„Wir wollen interessante Menschen mit schönen Dingen in Verbindung bringen und dabei Spaß haben.“ Mitten in unserem Gespräch zitiert Agenturbesitzer Detlef Igel diesen Satz aus einem Text von der Website der Alten Giesserei Igel. Und wir finden der bringt es gut auf den Punkt. Unser Weg zum Interview führt uns ausnahmsweise mal raus aus Düsseldorf. Über die Felder, an den Pferden vorbei nach Erkrath. Nach Mode-Agentur und Concept Store schreit hier auf den ersten Blick erstmal nichts. Als wir aber die Alte Giesserei Igel erreichen, verstehen wir schnell, warum die neue Location der Agentur so gut funktioniert. Detlef Igel, seine Tochter Nina und die Teammitglieder Lisa und Joe geben uns eine Führung durch das historische Gebäude und erzählen uns von ihrer spannenden Reise der letzten Monate – als Corona sie in eine Schockstarre versetzte und sie schnell umdenken mussten.
Als ich das Team frage, ob es vor der offiziellen Eröffnung ihres Concept Stores aufgeregt war, sagt Detlef Igel: „Das kann man glaube ich sagen.“ und schmunzelt. Nina ergänzt, dass sie eigentlich keine Zeit hatten aufgeregt zu sein. Sie kamen direkt aus der Order-Saison und innerhalb der letzten zwei Tage und Nächte musste alles umgeräumt, ausgepackt und aufgebaut werden. Für unser Interview sitzen wir in der neuen Hay-Möbelwelt – in der es vor ein paar Tagen noch die Herrenkollektionen von Drykorn gab.
Für den Eröffnungstag war die Alte Giesserei Igel bis auf ein paar Plätze ausgebucht. Auf besondere Preis-Specials oder Rabatt-Aktionen ist der Concept Store gar nicht aus, denn: Er möchte durch seine Produkte und das Shopping-Erlebnis in der Alten Giesserei überzeugen. Zum beständigen Special gehören die Musterteile der Kollektionen, von denen es immer maximal nur zwei Stück gibt und bei denen das Motto „First come first served.“ lautet.
Von Düsseldorf nach Erkrath – raus aus der Großstadt, aber doch nicht weit weg. Um sich vergrößern zu können, suchte die Agentur Igel nach einer neuen Location und wurde Ende 2019 fündig. In die Alte Giesserei in Erkrath haben sich Detlef Igel und sein Team direkt verliebt. Immer wieder spricht er von dem besagten Gang über die Brücke, die über der Düssel liegt und direkt an das Gebäude angrenzt. „Das ist schon ein mystischer Ort. Es hätte drinnen einen Teppichboden geben oder weiß Gott was an den Wänden hängen können. Das Ding ist der Hammer.“ erzählt er uns begeistert.
Die Agentur Igel gibt es schon seit 25 Jahren – wovon sie die längste Zeit in einem Showroom an der Theodor-Heuss-Brücke in der Uerdinger Straße verbracht hat. Seit vielen Jahren sind sie für den Großteil Deutschlands für die Marke Drykorn zuständig. Andere Labels wechseln sich immer ein bisschen ab. Detlef Igel ist freier Agent und erzählt uns, dass er schon immer versucht hat, nicht auf die Kaiserswerther Straße oder an den Hafen zu den vielen anderen Agenturen zu ziehen. Schon immer sollte der Showroom der Agentur etwas Besonderes sein – und dann wundert es uns natürlich nicht, dass die Alte Giesserei in Erkrath zu dem neuen zu Hause der Agentur geworden ist.
Detlef Igel betont, das es in seinem Team keine Hierarchien gibt und jedes Teammitglied seinen Stellenwert hat. Jeder trägt Verantwortung und darf Entscheidungen treffen. Er sagt: „Wir gehen gemeinsam nach vorne und wenn einer stehen bleibt, dann schieben die anderen vorsichtig.“ Mit rund 20 Leuten schaukelt die Agentur nun ihren neuen Concept Store. Das junge Team ist zwischen 22 und 37 Jahren alt. „Ich gucke mir die Leute an und keine Bewerbungen oder sonst irgendwas.“, sagt Detlef Igel. Seine MitarbeiterInnen müssen Lust auf ihre Arbeit haben und eine gewisse Empathie mitbringen, um auch mit den KundInnen arbeiten zu können. „Da gibt es keine Ausbildung für.“, fügt er hinzu. Die Gruppendynamik aus jungen Leuten mit vielen Ideen und erfahrenen Teammitgliedern macht es am Ende aus.
„Ohne Corona würde es uns so nicht geben.“, sagt Detlef Igel. „Wir waren in einer Schockstarre“ und nach Verkaufen war ihnen erst recht nicht zumute. Wie viele andere musste auch die Agentur Igel kreativ werden. Sie sind Vertreter und betreiben Handel, aber genau dieses Geschäft fühlte sich zu Beginn der Krise nicht richtig an. Das Alltagsgeschäft lag auf Eis. Die Ware für den nächsten Kollektionsverkauf war bereits eingekauft – stattfinden konnte dieser aber nicht. „Dass wir den ersten Kollektionsverkauf absagen mussten, war im Nachhinein unser Glück“, gibt das Team zu. Und dann kamen sie auf eine Idee: Personal Shopping. Um die Kollektionen trotzdem verkaufen zu können, konnte man über die Website einen Termin vereinbaren und in einem 90-Minuten-Zeitfenster zum Shoppen vorbeikommen – inklusive einer Führung durch das Gebäude der Alten Giesserei, ein paar Insider-Infos und einem guten Kaffee.
