Christian Goldmann • Friendly Hunting

Großzügig und luftig ist der im Februar an der Heinrich-Heine-Allee eröffnete Friendly Hunting Store. Das weiche Licht und die sanften Naturtöne bilden den zurückhaltenden Rahmen zur Präsentation der Kollektionen, deren Farben und Pattern im Kontrast umso kraftvoller wirken. 2005 gründeten Christian und Michaela Goldmann ihre Brand mit luxuriösen Cashmere Schals und Stolen.  Das Repertoire ist gewachsen. Blusen, Kimonos, Kleider, Shirts und auch Parfum, Porzellan sowie weiteres Interieur zählen zum Sortiment. Was andere Fashion Brands unter Cruise Collection präsentieren, prägt bei Friendly Hunting das gesamte Design.

Man möchte sofort packen und ins nächste ‚The White Lotus‘-Resort entfliehen. Im Gepäck: einen federleichten, pudrigen Cashmere-Schal mit dem Signature Print ‚Garden Eden‘. Herausragend sind nicht bloß die exquisiten Materialien wie Cashmere und Seide, sondern vornehmlich die von Nachhaltigkeit durchwobene Firmenphilosophie. Der Knitwear-Spezialist ist seit 2021 GOTS-zertifiziert, das Siegel indes sucht man vergeblich. Warum das so ist, und weitere Fragen haben wir Christian Goldman im Interview gestellt.

Ihr seid im Februar von der Trinkausstraße an die Heinrich-Heine-Allee gezogen und habt Euch vergrößert. Der neue Friendly Hunting Store wirkt ausgesprochen einladend und sehr ausbalanciert. Was zeichnet das Ladenkonzept aus? Christian Haas, unser Interior Designer, der die Stores in München und Frankfurt gestaltet hat, hat sich auch in Düsseldorf für organische Formen entschieden und unsere Neigung zum Buddhismus im Sinne der Lebensphilosophie berücksichtigt. Die rundgebogenen Kleiderständer sind beispielsweise so aufgestellt, dass sie ein durchbrochenes Unendlichkeitssymbol bilden. Bei der Farbgebung des Stores haben wir uns wiederum von natürlichen Cashmere-Tönen inspirieren lassen.

Du hast die Brand Friendly Hunting 2005 gemeinsam mit Deiner Frau im Chiemgau gegründet. Was hat Dich dazu bewegt und wie kam es, dass Du dich für Nepal als Produktionsort entschieden hast? Wir waren zu dem Zeitpunkt bereits jahrelang in der Modebranche und haben immer wieder in New York gelebt. Dass die Modeindustrie viel zerstört, ist bekannt. Und auch der American Way of Life wirft Fragen auf. Wir hatten den Wunsch etwas zu verändern. Ungefähr zu dem Zeitpunkt zeigte uns ein Freund, der Fotograf ist, seine Bilder aus Nepal und brachte uns das Land näher. Nepal erwies sich dann bei meinem ersten Besuch als echte Herausforderung – die Luftfeuchtigkeit, die Gerüche, die auf einen einströmen, die Unruhe und permanente Wuseligkeit, das unterscheidet sich sehr von den gängigen Landschaftsaufnahmen, die man von Nepal im Kopf hat. Wenn Sie aber mit dem Herzen schauen, treffen Sie vor allem auf neue Perspektiven. Da ist der tiefe Respekt füreinander, der Buddhismus, der allem zugrunde liegt und die Idee von Ganzheitlichkeit als Grundvoraussetzung für ein gutes Morgen. Es sind die Menschen und nicht die Landschaften Nepals, die einen umwerfen. Ich habe schließlich Geschäftspartner vor Ort gefunden und unsere gemeinsamen Ideen von Nachhaltigkeit waren die treibende Kraft, auch allerhand Widerstände zu überwinden. Bis heute arbeiten wir mit unseren Geschäftspartnern zusammen, die übrigens momentan in Düsseldorf zu Besuch sind.

Euer Unternehmen ist seit 2021 GOTS-zertifiziert. Mir ist aufgefallen, dass die Kollektionsteile nicht mit dem GOTS-Siegel ausgezeichnet sind. Warum nicht? Zunächst machen wir das nicht aus Marketinggründen. Wir hatten bereits andere Schritte für Umweltmanagement – wie ISO 14001 – abgeschlossen. Unsere Garne sind kbT-zertifiziert. Wir arbeiten jetzt seit 15 Jahren mit unserem Lieferanten zusammen, der ‚Traceable Cashmere‘ anbietet. Tierhaltung, die maximale Stückzahl an Ziegen und weitere Qualitätsmerkmale sind garantiert. Denn unser Lieferant ist beispielsweise GOTS-zertifiziert und hat den ‚The Good Cashmere Standard‘. GOTS war und ist für uns das höchste Zertifizierungslevel. Aber als wir in Nepal anfingen, waren die Voraussetzungen dafür noch nicht gegeben. Es war beispielsweise sehr komplex eine Wasserfilteranlage zu bauen. Hinzu kamen Themen wie Ausbildung der Mitarbeiter:innen oder auch, dass gewisse Produktionsschritte getrennt ablaufen müssen, selbst wenn die einzelnen Stoffe GOTS-zertifiziert sind. Wir sind stolz darauf, dass wir es geschafft haben, als Unternehmen die Anforderung von GOTS zu erfüllen. Aber wie gesagt, hat das nichts mit Marketing zu tun. Uns reicht es, dass es in den Lookbooks steht und unsere Mitarbeiter:innen in den Stores diesbezüglich geschult sind.

