#24 SMALL-TALK, CORONA & SONST SO, LUDWIG CHUNG?

Seit acht Wochen leben wir „social distancing“ – acht Wochen, die das Leben in Düsseldorf komplett auf den Kopf gestellt haben. Wir fragen in unserer neuen Serie „SMALL-TALK, CORONA UND SONST SO?“ Düsseldorfer, wie hart sie von der Krise betroffen sind, was sie daraus gelernt haben und worauf sie sich „danach“ am meisten freuen.

Ludwig Chung ist Foodie, Weingeek und Lokalpatriot. Er ist viel in Sachen Gastronomie und Wein unterwegs und hat sich mit seinem Instagram-Account LOU’S GRAND CREW in den letzten Jahren eine große Fanbase in Düsseldorf aufgebaut. Was er in Zeiten von geschlossenen Restaurants macht und wie er die letzten Wochen erlebt hat, erzählt er uns hier im Interview. instagram.com/lousgrandcrew

Erzähle uns 1-2 Sätze über Dich!
Ich bin im Herzen Musiker, ansonsten Foodie, Weingeek und Lokalpatriot. Nebenbei wird noch ein bisschen auf Instagram gebloggt, auch wenn ich dort gerade eine kleine Pause einlege. Ich bin normalerweise sehr viel in Sachen Gastronomie und Wein unterwegs und schildere meine Erlebnisse dann auf Instagram. Dabei bin ich sehr kritisch und meine Meinung kann man nicht kaufen. Das unterscheidet mich von den allermeisten Foodbloggern da draußen. Im „richtigen“ Leben bin ich Unternehmensberater und mache Projekte in den Bereichen Strategie und Transformation.

Wie waren die letzten Wochen für Dich?
Nervig. Wer mich kennt, der weiss, dass ich viel unterwegs bin und mich mit Menschen treffe und eben nicht zuletzt auch viel essen gehe. Der soziale Kontakt zu Freunden und Bekannten fehlt mir persönlich besonders, da ich es ohnehin nur schlecht mit mir selber aushalte. Ich bin gerne unter Menschen und mit Menschen zusammen. In Zeiten des Kontaktverbots gab es nur eine Handvoll Personen, mit denen ich mich noch relativ regelmäßig getroffen habe. Videochat ist kein Ersatz. Aber ich habe festgestellt, dass ich in den letzten Wochen mehr telefoniert habe als im gesamten letzten Jahr. Zumindest gefühlt. Mittlerweile nervt mich die Gesamtsituation nur noch.

Wie betroffen bist du wirtschaftlich und persönlich?
Viele Firmen stehen verständlicherweise alle auf der Kostenbremse. Tatsächlich bin ich dadurch wirtschaftlich im Moment ebenfalls stark beeinträchtigt. Naja, Gürtel enger schnallen und Augen zu und durch. Man kann es im Moment auch nicht erzwingen. 

Wie bereits erwähnt bin ich ein sehr umtriebiger Mensch, der den größten Teil seiner Freizeit mit anderen Menschen verbringt und daraus viel Zufriedenheit und Glück zieht. Das ist im Moment nur sehr stark eingeschränkt möglich, deswegen trifft es mich persönlich schon recht hart. Natürlich geht es uns insgesamt noch sehr gut hier in Deutschland und auch die Maßnahmen waren im Vergleich zu Spanien oder Frankreich milder. Aber die fehlende Möglichkeit mit Freunden um die Häuser zu ziehen oder essen zu gehen fehlt mir persönlich schon sehr. 

Was hat sich geändert?
Beruflich nicht viel. Ich arbeite viel remote und reise auch sonst nur noch punktuell, was mir auch entgegen kommt. Ich war sechs Jahre lang als Berater in der ganzen Welt tätig und das permanente berufliche Reisen brauche ich nicht mehr. Ansonsten steht mein gesamtes Privatleben Kopf. Außer der Musik, die ich auch nur sehr sporadisch mache, ist nichts mehr so wie es vorher war. Fitnessstudios sind geschlossen, Freunde in Gruppen treffen fällt flach, Weinverkostungen und ausgiebige private Weinsessions sind nicht möglich, Kaffeedates, Essen gehen, Drinks in Cocktailbars, durch die Altstadt ziehen, alles nicht drin im Moment… Wenigstens hab ich jetzt kein FOMO (fear of missing out), weil man ohnehin nichts verpassen kann. 

