UNTOLD

Name: Sarah Julie Righetti
Alter: 39
Beruf: Freiberuflerin, Gründerin Untold
Gelernter Beruf: Bekleidungstechnikerin

Name: Lea Rohe
Alter: 29
Beruf: Yogalehrerin, Stylistin, Gründerin Untold
Gelernter Beruf: Kulturwissenschaftlerin

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Bei einem Neujahrsspaziergang ist Lea Rohe und Sarah Julie Righetti die Idee eines nachhaltigen Concept Stores für Second Hand und Vintage-Kleidung gekommen. Ihr Online-Shop „Untold“ lässt gebrauchte Kleidungsstücke wieder neu aufleben und gibt, wie der Name schon verrät, die Chance, die individuellen Geschichten der Kleidung neu zu erzählen. Vintage soll anders gedacht werden: Fernab von vollgestopften Läden gründeten Sarah und Lea einen Online-Store, der hochwertige gebrauchte Kleidung und Accessoires in kuratierten Kollektionen verkauft. Mit „Untold“ haben Sarah und Lea ein Konzept gefunden, das ihre Leidenschaft für Mode mit ihren ethischen Vorstellungen von Konsum vereint. „Untold“ verfolgt nicht nur einen nachhaltigen Weg, im Trend zu liegen, sondern bricht mit Geschlechterstrukturen und -kategorien. Alle Kleidungsstücke sind unisex und genderneutral.

Euer Concept Store heißt Untold – Stories that need to be told, welche Stories möchtet Ihr erzählen? Lea: Unser Repertoire besteht größtenteils aus Vintage, aber auch Second Hand-Kleidung. Wir möchten die Geschichten der Kleidung wieder aufleben lassen.

Sarah: Der Zusatz “Stories that need to be told” soll etwas über die Kleidung, die schon einmal in Gebrauch war, verraten. Vintage beschreibt sich dadurch, dass die Stücke mindestens 30 Jahre alt sein müssen. Neben den gelebten Geschichten wollen wir dieser Kleidung auch eine Neue geben, die ein neuer Besitzer oder eine neue Besitzerin ihr geben kann. Hinter Untold steckt ein Concept-Store Gedanke. Wir arbeiten mit Locals und kleineren Produktionen zusammen, hinter denen ebenfalls eine Geschichte steckt. Sei es Schmuck, Interior oder Lifestyle Produkte, all diese Dinge haben eine Geschichte zu erzählen, die sich um das Kleidungsstück dreht. Diese Stories sollen sichtbar werden.

Wie kam es zu Untold? Aus welchen Bereichen kommt ihr und warum habt Ihr Untold gegründet? Lea: Wir haben uns durch die Arbeit kennengelernt und uns schon immer über Mode, Trends und vor allem auch Second Hand und Vintage-Kleidung unterhalten. Ich habe Sarah bei einem Brunch erzählt, dass ich irgendwann gerne einen eigenen Laden hätte. Das ist ihr nicht mehr aus dem Kopf gegangen und ein paar Tage später kam sie mit der Idee von Untold auf mich zu. Es war der 1. Januar 2020 bei einem Neujahrsspaziergang. Daraufhin haben wir ungefähr ein halbes Jahr an der Idee gebastelt.

Sarah: Als Bekleidungstechnikerin hatte ich immer etwas mit Mode zu tun und bin ihr mit Untold auch treu geblieben. Ich war zu dem Zeitpunkt in einer Findungsphase und während der Corona-Pandemie hatte ich meinen Job verloren. Ich wollte Second Hand neu denken. Weg von dem typischen Bild der vollgestopften Läden. Es sollte cleaner sein. Das war die Grundidee.

Wie würdet Ihr den Stil von Untold beschreiben und was ist das Besondere an Eurem Shop? Sarah: Der Stil ist klassisch, minimalistisch und zeitlos. Der Fokus liegt auf Sakkos, Anzügen und Hosen, die auf individuelle Art und Weise kombiniert werden können.

Lea: Es sind die klassischen Wardrobe-Essentials, die aber auch im Trend liegen. Unser größtes Alleinstellungsmerkmal ist, dass die Kleidung unisex ist. Wir denken weder in Geschlechtern noch in Kategorien. Kleidung hat keine Geschlechter. Es ist vielmehr die Gesellschaft und wie wir die Kleidungsstücke tragen, die ihr ein Geschlecht geben.

Euer Sortiment besteht aus Vintage- und Second-Hand-Kleidung. Wie kommt die Ware zu Euch und wie tragen sie zu einem nachhaltigen Konsum bei? Sarah: Wir haben einen Bekannten, der schon lange Vintage sammelt und uns größtenteils mit den hochwertigen Vintage-Stücken versorgt. Das ist bisher unsere Hauptquelle, aber wir suchen uns die Teile auch selbst zusammen und gehen auf Flohmärkte oder entsprechende Stellen, wo Second Hand und Vintage verkauft wird. Bereits zu Beginn haben wir uns überlegt, welche Marken wir vertreten und haben wollen. Wir nehmen keine Kleidung von den vertikalen Unternehmen, hinter denen wir nicht stehen. Wir haben Marken in unseren Kollektionen, die selbst nachhaltig produzieren, aber die sind erst in den letzten Jahren groß geworden. Daher gibt es noch nicht so viel Second Hand-Ware von diesen Brands. Wir hatten einmal einen Mantel, da stand “genäht in Düsseldorf” auf dem Schild. Das war cool zu sehen.