Die ersten Termin-Slots hatte das Team schnell zusammen. „Das ist ein schönes Spielzeug für einen Unternehmer“, sagt Detlef Igel, als er zusammen mit Nina von dem Kalender erzählt, in dem sich die KundInnen eintragen konnten. Sie haben gemerkt, dass das Prinzip gut funktioniert – und unter den Leuten hat sich das neue Konzept schnell rumgesprochen. „Corona war natürlich eine spezielle Zeit. Viele Freundinnen haben sich bei uns das erste Mal wieder gesehen.“, erzählt uns das Team. Die Alte Giesserei Igel hat durch ihr neues Konzept und die Location die Möglichkeit, Kleidung, die sie sonst nur an Händler verkaufen, in der Menge darzustellen – und genau diese Chance wurde im richtigen Moment genutzt. Die Agentur hat es geschafft, mit dem Shopping-Prinzip ihren KundInnen ein wenig Normalität zurückzugeben und ihnen gleichzeitig Sicherheit zu bieten.
In den ersten Wochen von Corona entwickelte das Team immer mehr Ideen, es wurde viel ausprobiert und neue Labels mit auf die Ladenfläche aufgenommen. Zur Mode kamen Möbel, Parfums und Kaffeemaschinen dazu – und so entstand langsam aus der Alten Giesserei ein Concept Store. Neu ist die Erlebniswelt vor allem für die Männer, denn: Oft fehlt es an guten Herrengeschäften und Shoppen wird zum Männer-Albtraum. „Sie sind eine große Auswahl an Kleidung mit guter Beratung nicht mehr gewohnt“, sagt Detlef Igel. „Bei uns bekommen sie noch ein Bier und ein paar lustige Sprüche dazu.“ ergänzt er mit einem Lachen. Durchaus attraktiv für die Männerwelt finden wir.
Neben der großen Verkaufsfläche hält die Alte Giesserei ein weiteres Ass im Ärmel: Parkplätze! Denn an dem alten Standort der Agentur, war das ein großes Problem. Heute können MitarbeiterInnen und KundInnen entspannt vor der Tür parken. „Zu euch fahren ist wie Urlaub“, sagen die Stammkunden der Agentur Igel, die sich zuerst auf den Umzug raus aus der Großstadt einstellen mussten. Und auch das Team kann das nur bestätigen. Jede Tageszeit in der Alten Giesserei ist anders. Wenn abends die Sonne untergeht, scheint ein wunderschönes Licht durch die riesige Fensterfront in der oberen Etage. Die Fläche des Gebäudes bietet Platz für viel Mode, Möbel, Produkte und Accessoires, ohne es in einem Moment überfüllt wirken zu lassen.
Was Marken betrifft, ist der Concept Store immer auf der Suche nach Neuem. Neben dem Hauptpartner Drykorn finden sich aktuell die Schuhe von Copenhagen Studios und die Hoodies und T-Shirts von Lola Clothing, einer Düsseldorfer Brand. Als lokale Brands haben sie auch Interior von WUUD und die Skincare-Produkte von OSKAR mit im Store. Das Team von der Alten Giesserei bietet gerne jungen, selbständigen Menschen mit interessanten Geschichten und tollen Produkten eine Plattform. Ganz neu und eines ihrer Highlights ist aktuell die Möbelwelt von Hay – in Kombination mit Lampen von Artemide und Teppichen von Cap. Und beim Thema Kaffee schwört das Team auf die Kaffeemaschinen von Moccamaster.
Das Gelände war ursprünglich die Pose Marré. Schwere Metalle wurden in die Alte Giesserei transportiert, um sie da, in verschiedenen Prozessen des Gießens, in kleine bis große Formen zu verwandeln. Begeistert erzählt das Team, dass sie vor dem Umbau alte Notizzettel der früheren Arbeiter gefunden haben und Teammitglied Joe eines der Abfallprodukte aus der damaligen Produktion aufbewahrt hat. Um den Concept Store so zu ermöglichen, wie er heute existiert, wurde für die erste Etage eine Decke hinzugefügt und der Boden im Erdgeschoss aufgeschüttet. Der Kran, der früher zum Transportieren benutzt wurde, steht auch heute noch im oberen Teil der Alten Giesserei. Im neuen Concept Store lassen sich überall Bilder von der früheren Alten Giesserei finden, um niemals die besondere Geschichte dieses Ortes zu vergessen.
Wir haben das Team der Agentur Igel direkt an Tag eins im neuen Store besucht. Trotzdem sind wir natürlich schon neugierig und möchten wissen, was für die Zukunft noch geplant ist. „Wir sind auf die Zeit nach Corona gespannt.“, sagt Detlef Igel. In der neuen Location sieht er viel Potential für zukünftige Veranstaltungen – zurecht. Sicher ist aber, dass das Team nicht überstürtzen möchte und die Events für die Zeit nach der Krise geplant sind. Auch persönlich nehmen sie die Zeit gerade sehr ernst und möchten kein Risiko eingehen. Wenn es irgendwann aber wieder möglich ist, dann kann sich die Alte Giesserei Igel an den Wochenenden Veranstaltungen in Kooperation mit kreativen Leuten sehr gut vorstellen. Nebenan auf dem Gelände, in der alten Papierfabrik, entsteht soeben das Brauhaus „Zum Goldenen Handwerk“. „Sie sind jetzt schon unsere besten Freunde.“, sagt das Team und ist sich einig, dass sich ein Ausflug nach Erkrath doch so allemal lohnt. Unterschreiben wir!
Vielen Dank!
Text: Linda Gerolstein
Fotos: DerKristof | Aylingraphy (Luftaufnahme)
© THE DORF 2020
Alte Gießerei 6-14
40699 Erkrath
Mo – Sa 10-19 Uhr
Termine könnt Ihr auf der Website der Alten Giesserei Igel buchen.
Cash und EC
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