APPROXIMATION FESTIVAL 2023

toechter - Foto: Sophie Krische

Entstanden aus der Idee, Grenzgänger*innen auf dem Klavier und in der Welt der Tasten eine Bühne zu geben, entstand bereits 2005 das Approximation Festival im Salon des Amateurs. Noch klingen aus der letzten Ausgabe des Festivals im November 2022 die Neukomposition des Composer in Residence Bryce Dessner oder der elektrisierende Sound von Fågelle nach. Bekannt für musikalische Premieren durch Komponist*innen, gibt es in diesem Jahr neben der Verlegung in den Frühling eine weitere Premiere: Das experimentelle Approximation Festival ist am 18. und 19. Mai 2023 in seiner 18. Ausgabe zum ersten Mal im FFT Düsseldorf zu Gast. Der Düsseldorfer Komponist und Pianist Volker Bertelmann, der für seine Arbeit dieses Jahr einen Oscar gewann, kuratiert wie gewohnt besondere Künstler*innen für das Approximation Festival. Im FFT konzentriert sich das Festival nach dem „Motto Back to the roots“ nach wie vor auf intime Kapazitäten. 

Wie fühlt sich ein Festival an, das – ursprünglich mit dem Gedanken an Herbstromantik entstanden –  im Frühling inszeniert wird? An den musikalischen Überraschungen und ihrer Vielfalt ändert sich nichts. In dieser Ausgabe stehen jeweils drei Konzerte an zwei Abenden auf dem Programm, voll neuer und in dieser Weise ungehörter Musik. Die Abende werden, als Zeichen fortwährender Verbundenheit, von den DJs Oliver Räke und Frank D`Arpino beschlossen, die über Jahre hinweg die Einzigartigkeit des Salon des Amateurs mitgestalteten.

Zurück zum Piano, aber dafür etwas weiter weg von der klassischen Musik, mit Johanna Summer. „Etwas“ könnte man auch ein wenig betonter lesen. Denn das klassische Piano hat sie gelernt, zeigte sich aber bereits als Kind eher vom erfinderischen Spiel fasziniert. Der flüchtige Eindruck ließe Summers erwachsenes Wirken im europäischen Jazz verankert sehen, dort wo klassisch ausgebildete Pianist*innen in den 60ern den Weg in die neue Musik aus den USA suchten und wo bald eine eigene Formsprache und Ästhetik entstand. Und doch passt dies alles hinten und vorne nicht als Referenz für Johanna Summers Schaffen. Vielleicht, weil ihre Musik gar kein Hinten und Vorne kennt, vielmehr ein Ineinanderfließen.

Auch Dobrawa Czocher bezeugt für das Approximation Festival Wandel und Tradition zugleich. Ihre Annäherung an das Piano geschieht auf ihrem ersten Solo-Album „Dreamscapes“ durch betonte Abwesenheit. Zuvor spielte die polnische Cellistin zwei vielbeachtete Veröffentlichungen mit der Pianistin Hania Rani ein, eine zarte, wie vom taktgebenden Piano in klare Strukturen gefasste Musik. Czocher komponierte dabei bereits die meisten Stücke des 2021 erschienenen zweiten gemeinsamen Albums mit Rani. Eine Herausforderung, nun allein mit dem Cello den Klangraum zu füllen. Fortan gibt sie selbst den Takt vor und in all ihren weiten Reisen durch Traumlandschaften verbleibt die Musik gefasst, wird nicht zum formlosen Hörerlebnis, eher schon zum Fordernden.

Jacob, Beck & Klein sind ein bisschen wie das Approximation Festival selbst. Man hat eine undogmatische Idee, wagt gemeinsam etwas und bemerkt: Es ist gut, es gefällt den Menschen und interessiert sie. So wurde aus privaten Sessions ein Trio. Ralf Beck arbeitet fern des Ensembles als Komponist, Produzent, Remixer und nicht zuletzt einst als DJ im Techno Zirkus der 90er. Heute ist er Mitglied der von Kritikern gelobten Klangexperimentatoren Die Wilde Jagd. Michael Jacob hat die Musik des Barock studiert, spielt hauptberuflich Viola da Gamba und Thomas Klein ist bekannt als Schlagzeuger der Band Kreidler, wie auch mit seinem Projekt Sølyst. Die Charaktere und musikalischen Qualitäten der Drei verbinden die Klänge von Jahrhunderten.