Lea: Die Kollektionen bestehen aus ungefähr 25 Teilen. Wir kaufen die Kleidungsstücke nicht in Massen, sondern gehen wie zwei Trüffelschweine auf eigene Schatzsuche. Unser Anspruch ist Qualität statt Quantität. Der Verkauf von Vintage-Kleidung ist die nachhaltigste Variante, die für den Konsum von Kleidung aufgebracht werden kann. Alles ist schon da und wir benötigen nichts Neues. Aktuell sind zum Beispiel die 2000er wieder im Trend. Da findet man vieles im eigenen Kleiderschrank wieder. Wir kommen beide aus dem Retail-Bereich, der eigentlich immer mit Fast Fashion in Verbindung steht. Bei der Gründung haben wir uns gesagt, dass wenn wir etwas Eigenes machen, wir auch moralisch und ethisch dahinterstehen wollen.

Wie wählt Ihr Eure Kollektionen aus? Was soll Eure Kleidung ausdrücken? Lea: Dass wir überhaupt in Kollektionen planen, ist für Second Hand und Vintage-Kleidung schon ungewöhnlich. Wir bestimmen eine Kollektionsfarbe und suchen der Saison entsprechende Kleidung. Obwohl wir nur Einzelstücke haben, sollen sie zusammen einen Sinn ergeben, sodass ein runder Drop entsteht.

Sarah: Unsere Kleidung drückt ein Stück weit auch uns aus. Lea und ich bilden da eine Symbiose. Wir haben meistens intuitiv dieselben Farben oder Materialien für den nächsten Drop im Kopf. Alles, was wir dahaben, würden wir auch selbst anziehen.

Slow Fashion und Preloved Fashion bekommen einen immer höheren Stellenwert: Habt Ihr Euer Konsumverhalten in den letzten Jahren verändert und wenn ja wie? Lea: Mein Kleiderschrank besteht mittlerweile fast nur noch aus Second Hand oder Vintage-Kleidung. Ich möchte mich nicht davon freisprechen, auch mal etwas Fast Fashion zu kaufen, aber dann versuche ich die Teile so zu wählen, dass ich sie viele Jahre tragen kann. In den letzten Jahren ist die Verfügbarkeit und die Erreichbarkeit von Second Hand und Vintage gestiegen, sodass es viel einfacher ist, gebrauchte Kleidung zu kaufen. Das ist auch eine finanzielle Frage: Gute Brands und gute Materialien kann man für einen Bruchteil des Geldes erhalten, was sonst in der Fast Fashion für neue Kleidung ausgegeben werden muss.

Sarah: Bei mir ist es ähnlich. Schon als Teenagerin bin ich oft auf Flohmärkte gegangen und habe vorrangig Schuhe und alte Taschen gekauft. Das hat sich in den letzten Jahren noch verstärkt. Das Sortiment in meinem Kleiderschrank hat sich da in den letzten Jahren um einige Kategorien erweitert.

Gibt es andere Labels, Kunstschaffende oder Designer*innen, die Euch bei der Auswahl beeinflussen oder inspirieren? Sarah: Ich glaube, wir inspirieren uns gegenseitig. Ich kann keine andere Person nennen. Es gibt gewisse Läden, die einen inspirieren, aber eine bestimmte Person aus dem öffentlichen Leben habe ich nicht. Die Menschen auf der Straße und was sie tragen inspirieren mich auch.

Lea: Mir fällt auch keine explizite Designer*in ein. Vielleicht ist es vielmehr ein Stil oder ein Gedankengut, durch das wir beeinflusst werden. Wie zum Beispiel der Bauhaus-Stil: Eine Form folgt einer Funktion oder die Kleidung soll zum Menschen passen und nicht der Mensch in die Kleidung.

Was bereitet Euch die meisten Freude an der Arbeit von Untold? Sarah & Lea: Das Suchen der Kleidung, die Editorials und die Zusammenarbeit.

Das perfekte Outfit für einen Herbstspaziergang durch die goldgelb-gefärbten Parks von Düsseldorf? Sarah & Lea: Definitiv ein Hosenanzug kombiniert mit Sneakers, einem Pulli und einer Käppi. Diesen Herbst in Nussbraun. Ein Hosenanzug funktioniert eigentlich das ganze Jahr über.

Was sind Eure Lieblingsorte in Düsseldorf? Sarah: Das manko und das velvet café. Im manko haben wir alles, was mit dem Onlineshop zu tun hat, entwickelt und der Name ist bei einem Aperol im velvet entstanden.

