FEMALE VOICES • EMLE

Stellt euch vor, es ist 2022 und Frauen sind im Musikbusiness immer noch gnadenlos unterrepräsentiert. Leider wahr. Leider schlimm. Auch wenn Superstars wie Beyoncé, Lizzo oder auch Kate Bush an der Spotify-Spitze stehen: Schaut man mal etwas genauer hin bei Bands oder Festivals Bookings, sind FLINTA in der Minderheit. FLINTA meint Frauen, Lesben, intersexuelle, nicht-binäre, trans und agender Personen und damit all jene, die aufgrund ihrer Geschlechtsidentität patriarchal diskriminiert werden. Für deren Sichtbarkeit engagiert sich die Düsseldorfer Konzertreihe fem_pop. Gegründet wurde sie vom gleichnamigen Kollektiv, das es sich zur Aufgabe gemacht hat, FLINTA wortwörtlich eine Bühne zu geben und sie in der Musikszene zu vernetzen. Support ist das Stichwort – nicht nur zum Anheizen bekannter Bands und Solo-Acts, sondern im gemeinsamen Wachstum und Widerstand gegen patriarchalische Strukturen. ”Bildet Banden!“ sagt auch die Düsseldorfer Musikerin Selena, die aktuell mit ihrem Solo-Projekt Modular durchstartet. Sie und drei weitere wahnsinnig tolle Künstlerinnen der Düsseldorfer Musikszene stellen wir im THE DORF THE MAG No. 6 und hier vor – von Pop bis Rap, von Psychedelic zu Electronic. Sounds und Stile so divers und experimentell, wie jede einzelne ihrer Seelen. Lest und hört selbst – unsere Forever Girl Crushes.

>>Please scroll down for English version!<<

Name: Emily Metzger
Künstlername: EMLE
Alter: 26

Beruf/Werdegang: Retail Designerin / Designstudentin 
Instagram: emle.me

„Meine Songs entstehen allein aus meiner Intuition“

Seitdem sie denken kann, stand Emily Metzler auf einer Bühne: Mit einem Chor, einer Band oder verschiedenen musikalischen Projekten. Ihre Leidenschaft für Musik steckt die 26-Jährige aktuell in ihr Solo-Projekt EMLE – mit einem experimentellen Sound zwischen Melancholie und Optimismus. Ihre Musik spiegelt dabei Emilys Seelenleben, beschäftigt und verändert sich ständig mit Erlebnissen und Emotionen, mit menschlichen Begegnungen und Momenten der Stille.

Stell dich vor. Wer bist du und was machst du? Ich bin Emily und bin 26 Jahre alt. Ursprünglich komme ich aus Kassel, war dann für ein paar Jahre in Frankfurt und vor mittlerweile vier Jahren hat mich mein Weg für mein Retail Design Studium nach Düsseldorf gebracht. Neben dem Studium haben in der Zeit superspannende Menschen und Inspirationen meinen Weg gekreuzt und es haben sich verschiedene kreative und künstlerische Projekte ergeben.

Dein Stil in einem Satz? Ehrlich, ein bisschen melancholisch, aber gleichzeitig optimistisch, dynamisch und nicht aufdringlich. Meine Musik spiegelt immer das, was mich gerade tief beschäftigt und verändert sich mit meinen Erlebnissen und Emotionen, deswegen finde ich es schwer eine musikalische Richtung zu nennen. Also mussten ein paar Adjektive aushelfen.

Woran arbeitest du als Musikerin gerade? Letztes Jahr im Oktober habe ich meine erste EP ‚Your Water‘ veröffentlicht.  Die Arbeit daran hat eigentlich mit dem ersten Lockdown angefangen. Das war das erste Mal, dass ich mich meinen ganzen Songs und Skizzen richtig angenommen habe. In dem Prozess musste ich erstmal lernen, die Ideen in meinem Kopf zu erklären. Seitdem arbeite ich daran neue Visionen zu kreieren, selbst an neuen Strukturen und Melodien zu arbeiten und komplett frei zu experimentieren. Ich habe super viel geschrieben und gebastelt und ich kann jetzt endlich anfangen mit neuen Köpfen an meinen neuen Songs und Ideen zu arbeiten.

