Luise und Jakob | OSWALD Wein

Luise und Jakob sind wahre Herzens- und „Feelgood“-Menschen. Ihr zu Hause ist die ganze Welt. Sie lieben und leben fürs Reisen und dafür, neue Orte zu entdecken, verschiedene Kulturen kennenzulernen, sie zu erleben und dabei nie auszulernen. Außerdem immer mit der Idee im Hinterkopf, mal ein ganz eigenes Produkt zu kreieren. Durch die aktuelle Lage waren sie gewissermaßen gezwungen eine Weile Rast zu machen. Dabei haben sie die Zeit mit der Familie genossen und zu schätzen gelernt, insbesondere die Zeit mit Jakobs Opa, Oswald.

Opa Ossi, wie er auch gerne genannt wurde, ist am 23. März 2021 friedlich eingeschlafen – Ruhe in Frieden! Im Interview sprechen wir mit Luise und Jakob über den Entstehungsprozess von OSWALD, Hindernisse, die ihnen auf dem Weg begegnet sind, wie viel von Opa Oswalds Art im Wein steckt und was wir noch alle von den beiden lernen können.

Seid ihr gebürtige Düsseldorfer*innen?
Luise (25): Ich komme aus Hämelerwald, einem kleinen Dorf in der Nähe von Hannover.
Jakob (31): Ich bin in Meerbusch groß geworden, nahe Düsseldorf.

Ihr habt Euch 2018 auf Rhodos kennengelernt, wolltet zusammen ein Produkt herausbringen und habt viel rumgesponnen, bis Ihr Euch für einen veganen Wein entschieden habt. Warum gerade Wein?
Jakob: Die Idee war schon lange da, aber uns fehlte immer ein Grund. Ein größerer Sinn dahinter. Eine tiefere Geschichte mit Herz, die mehr ist als nur ein Name. Und dann kam plötzlich alles zusammen. Wir denken, es war eigentlich immer offensichtlich, aber nie für uns sichtbar. Quasi direkt vor unserer Nase. Durch die verschlechterte Situation von meinem Opa wurde es uns auf einmal schlagartig klar. Der Wein passte dann einfach zur Geschichte, da mein Opa leidenschaftlicher Weintrinker ist. Wir sind zwar schon länger selbstständig und haben für diverse Firmen gearbeitet, jedoch hatten wir schon immer den großen Traum vom eigenen Produkt.

Luise: Ich bin ein absoluter Designfan. Schon immer habe ich mich für ausgefallene, besondere Produkte interessiert. Ich schreibe für mein Leben gern und ich fand vieles, was es bisher im Weinregal gab, oft langweilig oder dachte mir: „Hey warum nicht mal etwas, was alle Generationen anspricht.“ oder etwas freches, etwas das Sinn stiftet. Es ist doch oft so, dass wir in Rastern oder Begrenzungen denken oder eben in Zielgruppen. Dabei vereint uns alle soviel. Wenn Leute trinken, philosophieren sie meistens oder denken über Lebensfragen nach. Wir wollen Geschichten teilen, die das Herz berühren, die umdenken, die etwas ansprechen und uns näher zusammenbringen. Die Idee eines Produkts, dass einfach nur Geld bringt, ist veraltet und nicht nachhaltig.

Auf Eurer Website beschreibt ihr, dass Euch das Fachwissen und die nötigen Kontakte fehlten, um Euer Projekt zu realisieren. Auf was für unerwartete Probleme/ Hindernisse/ aufregende Erlebnisse stößt man als „Laie“? Eigentlich alles. Wir hatten z.B. sehr spät eine Situation, bei der uns aufgefallen ist, dass bei Alkoholverkauf vom Webseiten-Anbieter sämtliche Zahlungsmöglichkeiten eingeschränkt sind. Solchen Hürden begegnet man ständig. Aber es macht auch einfach Spaß, dazuzulernen. Alles, was man also bei Oswald sieht, haben wir uns selbst beigebracht. Und wir machen naiverweise auch alles selbst. Was manchmal Fluch und Segen zugleich ist. Wir freuen uns schon auf den Tag, an dem wir ein paar Sachen abgeben können, obwohl wir unfassbar dankbar sind, zu lernen und zu verstehen. Wenn man davon ausgeht, dass man eigentlich nichts weiß, kann man nur dazu lernen. Wir sind nicht so die Bürokraten, sondern eher die Künstler.

Wie oder wonach schmeckt Euer Wein? Das ist die häufigste Frage, die uns gestellt wird. Wir sagen immer, dass jeder selbst entscheidet und herausfindet, wie er schmeckt. Aber würde man ihn allgemein beschreiben wollen ist er fruchtig und frisch, leicht, besitzt eine sehr dezente Säure und schmeckt nach mehr. Oft aber auch ganz anders.

