KINA & FRANK TERHARDT

Für ein exklusives Interview gewähren Kina und Frank Terhardt, die kreativen Köpfe hinter der gleichnamigen Schreinerei für maßgefertigte Rahmen, uns an einem regnerischen Morgen im Dezember Einblick in ihre Werkstatt. Sie nehmen uns dabei mit auf ihre ganz persönliche berufliche Erfolgsreise, die vor mehr als 35 Jahren in damals kleinen, bescheidenen Räumlichkeiten begann. Sie berichten anschaulich und offen von ihren Anfängen – vom Kennenlernen und Beginn ihrer gemeinsamen Arbeit im Handwerk, von ersten kleinen Aufträgen in einer noch kleineren improvisierten Werkstatt bis hin zu ihrer Entwicklung als führende Adresse für Kunstschaffende weltweit.

Die Werkstatt in der Clarissenstraße im Düsseldorfer Stadtteil Heerdt, eine beeindruckend große und hoch professionalisierte Schreinerei, schmückt ihre Wände mit großformatigen Werken renommierter Künstler:innen. Bereits in den ersten Minuten unseres Gesprächs wird klar: Das hier ist mehr als ein klassischer Handwerksbetrieb. Es ist ein Ort voller kleiner und größerer Geschichten – lustigen Anekdoten und unerwarteten Wendungen, die das Leben der beiden gebürtigen Düsseldorfer:innen verändern sollten. Dazu gehören rückblickend bedeutende Aufträge für damals unbekannte Fotokünstler:innen und ihr Handwerk, mit dem sie Kunstwerken auf der ganzen Welt seit Ende der 1980er Jahren einen angemessenen ‚Rahmen geben‘. 

Kina, die seit dieser Zeit als Schreinerin und Objektdesignerin tätig ist, berichtet zudem ausführlich von ihrem eigens gegründeten Label „Cutoffs“, das sich dem Thema Upcycling widmet. Inspiriert von ihrer Leidenschaft für das Material Holz und dem eigenen Anspruch, möglichst viele Resthölzer aus der eigenen Produktion weiterzuverwenden, fertigt sie mit handwerklicher Präzision und einem hohen künstlerischen Anspruch unter ihrem Label hochwertige Alltagsgegenstände. Dabei spielt sie bewusst mit der Kombination verschiedener Werkstoffe.

Wann und auf welche Weise eure berufliche Zusammenarbeit begonnen?
Kina: Das müsste 1986 oder 1987 gewesen sein. Wir arbeiten inzwischen seit 35 Jahren zusammen.

Frank: Ich habe mich in der Zeit selbstständig gemacht, und etwa zur gleichen Zeit sind wir dann auch zusammengekommen. Wir haben uns zwar nicht über die Arbeit kennengelernt, hatten jedoch etwas zu erzählen, weil wir beide als Schreiner:innen gearbeitet haben.

Habt ihr eure beruflichen Wurzeln in klassischen Handwerksfamilien?
Kina: Ich komme nicht aus einer Handwerkerfamilie, aber sowohl Frank als auch ich haben klassisches Handwerk gelernt.

Frank: Vorher hatte ich keine Verbindung dazu. Mein Vater war Werbefotograf und hat parallel Tennishallen gemanagt. Er schlug vor, dass ich vielleicht Schuhverkäufer werden sollte, etwas mit Turnschuhen oder so.

Wie kam es dazu, dass ihr euch dazu entschieden habt, mit Holz zu arbeiten?
Frank: Ich war in der Schule nicht besonders erfolgreich. Meine schönsten Erinnerungen an die Kindheit waren die Zeiten auf dem Abenteuerspielplatz, wo ich mich mit Sägen und Hämmern beschäftigen konnte. Das hat mich fasziniert – ein totaler Unterschied zu all dem schulischen Ärger. Für mich stand fest, dass ich irgendwann etwas mit Holz machen wollte. Damals dachte ich, ich werde Bauschreiner: mit einer Fuchsschwanzsäge Leisten zuschneiden und Nägel einschlagen – so habe ich es mir vorgestellt.

