Nach dem überraschenden Erfolg mit seinem Debütalbum kehrt Tom Blankenberg mit seinem zweiten Album et aus seinem Studio zurück an die Öffentlichkeit. Die plötzliche Ruhe inspirierte den Musiker dazu, seine vor der Krise geschriebenen Stücke neu zu arrangieren – ruhiger, langsamer und persönlicher.
“Minimal Piano” nennt sich die Musik, die so leise wie intensiv auf Blankenbergs zweitem Album et erklingt. Nach einem raketenartigen Start mit seinem Debütalbum atermus machte der Musiker sich bereit für eine Tournee durch ganz Europa – bis wegen Corona alles abgesagt werden musste. Das ruhige Piano von Tom Blankenberg wird zu einem aufrichtigen Begleiter und sorgt für einen Moment Ruhe in turbulenten Zeiten. Im Gespräch mit THE DORF gibt der Pianist Einblicke in seine gedankenversunkene Welt und erzählt von den Einflüssen und Effekten des turbulenten letzten Jahres.
Wie würdest Du Dein Album in drei Worten beschreiben? Oh, das ist eine schwierige Frage… ich mache es ganz subjektiv. Zurückgezogen – denn ich fühle mich immer sehr in mich zurückgezogen beim Spielen und Hören. Vorsichtig – Ein langsames Herantasten ist mir wichtig. Aufrichtig – denn es sind für mich keine faulen Kompromisse auf dem Album – das bin ich.
Welche Message möchtest Du mit Deiner Musik überbringen? Ich weiß gar nicht, ob ich willentlich eine Message mit der Musik transportieren möchte. Ich mache das sehr für mich, denn das Musikmachen reinigt mich. Vielleicht aber kann man folgendes raushören: „Schaut auch mal auf das Kleine, auf das Detail, das Bruchstück, das da neben dem großen Klotz im Gras liegt…“. Oder weitergesponnen: „Schau auch mal auf das Kleine, auf das Detail in Dir, was Du vielleicht zu oft übersiehst.“ Es wäre schön, wenn die Musik das auslösen könnte.
Wie beeinflusst Düsseldorf Deine Musik? Die Vielfältigkeit ist wohl das Prägendste. Dass meine Freunde in verschiedensten Musikbereichen zuhause sind und ich mit unterschiedlichsten künstlerischen Ausdrucksformen in Kontakt komme, gefällt mir und bereichert mich. Da haben wir in Düsseldorf eine Menge zu bieten.
Mit Deinem Debüt 2019 hattest Du einen außergewöhnlichen Karrierestart. Was hat sich seitdem für Dich verändert? Das Gefühl „Ich mache das jetzt weiter… auf Album eins folgt Album zwei“ wuchs in mir. Mit atermus gab es plötzlich eine Basis, auf die ich aufbauen konnte, aber in die ich mich auch sicher zurückziehen konnte. Das Album und die Reaktionen darauf haben mir viel Selbstvertrauen geschenkt…. Dafür Danke auch an Euch.
Deine bisherige musikalische Karriere wurde fast von Beginn an vom Virus eingeschränkt. Welche Erkenntnisse hast Du dadurch erlangt, die es unter normalen Umständen nicht gegeben hätte? Das hat uns alle in so vielen Bereichen betroffen und tut es immer noch. Aber wenn ich jetzt an den vergangenen April zurückdenke und an diese Dornröschenzeit, dann merke ich immer, wie gut mir das Herunterfahren gefallen und getan hat. Das war eine wertvolle Erfahrung, denn ich übernehme mich gerne mal mit Projekten…
Wie hätte sich Dein Album ohne den Einfluss der Pandemie angehört? Ich vermute, es wäre ein wenig leichter ausgefallen. et ist insgesamt klassischer geworden und hier und da auch schwer. Es gibt Passagen, die sollen ein wenig schmerzhaft sein.
Am Tag nach der Aufnahme durchfuhr mich der Gedanke, dass ich ein „Album mit klassischer Musik“ gemacht haben würde… Ich stehe vollkommen hinter jedem Stück und dieser Art der Musik, aber als Abschied aus der Platte wollte ich dann noch etwas Versöhnlicheres, vielleicht ein kleines Augenzwinkern. Dann habe ich das letzte Stück noch geschrieben und aufgenommen. Aber hört selbst.
Welche Auswirkungen haben Pandemie, Beschränkungen, Lockdown etc. auf Dich als Person und als Musiker? Ich hatte letztes Frühjahr eine Tournee durch ganz Europa gebucht. Die ist natürlich ausgefallen. Das war verrückt… die Organisation hat viel Zeit und Mühe gekostet. Der Prozess zur Entscheidung, das alles abzublasen, immer in ständigem Dialog mit den Veranstaltern und den anderen Musikern, war sehr belastend. Tage später hat dann der offizielle Lockdown alles besiegelt und ich fiel aus großer Anspannung in einen sonnendurchfluteten März und April. Da hat das Wetter uns alle gerettet… Und ich konnte 2020 noch zwei Open-Air-Konzerte spielen.
Meine Arbeit als Sounddesigner und Audioregisseur ist durch Corona dagegen kaum beeinträchtigt. Ich gehe jeden Tag ins Studio und habe etwas zu tun. Das erfüllt mich und ich bin froh, dass ich arbeiten kann und darf. Ich wünsche denen, die gerade durch die Beschränkungen nicht arbeiten können, dass sie mental und finanziell gut über die Zeit kommen.
Wie nimmst Du Düsseldorf während der Coronakrise wahr? Der erste Lockdown war eine gemeinschaftliche Erfahrung. Ein Verschieben von Prioritäten war spürbar, im positiven Sinne (ich spreche nicht von Toilettenpapier). Das hat sich für mich als stärkend für die Gesellschaft, also auch für unsere Stadt, angefühlt.
Ich war viel mit dem Rad in der Stadt und im Umland unterwegs und habe viel gedreht.
So wird die Stadt Düsseldorf auch einen großen Part in einem Film einnehmen, an dem ich gerade arbeite. Herbst und Winter hingegen waren zäh und endlos und auch ungewisser… Dort gab Düsseldorf ein völlig anderes Bild ab, sorgenvoll und argwöhnisch – doch das betraf wohl die ganze Welt. Aber jetzt mit Frühlingsbeginn sehe ich auch wieder viele frohe Gesichter und ich bin selbst auch froher und dankbar um jeden Sonnenstrahl… Ich freue mich auf das Frühjahr. Und natürlich auf die Veröffentlichung meines kommenden Albums.
Danke dir!
Das neue Album et von Tom Blankenberg ist ab sofort online zum Streamen verfügbar und als CD und Vinyl erhältlich.
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Text: Maren Schüller
Foto: Sabrina Weniger
© THE DORF 2021