CHAPTER_3 IM LRRH_AERIAL

"kitchen_": Qijia You und Nadine Karl. Touching The Source Of Estuary

Mit „chapter_3“ schließt nach dreieinhalb Jahren das dritte und letzte Kapitel des Projektraums LRRH_ AERIAL in der Düsseldorfer Altstadt mit einem besonderen Ausstellungsdreiklang. Die Eröffnung findet am Freitag, den 10. November 2023 von 16 bis 20 Uhr statt. „chapter_3“ läuft vom 16. November 2023 bis 6. März 2024.

Im Werk von Marion Baruch (*1929) ist Sprache zentral. Sie bezieht sich in ihrer Kunst auf soziale und politische Themen und beschäftigt sich mit Innenwelten und Außenräumen, mit Mechanismen des Ein- und Ausschlusses. „Everything Begins with Nature and Ends at the Supermarket“ ist der Titel ihrer Show im LRRH_AERIAL. Das Hauptwerk der Ausstellung ist eine von Baruchs sogenannten „Sculptures“, die sie seit 2013 anfertigt und in denen sie Textilreste aus der Bekleidungsindustrie verwendet. Es ist eine Hommage an frühere Arbeiten, als Marion Baruch sich mit der Idee der industriellen Produktion auseinandersetzte und selbst wie eine Fabrik produzierte. Das Werk enthält dieselbe Ironie wie die historischen Arbeiten, aber auch eine positive Einstellung zur Zukunft, die typisch für Baruchs Œuvre ist.

Während die Installation und die im Zusammenhang mit der Ausstellung realisierten Editionen im Ground Space zu sehen sind, wird im Atticspace von LRRH_AERIAL die Gruppenausstellung „Devenir Feuillage“ (dt. werde Laub) gezeigt, eine Kooperation mit POUSH (Paris) und kuratiert von Hugo Holger Schneider (Berlin). Diese Ausstellung, deren Titel von Marion Baruch selbst vorgeschlagen wurde, zeigt sechs internationale junge Künstler, die sich auf die eine oder andere Weise auf ihr Werk beziehen. „Devenir Feuillage“ zeigt neben Werken von Arda Asena Arbeiten von Amélie Bernard, Ernest Kankam, Amalia Laurent und Joachim Perez.

Amélie Bernard (*1990) ist eine multidisziplinäre Künstlerin. Sie hat zwei Jahre lang in Beirut gelebt und erforscht in ihrer künstlerischen Praxis zeitgenössische, verlassene Räume als zeitlosen Vektor von Erinnerung und Erbe. Ihre plastischen Techniken variieren je nach Thema. Die Materialien, die sie verwendet, und die Art und Weise, wie sie sie zusammensetzt, sind von der Konstruktion und Zerstörung städtischer Räume inspiriert. Die beiden Arbeiten von Ernest „Cedi“ Kankam (*1995) für „Devenir Feuillage“ beziehen sich auf die Praxis von Marion Baruch, die ihre Objekte zu architektonischen Konstruktionen in einem Ausstellungsraum werden lässt. Wie Baruch sucht Kankam in seinem Werk Heterotopie, indem er durchscheinende Materialien und bedruckte Stoffe verwendet.

Anouk Kochs (*1995) künstlerische Praxis dreht sich um die Themen sozialer Druck, Machtmissbrauch und verschiedene Dynamiken in zwischenmenschlichen Beziehungen und Liebesbeziehungen. Durch die Wahl von Textfragmenten auf ihren Arbeiten sucht sie nach einer Spannung zwischen Form und Inhalt, während sie gleichzeitig die Grenzen zwischen Schmerz und Spaß auslotet. Textilkunst und Drucktechniken stehen im Mittelpunkt der Arbeit von Amalia Laurent (*1992), die den Reichtum der französisch-indonesischen Kultur einfließen lässt. Die Batik, eine indonesische Färbetechnik, ist ein Leitmotiv ihrer Kreationen. Sie hat sie von dem Meister Mas Tatang in einem kleinen Dorf auf Java erlernt. Ihre Arbeiten sind von Mystik durchdrungen und suggerieren die Existenz einer unsichtbaren Welt, die unsere eigene überlagert.