Damals war es schwierig, überhaupt eine Lehrstelle zu finden. Ich war auch nicht gerade der Beste in der Klasse. Glücklicherweise hatte ich nur eine ‚5‘ anstatt einer ‚6‘ in Mathematik auf meinem Abschlusszeugnis, aber das lag nur daran, dass ich den Unterricht nicht gestört habe. Ich habe eine ganze Weile gesucht, und zu der Zeit waren Ausbildungsplätze als Schreiner wirklich rar. Der damalige Direktor meiner Schule versicherte mir, dass er mir eine Lehrstelle vermitteln könne, was sich jedoch als falsch herausstellte. Mein Vater hat sich dann hingesetzt, etwa 150 Bewerbungen für mich gedruckt und sogar eine frankierte Rückantwortkarte beigelegt, auf der man nur ankreuzen musste. Er hat sie nicht nur gedruckt, sondern auch geschrieben, darin stand: „Ich bin Nichtraucher, fahre seit meinem 16. Lebensjahr unfallfrei Moped, und der Verzehr von Alkohol macht mir keinen Spaß.“ Daraufhin erhielt ich tatsächlich eine Zusage für eine Lehrstelle hier in Düsseldorf. (lacht)

Kina: Bei mir gab es den Wunsch, später einmal mit Holz zu arbeiten, so früh noch nicht. Ich habe immer gerne gebaut und Dinge gebastelt. Irgendwann hat mich mein Vater gefragt, ob ich Interesse an einer Ausbildung als Schreinerin hätte. Er war Architekt und hat eng mit einer Tischlerei zusammengearbeitet, in der ich dann 2,5 Jahre meine Lehre gemacht habe und im Anschluss auch wieder wegging. Für mich stand fest, dass ich in dem Betrieb nicht bleiben werde. Das war quasi die Grundlage für weiteres. Aber es war gut so, weil ich nach der Schule nicht gleich studieren wollte und vom Schreibtisch weg. Im Anschluss habe ich mich an meine Bewerbungsmappe für Industriedesign gesetzt. Zur Auswahl standen Wuppertal und Essen; letzteres ist es dann geworden. In dieser Zeit haben Frank und ich uns über Freunde kennengelernt.

Frank: Ich war in einem Messebaubetrieb angestellt – der allerletzte Scheißjob, von dem ich bereits nach einem Jahr die Schnauze voll hatte. Der Chef von dem Laden hat mir empfohlen, mich selbstständig zu machen und für ihn als Subunternehmer zu arbeiten. Das passte ihm natürlich gut: kein Urlaubsgeld, kein Krankengeld und 24 Stunden Verfügbarkeit. Das hatte ich zu der Zeit nicht durchschaut, also habe ich mich selbstständig gemacht, und nach 3 Monaten war für mich Schluss mit der Scheiße. Ich war selbstständig, aber ohne Job.

Wie hat sich eure berufliche Zusammenarbeit weiter entwickelt?
Frank: Wir hatten den Heizungskeller meines Vaters, in dem wir eine Hobelbank und etwas Handwerkszeug hatten. Dann haben wir beide gemeinsam alles Mögliche an Aufträgen angenommen. Unser erster Job war eine doppelflüglige Wohnzimmertür für einen wirklich unangenehmen Typen. Wir hatten außer einer Bohrmaschine keine Maschinen. In drei Wochen haben wir in diesem winzigen Keller diese Türanlage gebaut und wollten dafür 1.500 DM haben. Der Kunde hingegen wollte uns nur 1.300 DM dafür zahlen – das war ziemlich blöd. Dann folgten lauter solche Jobs, bis uns zufällig ein Typ anrief, der über Ecken mit Kina, besser gesagt, mit einer ihrer Freundinnen bekannt war und wollte wissen, ob wir für ihn Bilderrahmen bauen könnten. Er hatte gehört, dass wir etwas mit Holz machen. Ein Typ, dessen Namen wir vorher noch nie gehört hatten und der zu der Zeit noch nicht bekannt war, irgendein Thomas Ruff oder so. Er wollte vier Bilderrahmen – 2,05 m x 1,60 m. Ich wurde gefragt, was das kosten wird, und ich meinte, 180 DM pro Rahmen. Der Typ war völlig entsetzt und meinte, er wolle am Ende schon etwas ‚Vernünftiges‘. Es war ihm schlichtweg zu billig.

