ANMO

ANMO – das sind Anna Friedel und Motoko Dobashi. Kennengelernt haben sich die beiden beim Kunststudium in München und die Liebe zum Tee hat sie sofort verbunden. Nicht weiter verwunderlich also, dass sie 2017 ihren Teeladen mit angeschlossenen Galerieräumen im „Little Tokyo“ in Düsseldorf eröffneten und seitdem jeden herzlich einladen, sich mit ihnen auf die Reise zu begeben, außergewöhnliche Teespezialitäten zu genießen.

„Was man sieht körperlich aufnehmen“ – das ist die Philosophie von ANMO. Doch der Weg zum Tee erzählt bei beiden eine unterschiedliche Geschichte. Anna ist professionelle Snowboarderin gewesen und hat bereits mit 14 Jahren angefangen, sich für Tee zu interessieren. Sie hat immer nach neuen Wegen gesucht, um ihre körperliche Leistung durch natürliche Mittel zu steigern und vor allem Kräutertees haben ihr dabei geholfen. Je mehr sie sich mit dem Thema beschäftigte, umso mehr ist ihr Interesse auch an der chinesischen Kultur gewachsen. Sie begann mit Kung Fu und reiste mit 20 Jahren das erste Mal nach China. In Hongkong brachte die Kung Fu Gemeinschaft sie zum ersten Mal in Berührung mit hochwertigem Tee und sie kaufte dort ihren ersten Pu Erh Tee – gepresste Teekuchen, die ähnlich wie Wein über die Zeit fermentieren.

Hongkong ist eine sehr moderne und junge Stadt, erzählt sie. Erst Mitte des 19. Jahrhunderts wurde das kleine ehemalige Fischerdorf von den Briten zur Kronkolonie deklariert und zur mittlerweile Weltmetropole aufgebaut. Besonders fasziniert sie, dass es der einzige Ort in China ist, der ohne Kulturrevolution geblieben ist. „Es gibt immer noch eine Ebene, es gibt immer ein Geheimnis“, schwärmt sie. Sie fühlt sich immer wieder neu aufgefordert, die Vielschichtigkeit und das Stadtkonzept neu zu hinterfragen und zu erleben. Den Gedanken nach Asien zu gehen, hat sich Anna allerdings nie ernsthaft gestellt – politische wie auch gesellschaftliche und kulturelle Situationen, mit denen sie sich als dort lebende Künstlerin hätte auseinandersetzen müssen, kamen für sie nicht infrage.

Motoko hingegen kommt aus Japan. Bereits während ihres Kunststudiums in Tokio war ihr klar, dass sie auch im Ausland ihre Studien fortsetzen möchte. Sie suchte nach einer Möglichkeit ein Stück Heimat dorthin mit zu nehmen – so begann sie „Senchado“ zu erlernen, Teezeremonien mit japanischem grünen Tee. Sie war überrascht wie fein und vielfältig diese Zeremonien sind und so lernte sie über viele Jahre verschiedenste Methoden der Zubereitung. Dabei geht es immer um mehrere Aufgüsse, um ein unangenehmes Nachbittern zu vermeiden. Mit jedem Aufguss verändern sich der Charakter und das Aroma des Tees. Besonders angetan hat es Motoko aber das gesamte Equipment für die Zeremonien, in das sie sich sofort verliebt hatte. Auch jetzt kann sie ihre Freude darüber nicht verbergen und strahlt über das ganze Gesicht.

Neben Zubereitungsarten spielen auch die Jahreszeit und verschiedene Ernten eine große Rolle. Bei der Teekultur geht es auch immer um die Reflexion der Natur und der Naturkreisläufe, erzählt Anna. Beim „Longjing“ Tee zum Beispiel sagt man, dass die Reinheit und Klarheit des Geschmacks das Gurgeln der Bergquelle (woher der Tee stammt) widerspiegelt. Diese Liebe zum Tee brachte schnell eine Verbundenheit der beiden hervor als sie sich in München kennenlernten. So wuchs bereits dort die Idee, Tee und Kunst miteinander zu verbinden. Nach dem Studium ging Anna sofort nach Düsseldorf, Motoko reiste zunächst noch und zog nach Berlin. Dennoch blieben sie in Kontakt und verfestigten über die Jahre ihre Idee, sodass auch Motoko nach Düsseldorf zog.

Als sie die Räumlichkeiten in der Bendemannstraße 18 sahen, war für sie klar, dass sie ihre Idee hier zum Leben erwecken wollten und eröffneten im September 2017. Neben dem Teeladen im vorderen Bereich gibt es noch einen kleinen Ausstellungsraum im hinteren Bereich. Der Zufall spielte ihnen in die Karten, denn ihr Laden ist mitten im „Little Tokyo“ lokalisiert. Und die beiden wissen hier nicht nur die große asiatische Gemeinschaft zu schätzen, sondern lieben auch die Möglichkeit mit ihren eigenen Vorstellungen zu wachsen und mitgestalten zu können.

