Varia Vardar

Zwischen Büchern, Gin und bunten Madonnen lässt Uta Vardar viel Raum zum Stöbern und Entdecken. Manchmal stolpert man über Dinge, die ungewöhnlich erscheinen, aber dann gibt es eine passende Geschichte dazu, die Uta Vardar gern erzählt.

Es gibt Orte, denen wohnt ein gewisser Zauber inne. Die malerische Bibliothek in „Die Schöne und das Biest“, das verwinkelte Hogwarts, der staubige Dachboden von den Großeltern – alles ein raumgewordener Abenteuerspielplatz. Schon immer ist es aufregend gewesen, in Wohnungen zu Besuch zu sein, die einen „entdecken“ lassen. Besondere Dinge, zu denen es eine Geschichte, eine Reise, ein Erlebnis gibt, die man durch sie immer wieder Revue passieren und andere teilhaben lassen kann.

„Varia Vardar“, der Buch- und Gemischtwarenladen auf der Schwerinstraße in Pempelfort, ist ein solcher Ort. Würde die Geschäftsbezeichnung nicht prominent auf der Fensterfront stehen, würde man unter „Varia Vardar“ vielleicht eher einen Comic Laden oder einen Star Wars Fanshop vermuten. Ein Blick durch das Schaufenster würde letzteres sogar bekräftigen, aber dazu später mehr. „Varia Vardar“ klingt harmonisch geheimnisvoll. Uta Vardar, wie die Besitzerin im echten Leben heißt, hört nach 16 Jahren Geschäftsbestehen längst auf den fiktiven Vornamen, dabei ist „Varia“ lediglich die lateinische Übersetzung des Wortes „gemischt“. In Verbindung mit ihrem Nachnamen eine Kombination, die ihr 2003 mit der Idee einen Buchladen gründen zu wollen, einfach nicht mehr aus dem Kopf gehen sollte.

Gemischtwarenladen. Ein in die Jahre gekommener, aber immer noch geläufiger Begriff, der vor allem eines ist: Selbsterklärend. Während die Gemischtwarenläden aus der „guten alten Zeit“ heute die englische Bezeichnung „Concept Stores“ tragen, lässt Uta Vardar mit ihrer Namensgebung Nostalgie aufkommen.

Denkt man heute an Gemischtwarenläden, haben viele unweigerlich das Bild der Oma vor Augen. Es war immer etwas Besonderes, in das Lädchen nebenan zu gehen, dort, wo sich alle kannten und wo man nicht nur einkaufen ging, sondern wo das Leben erzählt wurde. Während die Großmütter also „gute Butter“ und Waschmittel in das kleine Körbchen legten und sich mit Freundinnen über Neuigkeiten austauschten, durfte man sich als Kind eine Naschitüte zusammenstellen oder in Comicheften blättern. Am besten war es, wenn die Weingummis schon leicht angehärtet und schwer zu kauen waren. „Plombenzieher“ pflegte man zu sagen, aber das sollte einem egal sein, wenn man noch ein Kind und das Wort einem damit ein Fremdes war. Großeltern hingegen war das Wort durchaus bekannt, was das Gefahrenpotential, eine Süßtüte teilen zu müssen, um ein Vielfaches minimierte.

„Gute Butter“ sucht man bei Varia Vardar wohl vergeblich, stattdessen konzentriert sich das Produktportfolio auf Bücher, liebevoll ausgewählte Dekoartikel, eine Auswahl an außergewöhnlichen Alkoholika – vor allem Gin – und besondere Kleinigkeiten, die zum Teil sogar aus eigenen Entwürfen hervorgehen. Aus jedem Genre sind hier die besten Werke vertreten. Eigentlich trägt fast jedes Exemplar das „Varia Vardar“ Gütesiegel, denn gelesen hat sie vieles von dem, was ausgelegt wird. Sollte ein Buch mal nicht sofort verfügbar sein, ist dieses gleich zum nächsten Tag zu bestellen.