Ich habe die Dinger gebaut und bemerkt, dass es wirklich schlecht kalkuliert war. Ich hatte so etwas zuvor noch nie gemacht, noch nie Massivholz eingekauft. Als ich sie dann zu ihm geliefert habe, war er begeistert und wollte direkt weitere zehn Rahmen. Ich habe ihm die Rechnung gegeben und gesagt, dass wir gerne weitere Rahmen für ihn fertigen würden, allerdings nicht zu dem Preis. Da hat er gesagt, ich solle die Rechnung wieder mitnehmen und auch für den letzten Auftrag eine ‚anständige‘ Rechnung schreiben. Ich mochte diese nette Szene. Bis heute haben wir von diesen Rahmen etwa 1.000 Stück gebaut.

Na ja, und dann hat er seinen Kram in der Welt verteilt. Seine Fotos wurden bei Grieger in Düsseldorf entwickelt, und waren ein Magnet für Leute aus der ganzen Welt. Und einige von ihnen hatten ebenfalls Bedarf an guten Rahmen, und so hat sich das herumgesprochen.

Habt ihr in der Folge auch die großen Rahmenanfertigungen im Heizungskeller realisiert?
Frank: Ja klar. Nach den Portraits kamen die Häuser von Ruff. Die waren noch ein Stück größer als die ersten Rahmen. Die Bohlen mussten wir erst mal in den Keller schaffen und die Dinger später irgendwie wieder die Treppe hochbekommen. Da mussten wir die Profile im Keller machen und haben dann draußen verleimt.

Kina: … auf dem Parkplatz vor dem Haus, das war schon verrückt. Wir hatten auch einmal einen Rahmen, der war 5 m oder 6 m lang, mit einem echt breiten Profil.

Frank: Stimmt. Der war für den Künstler Thomas Huber, für das Centre Pompidou. Da bin ich damals zu meiner alten Arbeitsstelle gefahren, um die Profile zu schneiden. Das hat aber nicht funktioniert. Also bin ich los, habe mir die größte Fuchsschwanzsäge gekauft, die ich bekommen konnte, und habe nachts um vier zugeschnitten.

Ihr habt euch also nicht von Anfang an bewusst auf den Rahmenbau spezialisiert?
Kina: Die Entscheidung wurde uns tatsächlich abgenommen. Das mit den Rahmen hat sich einfach so entwickelt. Da steckte weder Konzept noch etwas anderes dahinter, und dann haben wir das natürlich gerne mitgenommen. Wir haben aber zu dieser Zeit auch sämtliche Möbel für die entsprechende Klientel gebaut.

Frank: Bis sie zu reich dafür wurden. Die ersten Küchen, Möbel wie Tische und Regale für Gursky, Ruff und wie sie alle heißen, haben wir damals gebaut. Eine Galeristin von Ruff hat dann eine riesige Galerie in Paris eröffnet. Wir haben die kompletten Möbel dafür gebaut. Das war am Ende ein 40-Tonner plus Anhänger, mit dem die Sachen nach Paris gebracht wurden. Und in Paris wurden wir dann wieder herumgereicht, es kamen neue Aufträge von Leuten rein, die Möbel brauchten.

