„Produktive Bildstörung“ Sigmar Polke und aktuelle künstlerische Positionen

Sigmar Polke Amerikanisch-Mexikanische Grenze, 1984Tagesleuchtfarbe, Dispersion auf Nessel, Museum Frieder Burda, Baden-Baden© The Estate of Sigmar Polke, Cologne / VG Bild-Kunst, Bonn 2021

Zum 80. Geburtstag von Sigmar Polke realisiert die Anna Polke-Stiftung gemeinsam mit der Kunsthalle Düsseldorf eine Ausstellung, die Polkes Werke mit aktuellen künstlerischen Positionen zusammenbringt. Die Ausstellung „Produktive Bildstörung“ ist vom 13. November 2021 bis zum 6. Februar 2022 in der Kunsthalle Düsseldorf zu sehen. Begleitet wird die Ausstellung von einem mehrtägigen Festival an der Kunstakademie Düsseldorf (25. bis 27. November 2021).

Fake News durch Bildmanipulation (trotz HD-Auflösung), Virtual Reality, ein unendlicher Bilderkosmos aus sich immer weiter verbreitenden JPEGs und GIFs: Längst leben wir mit dem Bewusstsein, dass wir unseren Augen nicht trauen können und dass Bilder, ob manuell oder technisch hergestellt, die Realität weniger abbilden als sie vielmehr mitgestalten – Übertragungsfehler, Qualitätsverluste, Hacks und andere Störungen inbegriffen.

Als Sigmar Polke Anfang der 1960er Jahre an der Kunstakademie Düsseldorf studierte, richtete sich sein Interesse schnell auf die massenmedial verbreiteten Bilder seiner Zeit. Das Übertragen und Stören, das Transformieren und Umcodieren dieser Bilder, inklusive der dabei entstehenden oder enttarnten Bild-Fehler, wurde in seinen Rasterbildern zum Motiv und frühen Markenzeichen.

Zum 80. Geburtstag von Sigmar Polke initiierte die Anna Polke-Stiftung das Jubiläumsprojekt Produktive Bildstörung mit dem Ziel, Polkes Werk an gegenwärtige Bild- und Mediendiskurse anzubinden und so neue Perspektiven darauf zu eröffnen. Gemeinsam mit der Kunsthalle Düsseldorf realisiert die Stiftung eine Ausstellung, die Sigmar Polke mit aktuellen künstlerischen Positionen zusammenbringt. Gezeigt werden Werke von Kerstin Brätsch, Phoebe Collings-James, Raphael Hefti, Camille Henrot, Trevor Paglen, Sigmar Polke, Seth Price, Max Schulze und Avery Singer.

 

Im Fokus des Projekts steht ein zentraler Aspekt im Gesamtwerk Sigmar Polkes: der auf Appropriation und Sampling basierende Umgang mit bereits existierenden Bildern. Hierfür wird der Begriff Produktive Bildstörung in Anspruch genommen, der sowohl als Technik als auch als künstlerische Methode Polkes verstanden wird, die nicht nur die Wahrnehmung der Betrachter*innen herausfordert, sondern auch die gegenwärtige Kunstproduktion entscheidend prägt.

Ob Reproduktion, Manipulation, Vergrößerung, Mehrfachbelichtung, Farbexperiment, Druckfehler oder Collage – die Störung(en) im Bild bzw. die Überlagerung und Veränderung von Bildern und Bildvorlagen, die aus ihrem ursprünglichen Zusammenhang gelöst wurden, ist von Beginn an Polkes Arbeiten und Denken inhärent.

Angelehnt an die aktuelle Forschung, die Sigmar Polke als universalen Zeitgenossen und postmodernen Künstler begreift, der sich an unterschiedlichsten Bild- und Zeit-Kontexten bedient, wird erstmals der Blick geschärft für ein spezifisches Vorgehen, das Polkes Gesamtwerk charakterisiert. Polkes Technik, sein Umgang mit unterschiedlichen Medien, Kontexten und Materialien, setzt auf das Potential des vermeintlich Fehlerhaften, Verschwommenen und Veränderbaren.

Seine Werke spielen mit der Lust an der Täuschung durch Bilder und hinterfragen dabei auf unterschiedliche Weise und in verschiedenen Medien die Wirkmacht von (manipulierten) Bildern. Dies wird neben den in der Ausstellung gezeigten Gemälden auch in seinen Editionen, Druckgrafiken, fotografischen Arbeiten, Künstlerbüchern oder Katalogbeiträgen deutlich. Diese produktive Störung der Bilder stellt auch für eine gegenwärtige Generation von Kunstschaffenden eine zentrale Strategie dar. Die Arbeiten zeitgenössischer internationaler Künstler*innen zeigen neue Techniken und Methoden, die die Bildstörung auch heute als produktiven Ausgangspunkt kreativen Schaffens herausstellen, um künstlerische, kulturelle und politische Fragen zu verhandeln.

Innerhalb eines mehrtägigen internationalen Festivals an der Kunstakademie Düsseldorf (25.– 27.11.2021) knüpfen Akteur*innen unterschiedlicher Disziplinen an die Themen der Ausstellung an. Die Entstehungszusammenhänge, Wahrnehmungsbedingungen und Erscheinungsformen des Phänomens sowie das produktive Potential der Bildstörung – damals und heute – werden in theoretischen und künstlerischen Beiträgen verhandelt.

Zur Ausstellung erscheint ein Katalog im Distanz-Verlag. Ein Vermittlungsprogramm in Kooperation mit Studierenden der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (Prof. Dr. Ulli Seegers) sowie ein Rahmenprogramm mit Führungen und Artist Talks (Kerstin Brätsch, Max Schulze) runden das Jubiläumsprojekt ab.

Die Eröffnung der Ausstellung ist am Freitag, 12. November 2021, 18 bis 22 Uhr und wird kuratiert von Kathrin Barutzki und Nelly Gawellek (beide Anna Polke-Stiftung) mit Gregor Jansen (Kunsthalle Düsseldorf).

© THE DORF 2021
Fotos: siehe Bildbescheibung

Produktive Bildstörung. Sigmar Polke und aktuelle künstlerische Positionen
13. Nov. 2021 – 6. Feb. 2022

Kunsthalle Düsseldorf
Grabbeplatz 4
40213 Düsseldorf

Öffnungszeiten

Di.-So., Feiertage: 11 bis 18 Uhr

Alle Infos, auch zum Rahmenprogramm:
www.kunsthalle-duesseldorf.de

 

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