Das eben erwähnte Star Wars Merch, welches es dort tatsächlich auch zu kaufen gibt, sorgt für den gewissen Kontrast, den Uta Vardar so liebt und der sich beständig durch ihr Ladenkonzept zieht. Von den mittlerweile neun Star Wars Filmen kennt sie zwar keinen, aber AT-AT hat es ihr dennoch besonders angetan, weswegen die Kult-Figur einen prominenten Platz direkt über dem Kamin bekommt, der sich wiederum inmitten des Geschäfts befindet. Auch ihr Faible für Südamerika zeichnet sich ab. Madonnen in verschiedenen Farben und Materialien lockern die üppigen Bücherreihen auf. Eine Sympathie, die auch aus ihrer Bewunderung für Frida Kahlo entspringt. „Eine Frau, die selbstbewusst immer ihren eigenen Weg gegangen ist.“ In der Ikone finden sich sicherlich auch einige Parallelen zu Uta selbst. Seit kurzem entdeckt man in den bunt gefüllten Regalen auch anti-alkoholische Getränke, weil sich mit einem Glas alkoholfreiem „Fruchtsecco“ eben doch besser anstoßen lässt, als mit einem Glas Selters.

Uta Vardar wirkt angekommen in ihrem Laden, der sich bis 2012 noch auf der Mauerstraße befunden hat. Ecke Schwerinstraße war immer ihr bevorzugter Kiez, vor acht Jahren sollte sich dieser Wunsch erfüllen. Der Gedanke, ihre Leidenschaft das Lesen und die Liebe zu außergewöhnlichen Produkten zum Beruf zu machen, ja sogar in die Selbstständigkeit zu gehen, bedingte im Voraus einen ebenso außergewöhnlichen Lebenslauf.

Die in Berlin geborene Uta Vardar ist die Tochter eines aus Schwaben stammenden Journalisten und einer Berliner Bibliothekarin. Bücher, so sagt sie, spielten somit schon immer eine zentrale Rolle und waren, über jedes Alter hinweg, immer zugegen.

In frühen Kinderjahren kommt die Familie Vadar nach Düsseldorf, Uta besucht die Schule und entscheidet sich danach für ein Leben im Ausland. Drei Jahre verbringt sie in Andalusien, um dort ihrem eigenen Kunstgewerbe nachzugehen. Zurück in Deutschland gründet sie selbst eine Familie, verliert ihr Interesse an der eigenen Kunst aber nie. Aus der Not heraus eröffnet sie in Zusammenarbeit mit befreundeten Eltern einen eigenen Kindergarten. „Einfach machen!“ als Credo für das eigene Leben. Einige Zeit später findet sie als Quereinsteiger den Weg in die Werbebranche, arbeitet in verschiedenen, großen Agenturen und stellt nach über zehn Jahren fest, dass der eingeschlagene Weg nun einen anderen Zweig nehmen muss. 2004 nimmt der Zweig dann Gestalt in Form von „Varia Vardars Buch- und Gemischtwarenladen“ an. 16 Jahre später sehen wir eine ausgeglichene Frohnatur, die immer ihren eigenen Ideen gefolgt ist und mit viel Hingabe und Improvisation heute von sich behaupten kann, in der Selbstständigkeit ihre Erfüllung gefunden zu haben. „Happy Ends are my religion!“ Mit diesem Spruch wurde Uta Vardar von einer befreundeten Kollegin aus der Werbebranche verabschiedet. Sie sollte Recht behalten!

Zum Schluss haben wir Uta Vardar gefragt, welche drei Bücher auf jeden Fall gelesen werden sollten, schließlich möchte man für die kuschelige Jahreszeit gut vorbereitet sein. Es ist eine Herausforderung, sich bei der Auswahl an guten Büchern für gerade einmal drei zu entscheiden, aber unser Gespräch endet mit einer kleinen Lesung aus den Büchern: „Löwen wecken“ von Ayelet Gundar-Goshen, „Briefe der Liebe“ von Maria Nurowska und „Die hellen Tage“ von Zsuzsa Bánk. Der Herbst kann also kommen! 

Was schätzen Eure Freunde an Euch? Unsere Kompetenz, unsere Ehrlichkeit, unseren Geschmack.

Was sagen Eure Feinde über Euch? Ich glaube sie verstehen nicht was wir wollen. Es ist halt kein Mainstream.

Was bringt die Zukunft? Immer spannend, wir werden sie meistern.

Eure liebsten Nachbarn? Direkt nebenan und gegenüber und im Hof, wir sind umzingelt von lieben Nachbarn.

Vielen Dank!

Text: Anna Bollien
Fotos: Felix Hoffmann | Felix auf Instagram
© THE DORF 2020

Varia Vardar

Schwerinstraße 6
40477 Düsseldorf

Öffungszeiten

Mo – Fr 10.00 – 14.00 Uhr
und 16.30 – 19.00 Uhr
Sa 10.00 – 15.00 Uhr

Zahlungsmöglichkeiten

Cash und EC

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