Rückblickend war das schon der absolute Wahnsinn. Es gab Zeiten, da kamen so viele Anfragen und Bestellungen für Bilderrahmen rein, dass wir uns nicht mehr auf die Empore getraut haben, wo das Faxgerät stand, weil wir nicht wussten, wie wir die Aufträge abarbeiten sollten. Und das waren Stückzahlen von 40 bis 50 – je Auftrag. Wir hatten insgesamt acht Mitarbeiter hier herumspringen. Ich habe zu der Zeit so viel Holz eingekauft, dass die Verkäufer dachten, wir hätten eine Fabrik.

Kina, du lachst – möchtest du etwas dazu sagen?
Kina: Nein, überhaupt nicht. Ich muss nur schmunzeln, weil Frank sich so viel merken kann. Diese ganzen alten Geschichten – wenn ich sie höre, erinnere ich mich wieder, aber ich könnte das alles gar nicht aus dem Stegreif auspacken.

Hattet ihr je Lust auf Veränderung, hattet die Idee euch neu aufzustellen?
Kina: Bevor wir uns auf das Rahmen-Geschäft spezialisiert haben, gab es andere Aufträge, die genauso Spaß gemacht haben – ganz klar. Ich konnte viel planen, zum Beispiel Küchen. Da musste gezeichnet werden, was ich damals echt toll fand.

Frank: Diese Phase hat uns Freude gemacht. Das war auch eine super Zeit. Wenn wir einen ‚größeren Auftrag‘ erledigt hatten, sind wir beide im Anschluss gut essen gegangen, weil wir glücklich waren, 1.000 DM eingenommen zu haben.

Kina: Da haben wir noch zu zweit gearbeitet – ohne Angestellte, aus unserem Keller heraus. Nach drei Jahren war es dann aber auch vorbei, und wir haben uns etwas anderes gesucht.

Frank: Wir sind mit der Werkstatt nach Neuss-Grimlinghausen gezogen, in eine unsägliche Bude, in der wir zur Abwechslung aber viel Platz hatten.

Kina: … dafür gab es da dann keinen Wasseranschluss. (lacht)

Fertigt ihr Rahmen ausschließlich für Künstler:innen an oder arbeitet ihr auch für Privatkunden?
Frank: Letzteres eigentlich nie. Wenn mal jemand anruft, also eine Privatperson, dann hat sie sich meist in der Adresse geirrt. Und die sind dann geschockt, wenn sie unsere Preise hören. Wir arbeiten nur auf Auftrag und bestellen für jede:n Kund:in individuell und legen dann los. Gerade arbeiten wir an einem größeren Auftrag für einen türkischen Künstler, der demnächst in Paris ausstellt. Das hat sich ganz früh abgezeichnet, und ich wollte diesen Auftrag unbedingt. Also habe ich zur Abwechslung einmal Akquise betrieben. Normalerweise läuft hier alles über Empfehlung, aber ich wollte diesen Kunden. Also habe ich bei Instagram, wo wir bereits miteinander vernetzt waren, zwei wunderschöne Ahorn-Stämme gepostet, und es hat funktioniert. 

Wir haben den Auftrag bekommen, wobei das wirklich ein komplizierter Auftrag ist – sehr komplex. Die Ausstellung ist in einem historischen Gebäude aus dem 13. Jahrhundert, da darf man sich nur im Raumanzug bewegen und die Bilder und somit auch die Rahmen dürfen nur gestellt, nicht gehangen werden.

Wie erklärt ihr euch den Zustrom an Kund:innen, gab es derzeit noch keinen etablierten Markt für Rahmen?
Frank: Wir waren nicht die Einzigen, aber die Besten. (lacht) Die Leute waren einfach super zufrieden mit dem, was wir gemacht haben und machen – und das machte die Runde. Einige Künstler haben bei ihren damaligen Rahmenbauern von uns ihre Kunst abholen lassen, weil sie eingesehen haben, dass wir es besser können. Die sind dann auch bei uns geblieben.

