Sanfte Indie-Klänge treffen auf starke Botschaften, die für mehr Selbstliebe, Akzeptanz und emotionale Unabhängigkeit plädieren. Die Düsseldorfer Singer-Songwriterin Florence Besch schafft es, auf ihre eigene feinfühlige Art Statements zu setzen und mit ihren Songs zum Nachdenken zu animieren. Sie verzaubert ihre Zuhörer*innen mit ihrer melancholischen Stimme und den dazu kombinierten Lo-Fi-Indie-Beats, zu denen man sich im ersten Moment einfach nur fallen lassen will – bis man erkennt, welche Power in ihren Songtexten steckt. Am 3. März 2023 erscheint nun nach ihrer Debut-EP „Bye Bye Blinders“ letzten Jahres ihr neues Album „Hi Now Hello“ beim Düsseldorfer Label UNIQUE RECORDS. Am 23. März 2023 findet außerdem ihre Album Release Show im zakk statt. Wir haben die Musikerin, die gebürtig aus Luxemburg kommt, getroffen und uns mit ihr über ihr neues Album und die Unterrepräsentation von Frauen in der Musikszene gesprochen.
Worum geht es in Deinem neuen Album? Mein erstes Album ‚Hi Now Hello‘ ist ein aufmerksam kuratiertes, musikalisches Gedanken- und Gefühlsdiorama. Es reflektiert das eigene Sein, zoomt herein in Details des Lebens, die manchmal unterschiedlicher nicht sein könnten und doch alle dem Alltag entlehnt sind.
Woher hast du die Inspiration dafür genommen? Die Inspiration steckt in jedem Tag. Es gibt Momente in denen das Leben sich wie ein immergleicher Loop anfühlt, das war die Inspiration für ‚Fusilli‘. Manchmal ist es die Sehnsucht zum Verreisen, obwohl es unmöglich ist, wie in ‚Roadtripping‘. Mal ein schönes Gefühl, das ich verewigen möchte, wie beispielsweise in ‚Lovesong‘. Es gibt allerdings nicht nur Hochs und Loops, es gibt auch Tiefs, die eine Auswirkung auf unseren Alltag haben. Auch diese reflektiere ich auf ‚Hi Now Hello’, wie zum Beispiel in ‚Feeling Sick‘.
Welcher Song des neuen Albums hat für Dich die größte emotionale Bedeutung und warum? Viele führen die Spitze an. Der ‚Lovesong‘ gehört auf alle Fälle dazu. Die Liebe ist das schönste Gefühl, der Schlüssel für so Vieles. ‚Decisions‘ soll auch nicht fehlen, ich habe den Song am 8. März geschrieben, am Weltfrauentag. Ich war nicht länger bereit, mich zugunsten der Aufrechterhaltung von patriarchalem Machtwahn klein zu machen. ‚Feeling Sick‘, meine letzte Single, schafft es immer wieder, mir neue Energie zu geben. Der gesamte Entstehungsprozess des Songs und des Videos tragen eine tiefe emotionale Bedeutung.
Deine bisherigen Songs handeln viel von Themen wie Selbstliebe, Akzeptanz und Unabhängigkeit. Welche Erfahrungen hast Du persönlich damit gemacht? Selbstliebe, Akzeptanz und Unabhängigkeit stehen am Anfang des Selbst und eines erfüllten Lebens. Es ist nicht leicht seinen Wert zu erkennen, vor allem nicht, wenn dieser immer wieder vergiftet wurde oder wird. Es ist notwendig, das Gift zu erkennen, sich davon zu befreien, um schlussendlich heilen zu können und so näher zu sich selbst zu finden. Manchmal ist es nicht leicht zu erkennen, dass etwas toxisch ist, das Leben verändert sich ja auch immer weiter. Bei mir hat es länger gedauert, mich von den Taten und Worten anderer oder auch eigenen negativen Gedanken zu befreien, die mir mein Selbstbild vergiftet und meine Selbstliebe erschwert haben, es ist ein andauernder Prozess. Das Gift trägt viele Gesichter.
