Neumatic Parlo

Leichtigkeit trifft auf Nostalgie. Mit „Random Toaster“ erscheint die zweite EP von Neumatic Parlo, der Düsseldorfer Band, die seit letztem Jahr beim Kult-Label Unique Records unter Vertrag und mittlerweile ausnahmslos in der Düsseldorfer Musikszene angekommen ist. Neumatic Parlo verbindet psychedelische Melodien mit lebensnahen Texten. Damit gelingt ihnen der Spagat zwischen Angst und Mut, Traurigkeit und Glückseligkeit und sie schaffen es, zeitgenössische, wirre Gefühle aus dem Unbewussten ins Sichtbare und Nahbare zu bringen.

Im THE DORF-Interview sprechen Sänger und Gitarrist Vincent und Gitarrist Simon von ihren Ängsten und Zweifel und erzählen, wie sie das vergangene Jahr  durch ihre Musik und in ihren Texten verarbeitet haben.  

Eure zweite EP erscheint am 14. Mai 2021. Vor etwa einem Jahr erschien bereits Eure erste EP mit vier Songs. Wieso nicht direkt ein ganzes Album?

Vincent Ein Album war für uns erstmal keine wirkliche Option- wie auch schon bei „All Purpose Slicer“ wollten wir unsere besten Songs recorden und auf eine EP bringen. Dass „Random Toaster“ diesmal narrativ schon fast einem Konzept entspricht, ist mehr oder weniger ein Zufall. Ich glaube für ein erstes Debütalbum wollen wir uns mehr Zeit nehmen und bräuchten auf jeden Fall nochmal diese Erfahrung, um einen Sound, einen Vibe zu kreieren, mit dem man sich dann an Album Nummer 1 setzen kann.

Simon Hinzu kommt noch, dass wir uns aktuell in die Position bringen wollen aus einer Palette an Songs auswählen zu können. Somit können wir glaube ich umso mehr die Songauswahl auf den gewünschten Vibe anpassen. Aber wir sind aktuell in einer der kreativsten Phasen seit langem! Ein Album ist somit hoffentlich auch demnächst am Horizont zu erkennen.

Euer Musikvideo zu “Real Insight ” löst eine Art Sehnsucht nach vergangenen Tagen aus. Die melancholischen Klänge im Retro-Filter lassen die Hörer*innen in träumerische Zustände verfallen. Worum geht es in dem Song und was hat Euch für das Video inspiriert?

Vincent Bei „Real Insight“ geht es am Ende darum, dass man sich vielleicht nicht so viele Gedanken machen sollte über Leben und Tod, das ist so ein roter Faden bei der EP. Ein bisschen wie dieses Zitat von John Lennon „life is what happens to you while you‘re busy making other plans“ oder so, nur dass diese Pläne bei uns eher Ängste sind, die man hat und sich deswegen vor vielen Sachen verschließt. Die Einsicht, dass es irgendwann zu Ende sein wird, sollte uns nicht davon abhalten das Leben zu leben. Das Video ist tatsächlich eher etwas losgelöster von all dem. Wir wollten hier den Vibe einfangen, den wir bei der Musik fühlen, nicht bei den Texten – das sind diesmal eher zwei unterschiedliche Paar Schuhe.

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Die Produktion Eurer zweiten EP hat nahezu zeitgenau mit dem Beginn der Corona-Pandemie und den anhaltenden Lockdowns begonnen. Inwiefern hat sich das auf Eure Arbeit ausgewirkt?

Vincent Natürlich ist es eine merkwürdige Zeit und auch so ein Grundgefühl, dass man nicht weiß, wie und ob es weiter geht. Das hat man während des Prozesses gespürt. Die Themen, die teils Hilflosigkeit, Angst und Trauer umfassen, wurden durch die Situation verdeutlicht und man hat sich schon etwas verloren gefühlt, was man dann wiederum versucht hat mit der Musik zu verarbeiten und auszudrücken, bzw. gerade die Texte waren eine Art Sprachrohr.