So wie wir unser Geschäft machen, gibt es noch einen in München und in Berlin. Die haben dann aber nicht annähernd solche Kund:innen wie wir. Dann gibt es noch einen in Los Angeles und einen in New York. Und trotzdem arbeiten wir für Leute in New York.

Ihr fertigt ausschließlich Rahmen auf Maß. Läuft die gesamte Fertigung inhouse?
Frank: Ja klar – wir machen alles. Hier kommt das Holz als Baumstamm an und in der Regel geht das gerahmte Bild raus. Ab und zu kommt es mal vor, dass ein leerer Rahmen die Werkstatt verlässt, das ist aber eher die Ausnahme. Rein kommt hier nur Rohware, sonst gar nichts. Glas bekommen wir natürlich auch geliefert, schneiden aber auch das selbst zu.

Kina: Was dachtest du, wie das läuft? In einem klassischen Rahmenhandel gibt es nur Profile oder fertige Rahmen, die kommen meist aus Polen, und man muss schauen, ob irgendeiner passt und dem eigenen Wunsch entspricht… 

Frank: In so einem Laden hast du dann irgendwelche Profile an der Wand hängen und kannst dir etwas aus der Flut aussuchen. Ich behaupte, bevor die etwas Passendes gefunden haben, haben wir es gemacht.

Wie viele Leute sind Teil eures Teams?
Kina: Es gab Phasen, in denen wir zu acht gearbeitet haben. Aktuell sind wir zu viert. Bei uns fällt ja zusätzlich auch die Lackierung der Profile und die Rahmung an. Eigentlich macht jede:r alles, wobei dem einen oder der anderen einzelne Aufgaben besser liegen.

Frank: Wir sind glücklich, Mitarbeiter zu haben, die in jeder Hinsicht herausragende Arbeit leisten. Klaus und Stefan sind nicht nur handwerklich super, die Beiden können zudem gut erklären, wenn mal Fragen aufkommen oder etwas nicht klappt.

Habt ihr im Laufe der Jahre eine Veränderung mit Blick auf die Nachfrage oder eure Kund:innen wahrgenommen?
Frank: Wir machen das hier jetzt seit mehr als 35 Jahren. Die ersten 20 Jahre waren immer nur volles Brett, vielleicht sogar die ersten 25 Jahre. Es hörte einfach nicht auf. Plötzlich war da ein Wim Wenders und kam auf die Idee, auch großformatig hängen zu wollen, und wir haben die Rahmen gefertigt. Dann haben wir für Jeff Wall gearbeitet. Der Typ lebt in Kanada und hat bei uns machen lassen. Gerade arbeiten wir u. a. für einen Künstler aus São Paulo. Er lässt seine Abzüge ebenfalls bei Grieger machen, und seine Arbeiten bleiben anschließend in Europa.

Wenn ihr die Zeit zurückdrehen könntet, würdet ihr eure Entscheidungen mit Blick auf euren beruflichen Werdegang wieder genauso treffen?
Frank: Definitiv. Wir haben so ein Glück gehabt mit dem, was wir hier machen. Und ich ganz persönlich besonders. Hätte es das Glück anders mit mir gemeint, wäre ich vielleicht bei OBI als Zuschneider an der Plattensäge gelandet.

Kina: Wir arbeiten schon ewig mit unseren Kund:innen zusammen. Sie sind zufrieden mit unserer Arbeit, und wir wissen ganz genau, was sie brauchen – es braucht keine großen Absprachen mehr. Und natürlich zählt auch heute noch ein wertschätzender Kundenkontakt, auch oder gerade weil man sich Jahrzehnte kennt. Das macht uns auch Spaß. Man kennt sich ewig, und viele unserer Kund:innen sind gemeinsam mit uns gewachsen. Wir haben und hatten einfach totales Glück, dass wir hier in Düsseldorf sitzen, mit all den Fotograf:innen und Künstler:innen drumherum.