Auch heute noch sind Frauen in der Musikbranche unterrepräsentiert. Was muss Deiner Meinung nach getan werden, um das zu ändern? Zum einen geht es darum, das eigene Musikkonsumverhalten in Frage zu stellen. Als ich angefangen habe meine eigenen Songs zu schreiben und Konzerte zu spielen, habe ich angefangen, anders über Musik nachzudenken. Mir ist aufgefallen, dass ich super viel Musik von Männern gehört habe. Ich bin dann anders an die Musik rangegangen und habe aktiv nach Musikerinnen gesucht und sie gefunden. Sie sind nämlich da – und auch nicht wenig. Dieses Verhalten ist übertragbar auf alle Beteiligten, die die Musikbranche mitgestalten. Es ist wichtig, auch den Musikerinnen große Bühnen zu bieten, sie einzuladen für gute Festivals oder Supports, sie in renommierten Zeitungen oder Ähnlichem mit Artikeln oder Rezensionen zu unterstützen. Es ist wichtig, die eigene Beziehung zur Musik in Frage zu stellen. Zu analysieren, wie exklusiv oder inklusiv man sich mit der Musik beschäftigt hat. Es ist meines Erachtens unprofessionell und nicht mehr zeitgemäß, sich Musikerinnen zu verschließen oder das Problem der Unterrepräsentation zu ignorieren.
Wo ist der Großteil Deiner neuen Lieder entstanden? Der Großteil meiner Lieder ist zuhause entstanden, meistens im Musik-/Wohnzimmer, manchmal in der Küche. Ich notiere auch Songideen, nehme Melodien auf, die mir unterwegs kommen und arbeite dann später zuhause daran weiter. Beim Spazierengehen oder auf dem Fahrrad sind mir schon gute Zeilen eingefallen.
Hast du musikalische Vorbilder? Auf alle Fälle, es gibt so viele Musikerinnen und Musiker, die mich inspirieren. Von den Beatles, Nico, Joni Mitchell oder Kate Bush über Courtney Love, Dido oder Phoebe Bridgers, um ein paar zu nennen.
Was ist dein Lieblingsort in Düsseldorf, um Dir Musik anzuhören? Das zakk mag ich für Konzerte sehr gerne. Zuhause und unterwegs höre ich am meisten Musik. Ich gehe super gerne ziellos spazieren und höre dabei Musik, wenn das auch als Lieblingsort zählt.
Welchen Rat würdest Du anderen aufstrebenden Musiker*innen geben? Sich zu verknüpfen, zu informieren, an Netzwerktreffen und Workshops teilnehmen, sich weiterzubilden, sich trauen, Konzerte zu spielen, nie still stehen zu bleiben, genug Pausen zu machen, immer auf sich selbst zu achten und sich selbst ernst zu nehmen.
Wo und wann können wir Dich demnächst in Düsseldorf auf der Bühne sehen? Die Album Release Show mit voller Bandbesetzung findet am 23. März im zakk statt. Den Abend eröffnet die Hamburger Musikerin Anna Wydra. Hier gibt es Tickets im Vorverkauf.
Was ist musikalisch für die Zukunft geplant? Viele Konzerte spielen. Letztes Jahr bin ich zum ersten Mal mit Band aufgetreten, oder auch als Duo oder in anderer Konstellation. Es macht super viel Spaß, mit anderen Musiker:innen auf der Bühne zu stehen! Gerade plane ich auch, wann es weitergehen kann mit Aufnahmen. Ich habe schon einige neue Songs geschrieben und freue mich sehr darauf, sie im Studio zu realisieren. Ich hätte auch Lust das ein oder andere Feature aufzunehmen. Es bleibt spannend!
Das Album „Hi Now Hello“ von Florence Besch ist ab Freitag, den 3. März 2023 auf Spotify und bei allen anderen Streaming-Diensten erhältlich. Weitere Infos und Ankündigungen der Künstlerin findet Ihr auf Instagram @florencebeschmusic.
Release-Show: 23. März 2023 im zakk
Hier gibt es Tickets im Vorverkauf.
Interview: Valentina Görke
Fotos: Nadia Wardi
Design für die Release Show: Zeynep Alpay
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