Ben Mathis

Name: Ben Mathis
Alter: 42
Beruf: Künstler

Gelernter Beruf: Industrie Design / Approbierter Apotheker
Webseite: http://benmathis.de

Ben bezeichnet sich selbst als ein Düsseldorfer, der nie Fernweh hatte. Womöglich gehen er und die Stadt eine befruchtende Wechselbeziehung ein – die Stadt wird zur Leinwand und wenn sich das Stadtbild verändert, ändert sich auch seine Kunst und umgekehrt. Der Ort, dem er sich am meisten verbunden fühlt ist die Kiefernstraße, auf der er gleich an drei Häuserfassaden mitgewirkt hat. Der talentierte Sprayer, der mittlerweile auch multimedial tätig ist, ist damit zu einer echten Koryphäe in Düsseldorf und Umgebung geworden. Dabei gestaltete sich sein Weg nicht immer ganz einfach, aber dafür auch nicht minder interessant. Ganz im Gegenteil überrascht er mit Vielseitigkeit – denn als Mittzwanziger entschloss der heute 42-jährige, Apotheker aus der Not heraus zu werden, da es nicht möglich war, sich allein mit Kunst und Nebenjobs über Wasser zu halten. Heute konzentriert sich Ben wieder auf seine künstlerische Arbeit und vor allem auf seine Kinder. Die urbane Ausdrucksweise bleibt für ihn die beste Möglichkeit, Kunst öffentlich und ungefiltert zugänglich zu machen. Wir leben schließlich nicht im Museum, sondern in der Stadt, so sollte dies auch der Ort sein, an den die Kunst gehört.

Was hat dich damals inspiriert mit dem Sprayen anzufangen? Ich hab das Sprühen in der 8. oder 9. Klasse entdeckt, dadurch, dass ein paar Sprüher zu ins in die Klasse kamen, die auch getagt haben und dadurch haben wir das Medium entdeckt und die Schule völlig auseinander genommen. Irgendwann war die Schule natürlich zu klein und dann probierte man das auch woanders. Wir sind mit dem Fahrrad zu den Gleisen gefahren, haben die ersten Brücken angemalt und uns die Nächte um die Ohren geschlagen. Somit kam eins zum anderen.

Wann hat sich dein Sprayen mehr in die Richtung der Kunst entwickelt? Man kann im Graffiti vieles finden, manche suchen das Abenteuer, manche wollen sich kreativ ausdrücken, andere Leute haben einfach nur eine Zerstörungswut und finden Gefallen daran, das mit Farbe zu machen. Ich gehörte eher zu denen, die kreativ sein wollten und auf die Dauer wurde mir das Zeitfenster, das ich bei so heimlichen Aktionen hatte, zu kurz um mich wirklich entfalten zu können. Mit der Zeit habe ich dann begonnen, die technischen Möglichkeiten der Sprühdose auszureizen. Dann kam mir natürlich die Idee, dass man das ja auch legal machen kann, dann kamen kleine Aufträge dazu, dann sprühte man mal was auf die Leinwand, die man auch verkaufen kann und so hat sich das Ganze dann entwickelt.

Welche besondere Ausdrucksstärke hat das Medium Sprayen / StreetArt im urbanen Raum? Die Präsenz von Graffiti und Street Art ist ganz klar besonders. Es ist für jeden verfügbar und dadurch, dass sich die Technik der StreetArt sehr gewandelt hat, ist sie viel mehr Menschen zugänglich geworden. Man muss nicht zwingend sprühen können, man muss sich einfach nur ausdenken, was man nach außen bringen und mitteilen kann. Die Einfachheit Kunst nach außen zu bringen ist die Stärke von StreetArt – natürlich entsteht auch viel Müll dadurch und unterscheidet sich demnach stark zu Galerien, die nicht jedem zugänglich sind und die die Kunst stark filtern. Graffiti oder StreetArt ist einfach ein super Medium, es ist schnell, direkt, poppig und knallig.

Wie politisch bzw. rein visuell geprägt ist deine Arbeit? Ich versuche es zu vermeiden, direkt Stellung zu beziehen. Ich finde sehr politische Kunst, die mit dem Finger zeigt, eher plump. Aber ich mag es ganz gerne, gewisse Fragen in den Raum zu werfen, indem man Sachen gegenüber stellt und Paradoxen benutzt. Ich arbeite viel mit Symbolen und mag es gerne, wenn Sachen zusammenkommen, die sonst nicht wirklich zusammengehören, denen man zwar im Alltag begegnet und die nebeneinander existieren, wobei sie sich gegenseitig fast ausschließen. Ich versuche Dinge abzubilden, die mich umgeben, von denen ich möglicherweise auch nicht alles gut finde, aber ich denke nicht, dass es meine Aufgabe wäre, überhaupt zu sagen was gut und was schlecht ist. Eher möchte ich die Leute für das, was uns umgibt, sensibilisieren.

Ich versuche mich auch von der Frage, was meinen Stil betrifft frei zu machen und möchte in erster Linie das machen, was mir Freude bereitet, in dem Kraft steckt und was stark werden könnte. Manchmal irre ich mich natürlich auch, aber ich denke, das ist eine ganz gute Vorgehensweise. Dadurch entstehen natürlich auch viele Sprünge in meiner Arbeit, mal mache ich dies für eine Weile und dann mal das, aber ich glaube, wenn man alles zusammen betrachtet, zeichnet sich ein roter Faden ab.

Was würdest du auf das Weiße Haus in den USA malen? Einen schwarzen Fleck.

War es jemals eine Option für dich Düsseldorf zu verlassen? Warum bist du geblieben? Ich bin einer der Düsseldorfer, die nie Fernweh hatten. Es musste nie größer oder mehr für mich sein. Natürlich verreise ich durchaus mal, aber es ist für mich einfach, sich in Düsseldorf wohl zu fühlen. Es ist eine Wohlfühlstadt und ich bin ein Wohlfühlmensch.

Mit wem, tot oder lebendig würdest du ein Altbier in Düsseldorf trinken gehen? Mit meinem Freund Andi von der Hood Company, am liebsten bei uns im Garten oder im Atelier von meinen Nachbarn.

Über was würdet ihr reden? Über Freunde und Graffiti.

Gibt es Orte in der Stadt, die deine Arbeit inspirieren? Meine gesamte Umgebung inspiriert mich. Ich schaue mir relativ wenig Kunst an, aber ich bin gerne in der Stadt und schau mir diese an, das gibt mir viel mehr, als was ich aus irgendeiner Ausstellung heraus ziehen könnte.

Was würdest du einem Gast, der Düsseldorf nicht kennt, als erstes zeigen? Die Kiefernstraße.

Wenn du etwas zu Düsseldorf beitragen könntest, was wäre das? Was fehlt der Stadt deiner Meinung nach? Ein paar alte Industriehallen, auf denen keine Quartiere gebaut werden dürfen. Eine Freispielfläche für Subkulturen.

Vielen Dank.

Text: Lisa Damberg
Fotos: Michael Englert | Foto vom Haus von Ben Mathis
© THE DORF 2019

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