Lea: Einer meiner Lieblingsorte ist auch der Volksgarten. Dort haben wir das erste Shooting für unser Editorial gemacht. Das war im Sommer und das Gras stand hoch. Seitdem ist das ein magischer Ort. Wir wohnen beide in der Nähe und es ist schön, so eine große grüne Oase zu haben.

Düsseldorf als Vintage Piece, wie würde das aussehen? Lea: Düsseldorf ist eine alte Designer-Tasche.

Sarah: Ja, ein bisschen opulent und nicht geradlinig. Vielleicht eine kleine Gucci Kelly-Tasche.

Lea:
Aber trotzdem zurückhaltend, mit einem kleinen G an der Schließe. Da könnte ich mir jetzt eine ganze Geschichte zu ausdenken.

Mit welcher Person, tot oder lebendig, würdet Ihr gerne ein Altbier trinken gehen und worüber würdet ihr sprechen? Lea: Ich weiß, es ist etwas cheesy, aber ich würde unglaublich gerne mit Coco Chanel sprechen. Sie hat in den 1920ern die Kleidung der Frau so nachhaltig geprägt. Mit ihr würde ich gerne ein Altbier trinken.

Sarah:
Ich würde mit David Bowie sprechen

English version:

Name: Sarah Julie Righetti
Age: 39
Profession: Freelancer, Founder Untold
Education: Clothing technician

Name: Lea Rohe
Age: 29
Profession: Yoga Teacher, Stylist, Founder Untold
Education: Cultural scientist

During a New Year’s walk, Lea Rohe and Sarah Julie Righetti came up with the idea of a sustainable concept store for second-hand and vintage clothing. Their online shop „Untold“ revives second-hand clothes and, as the name suggests, gives the chance to retell the individual stories of the clothes. Vintage is meant to be thought of differently: far away from crowded shops, Sarah and Lea founded an online store that sells high-quality second-hand clothing and accessories in curated collections. With Untold, Sarah and Lea have found a concept that combines their passion for fashion with their ethical ideas about consumption. Untold not only follows a sustainable way of being trendy, but breaks with gender structures and categories. All garments are unisex and gender-neutral.

Your concept store is called Untold – Stories that need to be told, which stories do you want to tell? Sarah: The addition “Stories that need to be told” is meant to reveal something about the clothes that have been used before. Vintage is described by the fact that the pieces have to be at least 30 years old. In addition to the lived stories, we also want to give these clothes a new one that a new owner can give them. There is a concept store idea behind Untold. We work with locals and smaller productions that also have a story behind them. Be it jewellery, interior or lifestyle products, all these things have a story to tell. These stories should become visible.

How would you describe the style of Untold and what is special about your shop? Lea: Classic wardrobe essentials, but also on trend. Our biggest unique selling point is that the clothes are uni- sex. We don’t think in terms of gender or categories. Clothes do not have genders. Rather, it is society and how we wear the clothes that give it a gender.

Your range consists of vintage and second-hand clothes. How do the goods come to you and how do they contribute to sustainable consumption? Lea: The collections consist of about 25 pieces. We don’t buy the garments in bulk, but go on our own treasure hunt like two truffle pigs. Our claim is quality instead of quantity. Selling vintage clothes is the most sustainable way to consume clothes. Currently, for example, the 2000s are back in fashion. You can find a lot of things in your own wardrobe. We both come from the retail sector, which is actually always associated with fast fashion. When we founded the company, we said to ourselves that if we make something of our own, we also want to stand behind it morally and ethically.

How do you choose your collections? What do you want your clothes to express? Lea: The fact that we plan collections at all is unusual for second-hand and vintage clothing. We determine a collec- tion colour and look for clothes that correspond to the sea- son. Although we only have individual pieces, we want them to make sense together, so that a round drop is created.

Slow fashion and preloved fashion are becoming more and more important: Have you changed your consumer behaviour in the last few years and if so, how? Lea: My wardrobe now consists almost exclusively of second-hand or vintage clothes. I don’t want to absolve myself of buying some fast fashion from time to time, but then I try to choose the pieces so that I can wear them for many years. In recent years, the availability and accessibility of second hand and vintage has increased, so it’s much easier to buy secondhand clothes.

What are your favourite places in Düsseldorf? Lea: One of my favourite places is the Volksgarten. We did the first shoot for our editorial there. That was in summer and the grass was high. Since then it’s been a magical place.

Düsseldorf as a vintage piece, what would that look like? Lea: Düsseldorf is a vintage designer bag.

Sarah:
Yes, a bit opulent and not straightforward. Maybe a little Gucci Kelly bag.

Which person, dead or alive, would you like to have an Altbier with and what would you talk about? Lea: I know it’s a bit cheesy, but I would love to talk to Coco Chanel. She had a lasting influence on women’s cloth- ing in the 1920s. I would love to have an Altbier with her.

URL: untoldshop.de
SOCIAL MEDIA: untoldshop__

THE DORF • THE MAG is part of the #urbanana project by Tourismus NRW

Text: Franka Büddicker
Fotos: Natasha auf’m Kamp
© THE DORF 2022

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