Wie beschreiben dich deine Fans? Das ist eine schwierige Frage, da sich die “Fans“ gerade eigentlich auf Freunde und Freunde von Freunden beschränken. Die meisten von Ihnen sagen, dass sie die Musik sehr gern mögen und sie auch hören würden, wenn sie nicht von mir wäre und das finde ich eigentlich ein sehr schönes und ehrliches Kompliment. Was ich öfter gehört habe war, dass man die Musik gleichzeitig gut hören kann, wenn man sich in einem Gefühl verlieren will oder einfach nebenbei, wenn man eigentlich einfach alles ausblendet.

Wenn du keine gerade Musik machst, dann….Schreibe ich an neuen Texten (und das meistens in sehr unpassenden Situation, während ich zum Beispiel eigentlich mitten in einem Gespräch bin…), spaziere mit einem Kaffee in der Hand und höre Musik, sitze irgendwo und lese, treffe mich mit Freunden auf eine Weinschorle oder arbeite an anderen kreativen Projekten. Ansonsten beschäftige ich mich gern mit Kunst, Design, Objekten, Formen, Steinen, schönen Dingen, die der Alltag so bringt und allem was sonst noch so passiert und dazwischen kommt.

Welche Erinnerungen hast du an deinen allerersten Auftritt? Ich stand, seit ich denken kann, irgendwie immer auf einer Bühne, mit einem Chor, einer Band oder verschiedenen musikalischen Projekten. Der erste Auftritt als Künstlerin mit meiner eigenen Musik war allerdings etwas ganz anderes und emotional viel fordernder als alles zuvor. Wir haben letztes Jahr unser Release Konzert vor unseren Freunden und Familien gespielt. Die Location ‚The Pool‘ war ein ganz besonderer Ort: Eine alte Schwimmhalle mitten in einem Wohngebiet. Sie hat szenisch perfekt zum Thema von ‚Your Water‘ gepasst und hat sich am Abend des Konzertes irgendwie wie ein eigenes kleines Universum angefühlt.

Was sind die Challenges einer FLINTA Künstlerin? Am besten kann ich für mich als Künstlerin sprechen. Da kann ich auf jeden Fall sagen, dass es für mich eine der größten Challenges ist nach Hilfe und Support zu fragen. Da ich eigentlich keine richtige musikalische Ausbildung habe oder Instrumente spiele, entstehen meine Songs allein aus meiner Intuition und meinem Gefühl. Ich habe mittlerweile gute Wege für mich gefunden, damit zu experimentieren und zu arbeiten. Aber ich bin immer wieder auf Leute angewiesen, die diese Vision verstehen und mit der Expertise und dem Wissen unterstützen können, was mir fehlen. Ich glaube, dass es allgemein eine Challenge ist, zu wissen wann man Dinge abgeben darf und dass es ok ist, nicht alles allein zu können und zu tun, sondern die richtigen Menschen zu fragen.

Wie kann man FLINTA Künstlerinnen mehr Sichtbarkeit und Reichweite geben? Mein persönlicher Wunsch wäre glaub ich, dass sich Künstler*innen und Künstler generell mehr zusammentun und gemeinsam arbeiten und Projekte starten. Ich glaube, dass viele Menschen gemeinsam grundsätzlich coole Dinge auf die Beine stellen können. Miteinander Dinge ins Rollen bringen, statt allein oder gegeneinander zu arbeiten passt irgendwie gut zu dem, wie ich arbeite und denke. Mehr Leute können zusammen vielleicht noch sichtbarer werden und vor Allem wahrscheinlich auch eine gute Zeit, Spaß und sinnvollen Austausch haben. Vielleicht kommt dieser Gedanke aber auch hauptsächlich daher, dass ich echt Bock habe, mit neuen Leuten Musik zu machen und einfach mal Dinge ausprobieren mag.