Derzeit ist ein Trend in aller Munde: Quiet Luxury. Durch die Serie ‚Succession‘ wurde dieser zusätzlich gepusht. Einige Merkmale wie Erkennungswert durch Qualität und Signature Looks, Preissegment und Materialien treffen auch auf Friendly Hunting zu. Wie stehst Du dazu? Ich kalkuliere nicht mit diesen Leuten, den Superreichen, die sich alles erlauben können. Mir ist wichtig, dass Luxus Freude bringt. Luxus ist für jede:n unterschiedlich. Wenn ich zum Beispiel hier im ‚The Duchy‘ esse und der Chefkoch, den ich mittlerweile persönlich kenne, zaubert mir und meinen Geschäftspartnern – wir alle sind Vegetarier – etwas Großartiges und gibt sich damit viel Mühe, dann weiß ich das sehr zu schätzen. Das ist für mich Luxus, das ist für mich nichts Alltägliches. Für eine:n andere:n bedeutet Luxus, freie Zeit zu haben. Ich denke, solche Megatrends wie ‚Quiet Luxury‘ sagen alles und nichts aus.  Wissen Sie, manchmal verirren sich auch Leute zu uns und realisieren, dass es nicht ihre Preislage ist. Wir bieten aber auch Produkte in einer Einstiegspreisklasse. Wir wollen niemanden ausschließen. Wir wollen jede:n einladen, sich für Friendly Hunting begeistern zu können.

Abgesehen von dem nachhaltigen Engagement im Unternehmen, hast Du einen Verein namens Namasté e. V. gegründet. Wie kam es dazu und wofür setzt Du Dich ein? Die Situation der Waisen in Nepal hat dazu geführt, dass wir angefangen haben uns für Kinderheime zu engagieren. Wir mussten aber feststellen, dass es zu Unregelmäßigkeiten bei der finanziellen Unterstützung der Waisenhäuser kam und beispielsweise für Geldwäsche missbraucht wurde. Das hat sich glücklicherweise mittlerweile geändert und wird in Nepal stark kontrolliert. Damals habe ich mich aber entschieden, selbst etwas zu machen. Meine Idee war, den Chancenlosen eine Chance zu geben. Zu dem Zeitpunkt hatten wir bereits die schulische Ausbildung von den 250 Kindern unserer Mitarbeiter:innen in Nepal finanziert. Nachdem unsere Geschäftspartner sich mit der Manufaktur finanziell gut aufgestellt hatten, haben diese das Schulprojekt übernommen. So konnten wir uns auf Waisenkinder fokussieren. Wir haben ein Kinderheim gegründet bestehend aus zwölf Kindern und fünf Mitarbeiter:innen, das sind studierte Pädagog:innen und Menschen, die in NGOs gearbeitet haben. Heute sind unsere Kinder zwischen zwölf und 18 Jahren alt. Für mich ist das eine mega Freude, wenn ich sehe, wie selbstbewusst und klug die sind. Eine ist auf dem Weg zum Medizinstudium. Ich bin sehr involviert in Namasté e. V., auch weil ich das nicht einfach abgeben kann.  Ich lese alle zwei Tage irgendwelche Berichte und muss mich intensiv kümmern. Aber man kann damit auch viel verändern. Es macht unsere Welt zu einem besseren Ort. Das ist entscheidend. Darum geht es im Leben. Wenn man hier abritt, kann man sowieso nichts mitnehmen und das ist eine gute Hinterlassenschaft.

Ich möchte zu Abschluss noch eine Frage stellen. Was magst Du an Düsseldorf besonders? Ich schätze die unglaublich angenehme Größe, man kann im Stadtbereich alles zu Fuß erreichen. Ich mag das enorm Aufgeschlossene und Moderne in der Architektur. Das zeigt die Offenheit dieser Gesellschaft. Ich mag die Kunst, die ist fantastisch. Der Rhein ist eine Kraftader und schenkt Düsseldorf eine unheimliche Energie. Natürlich ist Hinkel meine Lieblingsbäckerei und es fasziniert mich, dass Menschen bereit sind, für das Brot anzustehen.  Ich nehme auch immer Hinkel-Brot mit nach Hause. Und ich habe das israelische Restaurant ‚Die Kurve‘ kürzlich entdecket. Mega! Düsseldorf ist uns insgesamt als Standort extrem ans Herz gewachsen.

Friendly Hunting Store Düsseldorf
Heinrich-Heine-Allee 36
40213 Düsseldorf
www.friendly-hunting.com/pages/signature-store-duesseldorf

Weitere Infos auf www.friendly-hunting.com

Good to know

GOTS ist die Abkürzung für Global Organic Textile Standard. Die meisten kennen es als Siegel für Biobaumwolle. GOTS zählt zu den wichtigsten internationalen Standards in der Qualitätssicherung von biologischen Naturfasern. Darüber hinaus können Unternehmen, wie zum Beispiel Friendly Hunting, sich GOTS zertifizieren lassen. Das bedeutet, nicht nur die Fasern, sondern die ganze Produktionskette muss ökologische und soziale Kriterien erfüllen.

ISO 14001 ist eine europäische Norm für Umweltmanagement mit Schwerpunkt auf einen stetigen Verbesserungsprozess der Ökobilanz.

kbT, kurz für kontrolliert biologische Tierhaltung.

The Good Cashmere Standard wurde 2019 von der Aid by Trade Foundation initiiert und gewährleistet nachhaltig gewonnenen Cashmere. Sowohl artgerechte Tierhaltung als auch die Lebendbedingungen der Farmer:innen finden Berücksichtigung.

(c) THE DORF, 2023
Text: Cynthia Blasberg
Fotos: Kristina Fendesack

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