Euer Wein heißt OSWALD und trägt nicht nur den Namen Deines Opas, Jakob, sondern ist ihm auch in gewisser Weise nachempfunden. Was genau von Opa Oswalds Art und Geschichte steckt in dem Wein? Definitiv die Kommunikation. Wenn man ein, zwei, drei Gläser Wein trinkt, plaudert man offener drauf los. Er hat die letzten Monate sehr viel von sich erzählt. Die Schlüsse und Lernerfahrungen, die wir aus den Erzählungen ziehen, stecken definitiv darin. Mein Opa hat so viele verschiedene Berufe gelernt und immer versucht, das Beste aus jeder Situation zu machen. Dinge zu tun, die man mag, die einen glücklich machen. Der Erfolg kommt dann automatisch. Was ihn betrifft: Er hat nie (wirklich nie) seine Liebe zur Musik verloren. Dabei ist er aus dem Osten mit seiner Familie geflohen, hat den Krieg erlebt, war in Gefangenschaft und ist dann nach Düsseldorf geschickt worden, ohne zu wissen, wie es weiter geht. Trotzdem hat er sein eigenes Leben weiter aufgebaut, durch seine Offenheit, sein Schicksal anzunehmen. Der Wein lädt ein, positiv zu sein. Jede Situation anzunehmen. Lustig zu sein. Immer zu versuchen, dass zu machen, was man liebt. Oswald (auch Ossi genannt) erinnert sich auch jetzt noch an die Sachen, die er am meisten geliebt hat. Lehrer sein, die Musik, Menschen, Wein und damit hat er sich auch umgeben. Ohne Kompromisse.

Wie hat er reagiert, als Ihr ihm erzählt habt, dass Euer neuer Wein OSWALD heißen wird? Er hat uns das nicht geglaubt und dachte erst, das sei ein Scherz, bis er gemerkt hat, dass wir das ernst meinen. Wir glauben, dass er erst jetzt verstanden hat, als wir ihm berichtet haben, dass wir die ersten Flaschen verschicken, dass es wahr ist. Wir telefonierten nahezu jeden Tag mit ihm und erzählten ihm von den Reaktionen und Verkäufen. Er war unfassbar stolz und dankbar und konnte, so glauben wir, seine eigene Wichtigkeit und Wirksamkeit, die er bei uns hinterlässt, nicht fassen.

Was würdet Ihr Menschen raten, die ebenfalls ihren Traum verwirklichen wollen und ein neues Produkt auf den Markt bringen wollen? Habt Ihr ein persönliches Erfolgsrezept? Worauf kommt es an? Die Schwierigkeit ist tatsächlich, die eigenen Ängste zu bewältigen. Sich klar zu machen, was bedeutet Risiko? Vielleicht ist es ja mehr Risiko, es nicht zu machen. Außerdem sollte man nur bedingt auf sein Umfeld hören und sich fragen, wofür macht man es wirklich? Scheitern darf dabei keine Rolle spielen. Wenn man Angst vor etwas hat, muss man genau das tun was ungemütlich ist. Man sollte auf keinen Fall Erwartungen haben, dass es Erfolg hat und man Unterstützung bekommt. Das Erwartungsfreie macht wirklich frei. Wie in Beziehungen auch. Authentizität und Verletzlichkeit sind der Schlüssel, der uns alle näher zusammenbringt. Mutig sein und sich Hilfe holen bei den Dingen, die man nicht weiß. Auszeiten sind auch etwas, dass wir immer wieder neu erlernen. Sich selbst nicht verlieren und sich nicht von Stress oder „Fehlern“ auffressen lassen. Noch ein wichtiger Punkt ist für uns natürlich Nachhaltigkeit und damit das Bewusstsein, so fair wie möglich zu produzieren. Wir z.B. haben überflüssiges Plastik gespart und uns auf ein Etikett beschränkt. Weniger ist manchmal mehr.

Ihr seid wahre Abenteurer und seid schon um die halbe Welt gereist. Habt Ihr ein prägendes Erlebnis im Kopf, das Euch den letzten Kick gegeben hat, Eure „Hirngespinste“ in die Tat umzusetzen?

Luise: Es gibt nicht den einen Moment, aber die Summe aus vielen. Die Reisen haben uns Dankbarkeit und Offenheit gelehrt. Unsere Welt ist so viel offener, als wir in den Nachrichten sehen. Damit meine ich, dass es Grenzen nur in unseren eigenen Köpfen gibt. Die Grenze ist nicht das eigene Zuhause – es ist eben alles grenzenlos! Du kannst so weit gehen, wie du kannst. Und jeder zu einem unterschiedlichen Zeitpunkt, in seinem eigenen Tempo. Im Grunde wissen wir gar nichts und doch so viel.

Jakob: Eins der besten Gefühle ist, selbst entscheiden zu können, wann man aufsteht. Ich denke immer wieder daran, dass ich meinen Wecker für mich stelle und nicht für wen anderen. Die japanische Philosophie namens „Ikigai“ hat mich im letzten Jahr sehr geprägt, in der es darum geht, viele kleine Dinge am Tag zu machen, die einen glücklich machen. Die Summe der kleinen Dinge ist definiert als Glück. Wir sind definitiv geprägt von unseren beiden Familien, selbstständig zu sein. Wir wissen den Wert und die Bedeutung davon, die eigenen Eltern, um sich zu haben. Es ist nicht lebenswert, etwas zu arbeiten, was du nicht arbeiten möchtest. Deshalb geht es auch nicht um das Arbeit finden. Es gibt etwas Größeres, was uns antreibt. Alle von uns.