Was ist das Schrägste, was dir bei Auftritten passiert ist? Bis jetzt gab es von der aktuell veröffentlichten Musik nur ein Konzert, daher ist die Sammlung noch relativ klein. Da muss ich sagen, dass es mich total überrascht hat, wie viel angespannter und aufgeregter ich war, als ich meine eigenen Songs performt habe. Ich war eigentlich nie so richtig nervös vor Auftritten vor großen Menschenmengen. Aber der Gedanke, nur vor bekannten Menschen zu singen, und das auch noch mit so persönlichen Texten, hat mich echt mehr gefordert als ich dachte. Auf der anderen Seite hat es sich aber auch danach noch besser angefühlt, weil ich wusste, dass ich wirklich ein kleines Stück von mir geteilt habe.

Wie würdest du die Düsseldorfer Musikszene beschreiben? Ich muss gestehen, dass ich sie gerade erst so richtig kennenlerne. Das erste Projekt war ein Anfang, um in einer neuen Stadt musikalisch Fuß zu fassen, beziehungsweise überhaupt einen Fuß vor die eigene Tür zu wagen. Mit diesem gestärkten Bild von dem, was ich selbst kann und möchte, würde ich mich gern ein bisschen freier in dieser Welt bewegen und schauen, wer und was hier noch so wartet. Um sich da so richtig reinzutrauen, brauchte ich allerdings erstmal ein bisschen Zeit, um mich mit dem, was ich tue sicher zu fühlen. Jetzt freue ich mich darauf zu entdecken, was hier in der Stadt noch so los ist und was noch passieren und entstehen kann.

Wo trifft man dich in Düsseldorf? In den letzten Jahren hat sich mein Radius sehr auf mein Wohnviertel Flingern fokussiert. An jeder Ecke treffe ich hier Freunde und bekannte Gesichter in jedem Café oder Laden. Das hat mir ganz schnell ein tolles Gefühl von Zuhause in einer eigentlich fremden Stadt gegeben. Ich genieße es aber gerade total, dass wieder mehr zu öffnen und mich in andere Ecken zu bewegen. Ansonsten spaziere ich viel und gerne und suche nach Orten, wo ich auch mal keinen Menschen um mich herumhabe. Meistens bin ich allerdings dort zu finden, wo irgendwas los ist.

Mit wem würdest du gerne ein Projekt machen? Ich durfte in meiner Zeit in Düsseldorf wirklich viele tolle Leute kennenlernen und jeder hat seine ganz eigenen Talente und Interessen. Mein Wunsch ist es eigentlich, mit so vielen Menschen wie möglich zusammenzuarbeiten, verschiedene Begabungen miteinander zu vernetzen und zu verbinden. Ich mag den Gedanken, dass die Umgebung mit allen Leuten und Ideen irgendwie zusammenkommt und in verschiedenen Projekten abgebildet wird. Und währenddessen darf gern das ein oder andere Bier getrunken werden.

Was bringt die Zukunft? Musikalisch bringt sie irgendwann ein neues EMLE Album, an dem gerade gebastelt wird. Da steckt ein ganz großes Stück von mir drin. Ich habe ziemlich viel in diesen Songs verarbeitet und einen coolen neuen Sound gefunden, der noch mehr aus mir selbst kommt und vielleicht noch ein Stück weit losgelöster von klassischen Song Strukturen ist. Ich habe richtig Bock daran zu arbeiten und würde am liebsten jetzt schon alles teilen.

Vielen Dank!

