WE ARE HERE _ group exhibition

Irgendwo im Nirgendwo könnte die Wegbeschreibung zu einer bevorstehenden Ausstellung in Düsseldorf sein. Dabei befindet sich die Location im absoluten Stadtzentrum, direkt neben der neugeschaffenen Toulouser Allee, fußläufig zu Szenelokalen und hochmodernen Herbergen wie dem 25hours und B&B Hotel.

Doch den besagten Ort gibt es eigentlich gar nicht bzw. wurde er bisher nie als solcher wahrgenommen. Es ist eine sogenannter Unort, eine Brachstelle zwischen den Gleistrassen am Wehrhahn, eine auf den ersten Blick nutzlose Schnittmenge der umliegenden Zweckbebauung – schlichtweg nur ein unkrautbewachsener grüner Streifen inmitten von Betonmauern. Zur Zeit ist dieser eigentlich tote Ort so lebendig wie nie, rund 20 Künstler arbeiten seit einigen Tagen fleißig daran, hunderte Quadratmeter staubiger poröser Wand mit Sprüh und Wandfarbe bunt und auch von der Wehrhahnbrücke aus sichtbar zu machen. Die in den Rundbögen entstehenden Bilder sind Ausdruck ihrer Kunst, beeinflusst von Graffiti, Urban Art und Illustration, teils gespickt mit versteckten Botschaften, teils einfach nur schön anzusehen.

Zwischendurch hallt die Sprechanlage der ca. fünf Meter höher liegenden Haltestelle herüber, dann hört man die Turmuhr der Elisabethkirche schlagen, aber viel mehr Lärm dringt eigentlich nicht auf den schmalen Pfad parallel der Schienen. Man fühlt sich irgendwie als stehe man in der überdimensional großen Fuge eines Kopfsteinpflasters, unsichtbar und isoliert aber dennoch mitten drin.

Doch auch schon bevor Veranstalter Fabian, der Mitglied des Kollektivs Projekt Rooooom ist, das Bahngelände entdeckt hat, bot der Ort Zuflucht. Wie zum Beispiel für Jörg, der vier Jahre in dem an das Bahngelände angeschlossenen Tunnel gelebt hat und dem kulturschaffenden Besuch auf seinem ehemaligen Revier gerne beiwohnt. Mittlerweile hat Jörg auch Dank Unterstützung des Teams vom Düsseldorfer Asphalt Festival wieder einen Wohnsitz und sich selbstständig gemacht. Ab und an kehrt er aber in sein ehemaliges zu Hause am Wehrhahn zurück, denn niemand anderes kennt diesen Ort und seine vielen Facetten so gut wie er.

Fabian (Projekt Rooooom & Veranstalter): “Ich dachte von Anfang an, dass dieser Ort besonders ist und habe in meinem Kopf Ideen gesponnen, was man dort alles machen könnte. Zu Beginn diesen Jahres hab ich dann den Entschluss gefasst es zu probieren, obwohl keiner geglaubt hat, dass es überhaupt funktionieren würde, da die Unterstützung der Stadt für solche Projekte eher mau ausfällt.”

Es stellte sich heraus, dass der Platz Privateigentum des Unternehmens Die Bahn ist, und diese demnach auch die Genehmigung für jegliche Nutzung zu erteilen hatte. Es brauchte über ein halbes Jahr Hartnäckigkeit von Fabian und ein gut formuliertes Konzept bis Die Bahn letztendlich einwilligte. Zusätzlich stellte sie sogar ein paar Fördergelder zur Verfügung um Farben und Malutensilien zu kaufen.

Johanna (Projekt Rooooom): “In 50 Jahren werden wahrscheinlich 80% der Weltbevölkerung in Städten leben, deshalb wird es immer wichtiger wie wir Städte gestalten. Wir beobachten zunehmend, dass der öffentliche Raum nicht wirklich für die Öffentlichkeit gemacht ist. Stadtzentren werden eher zu Konsumzentren oder zu Durchfahrtsstraßen, aber es gibt kaum Raum für kreative Nutzung. Und obwohl in der Stadt so viele Menschen, Nationalitäten, Eindrücke und Ideen aufeinanderprallen und es großes Potenzial gibt, muss es dafür aber auch einen Platz geben, an dem sich das Potenzial entfalten kann. Es geht hier auch gar nicht nur darum ein paar Wände anzumalen, denn was hier passiert liegt viel tiefer. Mit dem Titel “We Are Here” wollen wir auf uns und alle aufmerksam machen, die hier sind und etwas machen und die Stadtentwicklung verändern wollen.”

Was mit dem Ort in Zukunft passiert steht noch in der Luft. Eine diskutierte Möglichkeit sei wohl das Grundstück aufzuschütten und ein zusätzliches Gleis zu bauen. Doch wäre der Verlust viel zu schade, denn wo wären die rund 20 lokalen und internationalen Künstler, die an der Gruppenausstellung mitwirken sonst?

We Are Here.

Am Freitag und Samstag gibt es neben der Kunst, Getränke und Musik, sowie laut Wetterbericht beste Bedingungen für eine gelungen unkonventionelle und seltene Veranstaltung!

WE ARE HERE group exhibition
S-Bahn-Haltestelle Am Wehrhahn

Freitag 23.08. ab 18 Uhr
Samstag 24.08 ab 17 Uhr

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Fotos: Nina

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