Was siehst Du als positiven Nebeneffekt bei der Corona-Krise und Quarantäne?
Tatsächlich scheint die Natur zumindest für einen kleinen Moment ein wenig durchatmen zu können. Ein anderer Nebeneffekt ist die Schockdigitalisierung einiger Unternehmen. Vielleicht liefert dies auch einen Denkanstoß hinsichtlich New Work und dass Präsenz und Facetime überbewertet sind. Ob all diese Effekte nachhaltig sind, vermag ich nicht zu beurteilen. Es ist gut möglich, dass in ein paar Monaten wieder alles wie vor der Coronakrise ist. Der Mensch neigt eben auch gerne dazu zu vergessen. 

Die wichtigste Lektion, die Du in den letzten Wochen gelernt hast?
Soweit bin ich noch nicht. Ich habe zumindest noch kein Schlüsselerlebnis gehabt, woran ich mich jetzt festhalten könnte, um zu sagen, ja, da habe ich wirklich was gelernt. Es hilft auf jeden Fall, Gelassenheit zu bewahren. Und es kommt immer anders. Vor allem als man denkt. Ich persönlich habe mir 2020 auf jeden Fall anders vorgestellt. Und ich bin mir ziemlich sicher, dass das für sehr viele Leute da draußen gilt. Eins ist klar, wir werden uns auch in 30 Jahren noch an diese Phase zurückerinnern.

Was fehlt Dir am meisten?
Unabhängig von den Dingen, die ich bereits erwähnt habe, mein 2-jähriges Patenkind Leo, das ich jetzt fast nur noch per Videochat zu Gesicht bekomme und die Zeit mit ihm auch nicht so verbringen kann, wie ich das gerne hätte. 

Was denkst Du, wird sich „nach“ Corona ändern? Was können wir aus der Krise mitnehmen?
Ich bin mir nicht sicher, ob sich so wahnsinnig viele Dinge wirklich nachhaltig ändern werden. Aus der aktuellen Situation heraus wird viel über Achtsamkeit, Nachhaltigkeit und ein generelles Umdenken im Konsumverhalten diskutiert. Meines Erachtens nach sind dies aber weitestgehend Diskussionen, die eben den Umständen geschuldet sind. Sobald wieder so etwas wie Normalität eintritt, werden sich auch die allermeisten Verhaltensweisen wieder den Verhaltensweisen prä-Corona annähern, also auch „normalisieren“. Aber ich habe auch keine Glaskugel. Ich mag mich auch irren. Die Pause war jedenfalls eher eine Bestrafung für mich. Der größte Effekt, der vielleicht bleibt, liegt in der remote Zusammenarbeit in Unternehmen. Natürlich gibt es Funktionen, die sich niemals nach Hause verlegen lassen werden, aber ich hoffe, dass es ein Umdenken in der Art der Zusammenarbeit gibt und wie sie sich zum Wohle aller weiter flexibilisieren lässt. 

Welcher Lieferservice hat Dich in den letzten Wochen glücklich gemacht?
Kann ich nicht wirklich beantworten. Es liefert auch sonst niemand zu mir, mit dessen Qualität ich einverstanden bin. Ich habe in den letzten Wochen auch wenig bis gar nichts bestellt und es sind leider auch keine neuen Lieferdienste hinzugekommen, die mich glücklich gemacht hätten. Ich hatte auch sehr wenig Take-Away, weil es für mich auch nicht das gleiche ist wie ein Restaurantbesuch. Dann gurkt man durch die halbe Stadt und bis man es essen kann, ist es auch schon wieder kalt. Sehr frustrierend. Aber ich habe ein paar mal was bei Murat (Noa Foodbar) und bei Alessandro (Nu poc‘ e‘ Napule) mitgenommen. Das sind absolute Banken und machen definitiv glücklich. 

In welches Restaurant gehst du als erstes, wenn die Krise vorbei ist?
Takumi wird sicher das Erste sein, das ich besuchen werde. Ich kann einfach nicht ohne meine Ramen. Konkret Takumi 2nd Tonkotsu und meine heissgeliebten Tantan Men.

Worauf freust Du Dich am meisten, wenn Normalität eingekehrt ist?
Wieder mit meinem Patenkind spielen zu können und ihn beim Großwerden zuzuschauen. Ansonsten auf all das, was nicht ging in den letzten Wochen. Menschen treffen, unter Menschen sein, sich wieder in den Arm nehmen. Leben.

Vielen Dank!

(c) THE DORF, 2020
Foto: Sophia Schillik

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