Habt Ihr auch musikalische Veränderungen bemerkt?

Vincent Ich glaube, die Pandemie hat eher die Texte beeinflusst, da musikalisch die meisten Parts schon vorhanden waren. Die EP ist schon sehr melancholisch geworden, was in der Retrospektive eben auch ein Zeichen dafür sein könnte, dass man sich, wie schon erwähnt, einfach etwas hilflos gefühlt hat und die Sounds irgendwo davon beeinflusst worden sind.

Simon Ich finde, dass gerade was Vincent vorhin mit dem Wort ‚Konzept‘ gesagt hat, in dem Kontext ganz interessant ist. Wir haben uns nie hingesetzt und im Vorhinein geplant, welche Stimmung die EP haben sollte. Aber wie schon von ihm erwähnt, ist es genau diese besagte Gefühlslage, welche die EP von der Stimmung her zu dem gemacht hat, was sie ist. Sie ist dadurch von dem Vibe her viel konsistenter als die erste EP.

Habt Ihr durch den Lockdown und die Schließung von Cafés, Läden etc. neue Lieblingsorte in Düsseldorf entdeckt?

Vincent Ich habe auf jeden Fall wieder den Rhein und die Parks in der Stadt schätzen gelernt. Natur und Grünflächen, die auch in den Texten eine große Rolle spielen, haben bei mir persönlich eine gewisse Ruhe und Entspannung ausgelöst. Außerdem hat mein Lieblingsrestaurant „Akropolis“ in Oberkassel einen tollen Job gemacht was den Lieferservice angeht, somit musste ich schonmal nicht auf Gyros verzichten.

In unserem letzten Interview stellten wir Euch die Frage, welche Spotify-Empfehlung wir bei Eurer Musik wohl bei “Leute, die das gehört haben, mögen auch….” bekommen hätten. Ihr habt Euch damals Tame Impala, die kalifornische Band WAND und Radiohead gewünscht. Wir haben einmal nachgeschaut, was mittlerweile tatsächlich dort zu finden ist: The Düsseldorf Düsterboys, Love Machine und Isolation Berlin. Seid Ihr damit auch zufrieden?

Vincent Ja klar, sich in den Landschaften von diesen Künstlern zu bewegen ist schonmal ein gutes Zeichen, wir tun uns oftmals schwer damit zu erklären, wo wir hingehören und welche Musik wir überhaupt genre-mäßig bedienen – wenn es also organisch auf die Düsterboys und Love Machine fällt, dann sind wir mehr als zufrieden.

Simon Dazu kommt noch, dass die Hörer diese Bands zu einem beachtlichen Teil ja auch dahin gebracht haben, wo sie jetzt gerade sind. Wenn man durch diese Hörer auch ‚Teil‘ dieser Szene wird, dann ist das, denke ich, eine ziemlich schöne Sache.

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Mit welchen Künstler*innen würdet Ihr gerne auf der Bühne stehen?

Vincent Mittlerweile würde ich gerne mal Keiji Haino oder die Incapacitants musikalisch begleiten – so ein bisschen noise aus Japan tut glaub ich jeder Band gut.

Worauf freut Ihr euch (neben dem Konzertespielen) am meisten, wenn die Pandemie vorbei ist?

Vincent Das fällt mir ehrlich gesagt schwer zu sagen, da man es fast nicht mehr kennt, also das Leben vor der Pandemie. Ich glaube die Abende in der Stadt mit einfach allen Menschen, die man gerne um sich hat, wo niemand weiß wo und wie der Abend endet – das werde ich dann wohl voll auskosten, wenn es wieder möglich ist.

Simon Wie auch Vincent gesagt hat, die Abende in der Stadt. Aber auch Abende auf Konzerten, für die man sich teilweise auch spontan entschieden hat. Ein Abend bei der Ritus im Alten Schlachthof oder im Zakk. Das fehlt mir aktuell am meisten!

Vielen Dank!

Text: Franka Büddicker
Fotos: fotoschiko
© THE DORF 2021

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