, als wäre nichts passiert. Als ich jung war, wollte ich allerdings Choreograph oder Creative Director für Musikvideos sein und etwas mit Mode machen – kreativ und interessiert an Abwechslung war ich schon immer! Tatsächlich kam ich zur Kunst allerdings erst, nachdem ich Kunstwerke für eine selbst gemachte Kollektion erstellte. Da merkte ich, dass mir das komplett freie Kreieren viel mehr Freiheit gibt als alles, was ich davor gemacht hatte.
Ich bin bekannt dafür, dass ich von schwarz und weiß besessen bin. Bis heute arbeite ich nur mit diesen Kompositionen, denn bei zu vielen Farben würde ich die Inspiration und die Ruhe verlieren und hätte keine Kontrolle über meine Arbeit. Schwarz-, Weiß-, Grau- und Silbertöne sind zeitlos und anpassungsfähig – und das in jeder Hinsicht. Außerdem versuche ich mich mit den Kompositionen nur auf das Wesentliche zu konzentrieren und kann meine Emotionen in dieser Form am besten zum Ausdruck bringen.
Zugegeben war ich nicht von Anfang an mit allem, was ich erschuf, zufrieden. Aber ich habe nie aufgehört, es weiter zu versuchen, zu lernen und mehr zu wissen. Meine Kunst hat einen sehr hohen Wiedererkennungswert und tatsächlich würde ich meine Arbeiten auch als sehr vielseitig bezeichnen. Diese könnte ich mit so vielen verschiedenen Bereichen verknüpfen und man würde immer meine Handschrift und meine Kunst erkennen. Sie ist zeitlos, kantig, provokativ und sehr ausdrucksstark.
Was inspiriert Dich? Das Leben an sich. Das Leben mit seinen Höhen und Tiefen, Musik, Mode, Trauer, Freude und die Kontraste zwischen all den Emotionen, die jeder von uns verspürt. Um all damit, also mit dem Leben an sich, klarzukommen bin ich motiviert, etwas zu erschaffen. Für mich ist das Malen und Kreativsein wie Meditation. Dabei bin ich in einem bewussten Zustand, im Hier und Jetzt und kann mich davon abhalten, nicht durchzudrehen. Das inspiriert mich sehr.
Was wünscht Du Dir für 2021? Für das neue Jahr wünsche ich mir Gesundheit, Frieden und Gleichberechtigung. Mein oberstes Ziel als Künstler ist es, durch meine Kunst unabhängig zu sein. Ein riesiges, weißes, helles, leeres Atelier ist auch in meiner Manifestation. Die Gestaltung des Covers für eine bekannte Musikerin oder ein Fashion Zeitschriftencover steht ebenfalls auf meiner Wunschliste. Zusätzlich wünsche ich mir, dass autodidaktische Künstler mehr geschätzt werden und die Möglichkeit bekommen, ihre Kunst noch intensiver zu verbreiten.
Danke!
Text & Interview: Maren Schüller
Fotos: Orkan Tan
Orkan Tan auf Instagram
Ausstellungsdauer: zu sehen bis auf unbestimmte Zeit
Adresse: Ratinger Straße 50