Text: Karolina Landowski
Fotos: Jil Krevet
© THE DORF 2023

English version:

Imagine it’s 2022 and women are still mercilessly underrepresented in the music business. Sadly this is true. Even if superstars like Beyoncé, Lizzo or Kate Bush are at the top of Spotify: If you take a closer look at bands or festival bookings, FLINTA are in the minority. FLINTA means women, lesbians, intersexual, non-binary, trans and agender people and thus all those who are patriarchally discriminated against because of their gender identity. The Düsseldorf concert series fem_pop is committed to their visibility. It was founded by the collective of the same name, which has made it its task to literally give FLINTA a stage and to network the artists in the music scene. Support is the keyword – not only to fuel well- known bands and solo acts, but in collective growth and resistance against patriarchal structures. “Unite & fight!” also says Düsseldorf musician Selena, who is currently taking off with her solo project Modular. In this issue, we present her and three other incredibly great artists from the Düsseldorf music scene – from pop to rap, from psychedelic to electronic music. Sounds and styles as diverse and experimental as each of their souls. Read and listen for yourself – our forever girl crushes.

Name: Emily Metzger
Artist name: EMLE
Age: 26

Profession: Retail designer / Design student
Instagram: emle.me

“My songs arise solely from my intuition.”

Ever since she can remember, Emily Metzger has stood on a stage: with a choir, a band or various musical projects. The 26-year-old is currently putting her passion for music into her solo project EMLE – with an experimental sound between melancholy and optimism. Her music reflects Emily’s soul life, constantly dealing with and changing experiences and emotions, with human encounters and moments of silence.

Introduce yourself. Who are you and what do you do? My name is Emily and I am 26 years old. I’m originally from Kassel, then I spent a few years in Frankfurt and four years ago my path brought me to Düsseldorf to study retail design. Alongside my studies, superexciting people and inspirations have crossed my path and various creative and artistic projects have emerged.

Your style in one sentence? Honest, a bit melancholic, but at the same time optimistic, dynamic and not intrusive. My music always reflects what is deeply on my mind at the moment and changes with my experiences and emotions, so I find it difficult to name a musical direction. So a few adjectives had to help out.

What are you working on as a musician right now? Last year in October I released my first EP “Your Water”. The work on it actually started with the first lockdown. That was the first time I really took ownership of all my songs and sketches. In the process, I had to learn to explain the ideas in my head. Since then, I’ve been working on creating new visions, working on new structures and melodies myself and experimenting completely freely. I’ve been writing and tinkering so much and I can finally start working on my new songs and ideas with new heads.

When you’re not making music, then… I’m writing new lyrics (and usually in very inappropriate situations, while I’m actually in the middle of a conversation, for example…), walking around with a coffee in my hand listening to music, sitting somewhere reading, meeting friends for a wine spritzer or working on other creative projects. Apart from that, I like to deal with art, design, objects, shapes, stones, beautiful things that everyday life brings and everything else that happens and gets in between.

What are the challenges of a FLINTA artist? I can best speak for myself as an artist. I can definitely say that one of the biggest challenges for me is to ask for help and support. Since I don’t really have any musical training or play any instruments, my songs come from my intuition and feeling alone. I have found good ways for me to experiment and work with that. But I am always dependent on people who understand this vision and can support it with the expertise and knowledge, which I lack. I think it’s a challenge in general to know when to hand things over and that it’s ok not to be able to and do everything on your own, but to ask the right people.

Where do people meet you in Düsseldorf? In recent years, my radius has become very focused on my residential district of Flingern. I meet friends and familiar faces on every corner in every café or shop. This has quickly given me a great feeling of being at home in what is actually a foreign city. But I’m really enjoying opening up again and moving to other corners. Otherwise, I like to walk a lot and look for places where I don’t have to be surrounded by people. Mostly, though, I can be found where there’s something going on.

What does the future hold? Musically, it will bring a new EMLE album at some point, which is being worked on right now. There’s a big piece of me in it. I’ve worked quite a lot into these songs and found a cool new sound that comes more from myself and is maybe a bit more detached from classic song structures. I really feel like working on it and would love to share everything right now.

Thank you very much!

THE DORF • THE MAG is part of the #urbanana project by Tourismus NRW

 

Autor
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