Frank: Düsseldorf und die Kunstakademie, die Bechers, die ganzen Tünnesse, die gerade zu der Zeit berühmt wurden, als wir gestartet haben, das ist alles ein wahnsinniger Zufall. Ruff, Gursky, Struth, die drei schon einmal – Leute wie Elger Esser, Candida Höfer und viele mehr – die haben wie verrückt verkauft, wie bekloppt, und wir haben tausende Rahmen gebaut, große Dinger. Von denen gab es massig in der Zeit, da kamen Leute aus Korea, Japan – komplett fremde Menschen aus der ganzen Welt.

Kina, abseits der Fertigung von Rahmen hast du ‚Cutoffs‘ ins Leben gerufen. Was steckt hinter deinem Label?
Das, was ich jetzt mit Cutoffs gestartet habe, ist der komplette Kontrast zu dem, was wir hier eigentlich machen. Ich überlege mir ein Konzept, das mir selbst gefällt, skizziere es und gehe dann in die Umsetzung. Wenn ich das fertige Produkt habe, biete ich es Menschen zum Kauf an. Frank arbeitet genau gegensätzlich: Er fängt erst an, wenn er Wunsch und Stückzahl des/der Kund:in kennt – dann wird erst Holz eingekauft.

Cutoffs war wie der Rest nicht langer Hand geplant – das war total spontan. Wir standen in der Werkstatt und haben auf die Wand mit den Resthölzern gestarrt. Das sind Abschnitte von Profilen der Bilderrahmenleisten. Für uns, die wir hier arbeiten, ist das irgendwie normal geworden: Wir haben Reste und stellen sie dort ab, immer und immer wieder. Damit passiert ab diesem Zeitpunkt nichts mehr. Ich meinte eher im Spaß, dass wir aufpassen müssen, dass dieser Berg an Holz die Wand dahinter nicht irgendwann zum Einstürzen bringt. Da kam der Gedanke auf, mir diese Sachen zu schnappen und etwas Sinnvolles und Schönes daraus zu machen. Also fing ich mit Schneidebrettern an, kleinen Frühstücksbrettchen. Mir war schon bewusst, dass ich es niemals schaffen werde, all die Reste zu verarbeiten. Ich nehme gefühlt acht Leisten weg, und es kommen 16 neue dazu… Das war für mich aber kein Grund, es zu lassen. Was wäre die Alternative dazu, es gar nicht erst zu versuchen, weil es eine zu große Herausforderung ist?

Gibt es abseits deiner Arbeit eine weitere Verwendung für den Holzverschnitten aus der Rahmenherstellung?
Manchmal werden Resthölzer noch für Rahmen benutzt – für kleinere Rahmen oder aber für Abstandsleisten, wobei diese meist direkt mitgeschnitten werden, wenn die Falz aus der Leiste geschnitten wird. Für Schattenfugenrahmen können sie noch genutzt werden, da werden sie als L-Profil verleimt. Wie man sieht, gibt es dennoch mehr als reichlich Material, das am Ende keine Verwendung mehr findet, entsprechend nutze ich sie dann. Manchmal verarbeite ich auch kleinere Abschnitte von Edelhölzern, die wir in der Werkstatt nicht für die klassisch Rahmenfertigung nutzen. Exotische Holzsorten, die wir irgendwann mal bei einem Händler aus Interesse gekauft haben.

Ich habe zunächst mit Frühstücksbrettchen begonnen, dann kamen Servierbretter und Tabletts dazu. Inzwischen verwende ich unterschiedliche Leisten und hin und wieder Reste, die übrig bleiben, wenn Frank eine neue Bohle aufschneidet. Aus diesen dickeren Stücken kann ich dann andere Dinge bauen, wie etwa Schalen, die ich im Anschluss farbig beize. Man muss immer schauen, dass man genügend Material hat: Mit zu kleinen Stücken lässt sich nicht arbeiten, damit kann ich nicht an die großen Maschinen gehen. 