Durch Corona wart Ihr gezwungen Eure Reise zu stoppen und eine Bleibe in Düsseldorf zu suchen. Wie hat sich Euer Leben seitdem verändert? Bei uns ist es sicher ähnlich, wie bei vielen anderen Menschen, dass wir das Gefühl haben, Freiheit einbüßen zu müssen. Wir mussten nochmal neu lernen, was es heißt Situationen anzunehmen. Die Veränderung dadurch ist aber auch, dass OSWALD entstanden ist und wir kurz vor Corona schon entschieden hatten, erst einmal hier zu bleiben vor dem nächsten größeren Schritt. Wir mussten uns nur erst einmal orientieren und schauen, was wir aus dieser Situation für uns zaubern und lernen können. Reisen ist für uns ein elementarer Bestandteil unseres Lebens. Uns fehlt der kulturelle Austausch. Das, was wir jetzt machen, würden wir da auch machen. Jedoch darf man nicht vergessen, dass wir im Westen immer sehr privilegiert sind, was Reisen und das eigene Leben angeht. Wir sind dankbarer geworden und sehen noch mehr viele Einzelschicksale und Geschichten, die so unglaublich vielfältig sind, dass wir uns alle niemals erlauben dürfen, zu werten. Vielmehr sollten wir unsere Sorgen teilen und uns unterstützen. Wir wären Oswald nie so nahgewesen und hätten gar nicht diese intensive Zeit mit ihm und unseren Familien gehabt.

Habt Ihr auf Euren Reisen etwas an Düsseldorf vermisst? Wenn ja, was?
Jakob: Natürlich unsere Familien, ein Stück Heimat, dieses Geborgene. Auf Reisen fehlt einem oft der Punkt, an den man zurückkommen kann. An Düsseldorf speziell trägt meine Familie ein Ritual Sonntagmorgens in die menschenleere Altstadt zu fahren und im Irish Pub O’Reilly’s ein Guinness zu trinken und die Stadt aufwachen zu sehen.

Luise: Da ich ja quasi noch neu in Düsseldorf bin, muss ich echt zugeben: Ich habe mich unsterblich in das Wasser verliebt, die Rheinpromenade und den Medienhafen oder auch kleine süße Ecken wie die Brunnenstraße.

Was vermisst Ihr jetzt hier? Das Meer und irgendwie auch diese Prise Leichtigkeit, Sonne, Tauchen, das Entdecken und Leben von und in neuen Kulturen. Sich einlassen auf neue Plätze und Orte und das Gefühl von Weite. Um ehrlich zu sein: Ein Teil unseres Lebens fehlt uns gerade und wir haben natürlich immer noch ein bisschen zu kämpfen. Auch die Arbeit mit den Kindern (Kinderschwimmtraining) ist pure Bereicherung. Die Kinder haben uns so unglaublich viel gelernt. Wenn wir mal genauer hinsehen, zeigen sie uns jeden Tag, wie „leben“ geht.

Neben dem Wein habt Ihr ein eigenes, kleines Kreativbüro, einen eigenen Podcast und ihr arbeitet mit diversen veganen Start-Ups zusammen. Zudem wart in der Welt als Kinderschwimmtrainer unterwegs. Welche Projekte stehen als nächstes an? Im Hintergrund schwirren schon ganz viele Ideen. Das haben wir mittlerweile auch als Teil von uns akzeptiert. Wir beschäftigen uns viel mit mentaler Gesundheit und allgemein wollen wir noch so viel mehr zurückgeben. Einen Ort schaffen, an dem Menschen gemeinsam wachsen können, sich inspirieren und ihre Werte leben können. Uns beschäftigt immer mehr Bewusstsein und das Selbstsein anstelle von etwas zu werden. Wir müssen in Wahrheit alle gar nichts werden, sondern einfach sein. Mein Oswald soll für mehr als nur Wein stehen. Er ist menschliche Verbundenheit, Liebe, Ehrlichkeit und Zuhören. Ein Ort, an dem wir verletzlich sein dürfen. Die Menschen, die wir vermissen, die uns viel bedeuten und auf die wir gut Acht geben sollten.

Was ist Euer erstes Reiseziel, sobald alles wieder zur Normalität zurückkehrt? Nur ein Reiseziel? Wir sagen immer: Wir reisen nicht, wir leben. Wir träumen von einem Haus auf Bali mit ganz vielen Kindern, Tieren, Surfen, Tauchen unserer Familie und ganz viel zurückgeben und natürlich eine schön gekühlte Flasche OSWALD. Denn das Einzige, was unsere inneren und äußeren Reisen hemmen kann, ist unser Blickwinkel.

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