Der Schweizer Künstler Joachim Perez (*1995) arbeitet mit Textilien, Linoleum und Videoinstallationen, um fesselnde Erkundungen des männlichen Körpers und der Feinheiten unserer Begierden zu schaffen. Eine der wichtigsten Parallelen zwischen Baruchs und Perez‘ Arbeit ist die Verwendung von Resten aus der Textilindustrie als Hauptmaterialquelle, um Werke zu schaffen, die zwischen Skulptur und Bildkomposition oszillieren.

Studierende der Kunstakademie Düsseldorf, Klasse Prof. Dominique Gonzalez-Foerster (organisiert von Karisma Oluchukwu Ekeh) nehmen mit den  Installationen LIVING ROOM_, KITCHEN_ und BATHROOM_ ebenfalls Bezug auf die Werke Marion Baruchs.

Im „LIVING ROOM_“ beschäftigen sich Daria Nazarenko & Rabea Chatha mit der Frage, wie sich Körper in der Natur verhält, in einer Umgebung, die ständig im Fluss ist, sich kontinuierlich und atmend verändert. Es gibt Formen, die beobachtet, analysiert, dann transformiert und zu etwas anderem gemacht werden. Rabea Chatha und Daria Nazarenko suchen nach einer Zugehörigkeit im Außen, nach Fragmenten, um das zu werden, was wir spiegeln. Wie die Künstlerin Marion Baruch sehen sie in dieser Gemeinschaftsarbeit die Sprache als Grundlage künstlerischer Praxis.

„KITCHEN_“ von Qijia You & Nadine Karl fragt: Wer wären wir ohne unsere Geschichte? Wie begegnen und verhalten wir uns, wenn wir sie teilen? In einer Kooperation untersuchen Qijia You und Nadine Karl kulturelle Identitäten, die sie durch die traditionellen Kochgewohnheiten Einzelner sichtbar machen. Das Ergebnis wird medial in der Installation einer (un)benutzten Küche zu sehen sein. Im Mittelpunkt stehen die scheinbare Banalität des Kochens und Essens sowie die Wertschätzung unserer Umgebung. In Auseinandersetzung mit Marion Baruch initiierten Qijia You und Nadine Karl einen internationalen Austausch. Im Sinne von Baruchs Neologismus „innenausseninnen“ haben sie bei einem Abendessen zu einer Unterhaltung über kulturelle Identität eingeladen. In diesem Prozess wurde von jedem der Gäste ein Gericht geteilt, das den Einzelnen an zuhause erinnerte.

„BATHROOM_“ von Amber Theisen & Benjamin Jakob Enders zeigt „Within the Zone“ – ein Videospiel und einen digitalen Raum, der die Besucher zum Erkunden einlädt. Die interaktive Reise führt durch collagierte Umgebungen, die sowohl aus realen Aufnahmen als auch aus 3D-Modellen und animierten virtuellen Räumen bestehen. während der Betrachter durch die digitale Welt navigiert, begegnet er Stimmen, Gedanken, Träumen und poetischen Fiktionen. Die konstruierten Landschaften stellen gängige Vorstellungen von der Natur in Frage; sie eröffnen einen Dialog und unsere symbiotische Beziehung zu unserer Umwelt. Amber Theisen & Benjamin Jakob Enders schaffen durch die Programmierung einen Ort, von dem nicht zu sehen ist, ob es sich um einen Innen- oder Außenraum handelt. Dies unterstreicht einen ästhetischen Bezug zu Baruchs jüngeren Arbeiten, in denen sie mit Mustern und den zurückgelassenen negativen Räumen arbeitet.

„chapter_3“
16. November 2023 bis 6. März 2024

Eröffnung
Freitag, 10. November 2023
16 bis 20 Uhr

LRRH_ AERIAL
Kapuzinergasse 24
40213 Düsseldorf
www.lrrh.de


Text: Presse
Fotos: siehe Bildbeschreibungen
© THE DORF 2023

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