Aus den größeren Stücken hingegen lassen sich auch tolle Leuchter fertigen. Da kombiniere ich gerne und nutze als zusätzliches Element beispielsweise Messing. Diese zusätzlichen Arbeiten lasse ich von einem Schlosser machen. Der Rest wird gedrechselt. 

Ich fertige auch Tabletts aus unseren alten Transportkisten – dem Plattenwerkstoff, also OSB-Platten. Ich mag es einfach, Dinge zu schaffen, die dann auch alltäglich Gebrauch finden, wie kleinere Tische oder Regale, und bei all dem kombiniere ich unterschiedliche Materialien miteinander. Mit Ton arbeite ich sehr gerne, weil er einfach ganz wunderbar zu Holz passt. Da es aber nun mal meine Cutoffs sind, ist auch an fast jedem Produkt Holz zu finden: Wenn ich mal ein Porzellantöpfchen entwerfe oder eine Flasche, dann kommt zumindest ein Deckel aus Holz darauf, um immer die Verbindung zu schaffen. Fertige ich einen Mörser aus Ton, drechsle ich den passenden Stößel aus Holz dazu. Und das ist für mich das Schöne an meinem Label: Ich kann es guten Gewissens machen, einfach mal Keramik-Arbeiten entwerfen und das Holz Beiwerk sein lassen – soviel künstlerische Freiheit will ich mir bei dieser Arbeit einräumen. Das ist ein Grund dafür, weshalb ich mich dazu entschieden habe, dies Projekt in Angriff zu nehmen. Ich habe nach meiner Ausbildung auch noch Industriedesign studiert und wollte immer mehr damit machen, mich auf gewisse Art weiterentwickeln und auch ausprobieren, nur blieb neben der Arbeit nie Zeit dafür. Und jetzt habe ich das Glück, so frei arbeiten zu können und natürlich die Örtlichkeit – die Maschinen, das Material und jetzt auch die Zeit.

Ist jedes deiner Arbeiten ein Unikat oder gibt es auch Produkte in Serie?
Ich arbeite nach eigenen Skizzen und/oder Schablonen. Durch die Handarbeit wird jedes Teil für sich ein bisschen anders – kleine Abweichungen sind da nicht ausgeschlossen, aber ich bekomme es immer so hin, dass es später auch zueinander passt.

Wie und wo können Interessierte deine Arbeiten finden?
Alle meine Cutoffs findet man auf meiner Website und einen entsprechenden Onlineshop. Darüber hinaus haben wir einen Container gekauft, den habe ich als Showroom ausgebaut. Der steht hier direkt vor unserer Werkstatt auf dem Hof. Darunter befinden sich ganz unterschiedliche Artikel, z.B. die oben genannten Kombinationen aus Keramik und Holz. Meine Arbeit spricht sich ansonsten über unseren bestehenden Kundenstamm und Freunde herum. Klar, ich habe eine Website und all das, aber wer glaubt, dass das alleine etwas bringt – das ist nun wirklich nicht so. Es gibt ein paar Einzelfälle, wo mich wirklich jemand gefunden hat über das Internet. Das sind ganz spezielle Anfragen, wie eine Frau aus Süddeutschland beispielsweise, die einen speziellen Deckel für eine Schale sucht, der ihr kaputtgegangen ist. Sie ist auf meine Website gestoßen, hat ihr konkretes Anliegen formuliert, und ich habe ihr das fehlende Teil nach ihrem Wunsch handgefertigt. Ansonsten läuft hier alles über Mund-zu-Mund-Propaganda.

Vielen Dank!

(c) THE DORF, 2024
Interview & Text: Judith Büthe
Fotos: Judith Büthe

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