Seit acht Wochen leben wir „social distancing“ – acht Wochen, die das Leben in Düsseldorf komplett auf den Kopf gestellt haben. Wir fragen in unserer neuen Serie „SMALL-TALK, CORONA UND SONST SO?“ Düsseldorfer, wie hart sie von der Krise betroffen sind, was sie daraus gelernt haben und worauf sie sich „danach“ am meisten freuen.
Laura Müller ist Düsseldorferin, liebt gutes Essen, London & entspannte Spaziergänge. Vor vier Jahren hat sie mit ihrem Partner das Cafékonzept BIRDIE & CO. gegründet und hat damit ihre Leidenschaft für Essen und den Umgang mit Menschen zum Beruf gemacht. Wie sie als Gastronomin die letzten Wochen erlebt hat, erzählt sie uns hier im Interview. birdieco.de
Wie waren die letzten Wochen für Dich?
Die letzten Wochen waren überaus intensiv, eine echte Achterbahnfahrt. Die große Ungewissheit was auf alle aber natürlich auch auf uns als kleinen Kosmos BIRDIE & CO. zukommen würde, gepaart mit unserer Verantwortung für ein Team von über 30 Mitarbeitern. Da hatte ich schon ein mulmiges Gefühl. Wir haben gemeinschaftlich als Team die Ärmel hochgekrempelt und alles gegeben um auf Lieferung und Take Away umzustellen – quasi über Nacht. Viel Einsatz, viel Planung & Umstrukturierung – eine wirklich intensive Zeit.
Wie betroffen bist du wirtschaftlich und persönlich?
Wir haben zur Zeit unseren Standort in der Marc-Chagall-Straße geschlossen. In der Bagelstraße haben wir geöffnet und sind sieben Tage die Woche für unsere Kunden im Rahmen von Abholung und Lieferung da. Durch die Schließung und auch weil sämtliche Caterings ausfallen, sind wir natürlich auch wirtschaftlich betroffen. Wir versuchen aber täglich positiv daran zu gehen und neue Ideen zu entwickeln. Ich habe das große Glück und weiß es wirklich sehr zu schätzen, mit meinem Partner einen wirklich guten „Krisenmanager“ an meiner Seite zu wissen. Das lässt mich oft ruhiger schlafen.
Was hat sich geändert?
Enorm viel. Wir sind zu einer kleinen „Lieferzentrale“ geworden,. Darüber hinaus haben wir kürzlich unseren Online Shop gelauncht, worüber wir ausgewählte Produkte wie z.B. unsere hausgemachte Erdnussbutter, oder unser Granola per Post verschicken. Hier musste sich das ganze Team wirklich umstellen, einmal mehr umdenken – manchmal auch Pakete packen bis in die Nacht. 😉
Was siehst Du als positiven Nebeneffekt bei der Corona-Krise und Quarantäne?
Die Solidarität und gegenseitige Unterstützung ist, wenn man das so sagen kann, ein positiver Nebeneffekt. Wir erfahren einen wirklich großen Zuspruch und Support durch unsere Gäste und unsere Community und setzen alles daran, täglich dafür zu sorgen, weiterhin unseren Gästen etwas Gutes zu tun. Der Support, viele warme Worte – das ist schon etwas sehr Besonderes, wofür wir wirklich dankbar sind!
Die wichtigste Lektion, die Du in den letzten Wochen gelernt hast?
Versuchen positiv zu bleiben, gemeinsam an Lösungen arbeiten und nicht aufgeben! Mit einem Lächeln im Gesicht kommt man besser durch den Tag – aber das ist sowieso immer meine Devise, nicht nur zu diesen Zeiten.
Was fehlt Dir am meisten?
Ein normales, entspanntes Zusammensein mit Freunden, Familie und Gästen.
Was denkst Du, wird sich „nach“ Corona ändern? Was können wir aus der Krise mitnehmen?
Groß in die Zukunft zu blicken oder gar die über Zeit „nach“ Corona zu denken, ist in diesen Tagen bei der täglichen Ungewissheit schwieriger denn je. Es wird sich sicherlich das ein oder andere ändern und ich hoffe, dass die gesellschaftlichen Einschnitte nicht allzu heftig sein werden. Wenn krisenbedingt allerdings die Achtsamkeit, das mehr auf einander achten, das Bewusstsein füreinander steigt, ist es sicher auch etwas positives, was wir aus der Krise mitnehmen könnten.
Welcher Lieferservice hat Dich in den letzten Wochen glücklich gemacht?
Unser eigener 😉 Warum? Wir haben während der Einführung unseres Lieferservices auch darüber nachgedacht, wie wir anderen Menschen über unsere eigenen Produkte helfen können. So haben wir etwas zuvor nicht da gewesenes ins Leben gerufen und zwar ein Lieferservice für Backwaren der Bäckerei Hinkel. Auf Vorbestellung liefern wir auch diese Produkte aus und stellen damit sicher, dass auch Menschen, die nicht mehr zum Bäcker gehen oder gehen können weiterhin versorgt sind. Auch bestellen oft Verwandte, Freunde für jeweils andere ein „Care-Paket“, aus der Ferne sozusagen. Ein Teil davon sein zu können macht uns natürlich große Freude!
Insgesamt bin ich wirklich sehr glücklich darüber, wie schnell wir den Lieferservice als Team umgesetzt haben. Wir arbeiten nicht mit einer Bestellplatform zusammen, sondern haben den Service und die Lieferlogistik mit unserem eigenen Team auf die Beine gestellt. Ich liefere zum Teil selbst aus und die Kunden sind wirklich durch die Bank happy und supportive. Das macht wirklich Freude und das positive Feedback motiviert uns Tag für Tag. Hier geht es zum Shop…
In welches Restaurant gehst Du als erstes, wenn die Krise vorbei ist?
Da gäbe es einige. Aber sicher auch zu „A Tavola“. Dort fühlt man sich für einen Augenblick wie in den Straßen Roms.
Worauf freust Du Dich am meisten, wenn Normalität eingekehrt ist?
Das voneinander fern bleiben ist auf Dauer eine sehr unangenehme Umstellung. Daher freue ich mich sehr, wieder spontan und ausgelassen auszugehen, Freunde und Familie zu sehen und Zeit mit ihnen zu verbringen, ohne Restriktionen, ohne Abstand zu halten. Auf Fortuna Spiele und Tage, an denen wir mit BIRDIE & CO. wie gewohnt ein zweites zu Hause sein dürfen.
Vielen Dank!
(c) THE DORF, 2020
Foto: Urban Zintel