Der Salon des Amateurs bekam seinen Namen nicht etwa im Geiste ironischer Selbstrelativierung, sondern im traditionellen Verständnis des „Amateurs“. Menschen, die aus Liebe und oftmals fern einer formalen Ausbildung ihren Leidenschaften folgen. So weiß man eher wenig von einem DJ Oliver Räke und doch legt er seit vielen Jahren immer wieder öffentlich Platten auf.

Marimba, Kalimba, Glockenspiel, Chinesische Harfe, Shékere, Violinen – was vor gut 20 Jahren als minimaler Techno begann, suchte spätestens mit Beginn dieses Jahrzehnts die klangliche Bereicherung, welche akustische Instrumente verheißen. Doch sind sie Hendrik Weber aka Pantha du Prince weniger ein Gadget, eine Zugabe zum Sound, sondern wenn nicht das Tor, so doch die Mittel zu einer neuen Musik. Seine Erfahrung mit der Modulation einzelner Klangelemente lässt ihn mäandernde Klangstrukturen schaffen, bei denen es nicht selten scheint, als würde die Musik mit sich selbst kommunizieren, als wären die Töne lebendige Wesen, die man still beobachtet.

Koki Nakano führt wieder zurück zum Piano. Mit Debussy verbindet Nakano das Talent, Wasser, Wellen, die See in Klänge zu fassen. Ihn fasziniert das schwimmende, immer wieder neu auszutarierende Gleichgewicht, das sich im Tanz versinnbildlicht. So sieht man in einem der Videos zu seinen neuen Stücken einen Tänzer auf dem Meer. Der in Paris geborene und am namhaften Centre National de Danse Contemporaine in Angers ausgebildete Tänzer Mourad Bouayad begleitet Koki Nakanos Konzert tanzend, ein für Nakano essentielles Element, da er Musik und Tanz, Mensch und Umwelt als Einheit betrachtet.

Die traumgleichen Klanglandschaften und flirrenden Songs von toechter verzaubern und inspirieren und erinnern an den lebenspendenden Atem des antiken Windgotts in Botticellis Gemälde „Geburt der Venus“. Die klassisch ausgebildeten Musikerinnen, gestalten mit ihren Violinen, Effektpedalen und digitaler Klangbearbeitung eine Welt undogmatischer Klänge. Es scheint an der Zeit, die populäre und die hochkulturelle Musik neu zu denken. Wo die Popmusik, immer stärker vom Akademischen geprägt ist, Emotionen zu klingenden „Selling Points“ reduziert wird, filterte die genuin akademische Musik der Hochkultur jahrzehntelang fast alles Unmittelbare aus sich selbst heraus. Jedoch gelingt es den drei Musikerinnen, die so entstandenen Freiräume zu nutzen. Sie erscheinen avantgardistisch und eingängig zugleich, schaffen harmonische und oftmals auch rhythmische Komplexität, die sich nicht in allzu vielen Referenzen ergeht, sondern aus sich selbst heraus wirkt.

Als erfolgreicher DJ der geraden elektrischen Beats, wagte sich Frank D`Arpino auf einen, seinen vielfältigen Musikvorlieben weit besser gerecht werdenden eklektischen Pfad. Als Resident im Salon des Amateurs zaubert er seit 2010 pulsierende Klangwelten, deren subtiler Groove nicht zum Tanzen nötigt, sondern so sehr zum Zuhören wie auch zum Tanzen einlädt.

Tickets und weitere Infos zum Approximation Festival gibt es unter www.approximation-festival.de 

Approximation Festival
18. und 19. Mai 2023

Lineup

Donnerstag, 18. Mai
18 Uhr Oliver Räke (DJ-Set)
19 Uhr Jacob, Beck & Klein
20 Uhr Dobrawa Czocher
21 Uhr Johanna Summer

Freitag, 19. Mai
19 Uhr Frank D`Arpino (DJ-Set)
20 Uhr toechter
21 Uhr Koki Nakano w/ Mourad Bouayad
22 Uhr Pantha du Prince

FFT Düsseldorf
Konrad-Adenauer-Platz 1, 40210 Düsseldorf
www.fft-duesseldorf.de

Text: Presse
Fotos: Siehe Bildbeschreibung
© THE DORF

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