RAW • AUSSTELLUNG @ KIT

Sabrina Podemski, Vertigo

Raw bedeutet roh und RAW-Bilder sind unbearbeitet und unkomprimiert, eine Masse, die erst noch zum Bild geformt werden muss. Ein RAW-Foto hat – im übertragenen Sinn – den Zustand einer analogen Filmrolle, die in Entwicklerflüssigkeit in der Dunkelkammer liegt. In dieser Ausstellung sind die Entwickler fünf Künstlerinnen und Künstler, die mit rohen Daten auf unterschiedliche Weise umgehen und ihre Ergebnisse ab dem 17. Juni 2023 im KIT präsentieren. Diese von den Künstlerinnen und Künstlern mit RAW betitelte Ausstellung beschäftigt die Augen, den Geist und manchmal sogar den ganzen Körper – so, wie es Bilder heute tun auf digitalen Geräten, die viele Alben und Mediatheken beherbergen. Vielleicht findet man im KIT eine Antwort auf die Frage, wie man sieht, was man sieht und ob man nicht selbst die Entwickler:in der Bilder ist, denen man überall begegnet. 

Ulrike Kazmaier, Dylan Maquet, Sabrina Podemski, Johannes Raimann und Moritz Riesenbeck haben sich vom klassischen Bildumgang längst entfernt und benutzen fotografische Geräte, Technik und Aufnahmen als Inspiration für künstlerische Arbeiten, als Skizzen oder als Negative für neue Formen. Dies geschieht in direkter, auf das Fotografische bezogene Weise. Zum Beispiel, wenn man einen Vorhang öffnet und ein Fotoblitz das Auge blendet, das dann ein eigenes Bild produziert, oder indirekt, wenn ein fotografisches Bild nur noch als Erinnerung in eine Installation einfließt.

Gleich beim Eintreten in die Ausstellung begegnet man einer grundlegenden Thematik der fotografischen Arbeit: der Schärfe. Johannes Raimann nimmt sich ihrer fast spielerisch an mit seinem Video „Scharfzeichner“. Mit Kamerafahrten von Tabellen, Telefonbucheinträgen und Rasierklingen mit sogenannten Ameisenlinien verweist er auf das Verhältnis von fotografischer Technik und menschlicher Wahrnehmung. 

Im Gang lehnen sich Dylan Maquets „Tired Paintings“ an die Wände und scheinen durch ihre wuchtige Größe den Weg in den Ausstellungsraum unterbrechen zu wollen. Die gebogene Form der Stahlrahmen erinnert an gebeugte und erschöpfte menschliche Körper. Auf den Rahmen ist ein transparenter Stoff gespannt, eine Haut, auf der hier und da angedeutete Figuren und Gegenstände abgebildet sind. Der Künstler macht mit seinem Smartphone Schnappschüsse von Menschen, Situationen und Räumen, oft in seinem privaten, alltäglichen Umfeld, und sammelt die für ihn sehr emotionalen Momente in einer Cloud wie in einem Skizzenbuch.

Drei frei im Raum stehende Prismen, sie sind beklebt mit Drucken und erinnern an eckige Litfaßsäulen, sind die Bildträger für das Werk „Vertigo“ von Sabrina PodemskiWie in einem Skulpturengarten, kann man die meterhohen Einbauten im Raum umrunden und so jedes Bildfragment aus einer anderen Perspektive sehen. Die Künstlerin ergründet auf diesen Wänden die Dimensionen des Screenshots aus malerischer und szenografischer/bühnenbildnerischer Perspektive. Dabei testet sie die Grenzen des Bildes aus, als materielles Objekt einerseits und als Abbild andererseits. To capture a screen bedeutet, eine Momentaufnahme des Smartphone- oder Tablet-Bildschirms zu speichern. 

In drei Leuchtkästen im Gang, „Touch it“ betitelt, befinden sich die digital gemalten Hände von Ulrike Kazmaier, wie sie dem Gestus des Berührens sowie Wischens folgen und dabei als flüchtiges Werkzeug agieren, das wiederum eine malerische Stimmung schafft. Die durch das Abfotografieren des Bildschirms changierende Oberfläche wirkt durch das von hinten scheinende Licht transparent-magisch. 

Im hinteren Teil des KIT hat Moritz Riesenbeck einen Raum im Raum geschaffen. Der hier aufgebaute Einbauschrank, offensichtlich eine wertige Maßanfertigung aus den 1970er-Jahren mit einem verborgenen und ausklappbaren Bett, stammt aus einer Haushaltsauflösung im Rheinland und vermittelt ein vages Gefühl von Endlichkeit. Wer hat hier gelebt, wo ist dieser Mensch nun, was war der Grund für das Verlassen seiner Behausung? Moritz Riesenbeck stellt sich diese Fragen und erforscht, wie über fotografische Dokumentation hinaus das Leben von Menschen archiviert werden kann. Denn Fotografie kann niemals vollständig erfassen, was sich in Räumen abspielte und was ein Schicksal ausmacht.

Mehr Infos zur Ausstellung findet Ihr hier… https://www.kunst-im-tunnel.de/exhibition/raw/ 

RAW
17. Juni bis 24. September 2023

KIT – Kunst im Tunnel 
Mannesmannufer 1b
40213 Düsseldorf
www.kunst-im-tunnel.de  

Text: Presse
Fotos: KIT/ Siehe Bildbeschreibung
© THE DORF 2023 

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