Das spiegelt auch ihr Konzept im Kontext des zeitgenössischen Gedankens wider: Tee als Essenz einer stetigen Entwicklung. Jeder ist willkommen, diese Entwicklung mitzuerleben, aufmerksam Tee zu genießen, über Kunst nachzudenken oder sich einfach mal Zeit für ein bewusstes Erleben zu gönnen. Das ist gerade für Motoko sehr wichtig. Die Auseinandersetzung der physischen Erlebbarkeit visueller Dinge im Kontext mit Raum, Körper und Geist ist dabei für Anna elementarer Bestandteil.

Aber auch Teeanfänger brauchen keine Scheu haben, sich an den Teetisch zu setzen. Anna und Motoko haben sich bewusst gegen strikte Regeln und Hierarchien entschieden, die klassische Teezeremonien sonst mit sich bringen. Sie möchten das eigene Sein ihrer Kunden unterstützen, die individuellen Geschmacksneigungen herausfinden und über den Tee einen Austausch ermöglichen.

Egal, ob man einen heiß aufgebrühten Tee, einen Cold Brew oder auch einen Ice Brew mit Eiswürfeln (mein persönlicher Favorit) genießt, die Qualitäten die Anna, Motoko und ihr Team präsentieren, sind besonders.  Und die sollte man sich nicht entgehen lassen, auch weil man in der warmen ruhigen Atmosphäre zwischen den schönen Teewaren und dem kochenden Wasser ganz schnell einmal den stressigen Alltag vergessen kann.

Was macht guten Tee für euch aus?
MO: Wenn man die Kraft der Teeblätter spürt, macht das für mich guten Tee aus.

AN: Ein guter Tee macht sich für mich dadurch erkennbar, dass du ihn immer wieder trinken willst. Es muss einen „Aha-Moment“ beim ersten Schluck geben. Das heißt nicht, dass er sofort schmecken muss, aber er muss die Neugierde wecken.

Wie sieht eine Teezeremonie bei euch aus?
AN: Wir versuchen die etablierten Aspekte einer klassischen Zeremonie einzuhalten – so lange sie dazu dienen, den Geschmack optimal herauszubekommen – ins Jetzt zu übersetzen mit der steten Frage: „Wie geht’s weiter.“

MO: Genau, wir versuchen immer wieder den Tee in seiner besten Form mit seinem besten Charakter zu servieren. Die logischen Handlungen basieren auf dem Prinzip der Tradition.

Wo findet ihr Inspiration?
AN: Es gibt ja in jedem Bereich jemanden ,der immer noch mehr weiß als man selbst, das ist immer wieder inspirierend. Zu diesem Austausch kommen Recherche-Reisen und Kunst, Bücher, Essen, Literatur und Film dazu.

MO: …und Tee.

Was sind eure Lieblingstees?
MO: Hochwertige Sencha aus Japan, Yancha Rock Tea aus China.

AN: Pu Erh Tee – gepresste Teekuchen, die ähnlich wie Wein über die Zeit fermentieren.

War es jemals eine Option für euch, Düsseldorf zu verlassen? Warum seid ihr geblieben?
AN: Da ich bewusst der Liebe wegen von München nach Düsseldorf gezogen bin, stand das nie für mich zur Debatte. Jetzt lebe ich mittlerweile 12 Jahre hier und fühle mich wegen verschiedenster Aspekte mit der Stadt verbunden, u.a. wurden meine Söhne hier geboren. Das macht es hier für mich wie eine zweite Heimat. Dass es hier die Möglichkeit gibt Asien ein Stück näher zu sein ist einzigartig, zumindest in dieser gelebten Form und Vielfalt. Da hält man das Fernweh gut aus.

MO: Ich bin vor drei Jahren nach Düsseldorf gezogen (lächelt). Die Dynamik und Mischung der Menschen mit unterschiedlichem Hintergrund in der Stadt mag ich gerne, daher habe ich nicht vor Düsseldorf wieder zu verlassen.

Mit wem, tot oder lebendig, möchtet ihr in Düsseldorf gerne ein Altbier trinken?
AN: Dadurch das ich nie Alkohol trinke… sagen wir mal einen Tee in der Altbier-Kneipe..Was für ein Frevel (lacht). Nehmen wir uns doch einen Stammtisch und lassen es eine Gruppe an Leuten werden wie Xavier Dolan, Tony Leung, Liao Yiwu, Lu Yu, Pier Paolo Pasolini, Byung-Chul Han, Bruce Lee, Agnes Martin, Eva Hesse und Alain Ginsberg.

MO: Mit meinen Enkelkindern.

Worüber würdet ihr reden?
MO: Wie es damals alles mit ANMO angefangen hat…

AN: Es gäbe viele Themen aber vermutlich Schönheit, Wahrhaftigkeit, Demokratie, Werte, Mut und Zeit.

Gibt es Orte oder bestimmte Spots in der Stadt, die euch bei eurer Arbeit inspirieren?
MO: Es gibt mehrere Orte, die von Leuten geschaffen wurden, die bewusst ihren eigenen Style nach Außen präsentieren. Ich fühle mich in solchen Läden, Cafés und Orten wohl, weil ich den Charakter der Macher sehen kann.

AN: Da gibt es jede Menge. Die Stadt ist voll davon, angefangen von Lieblingsrestaurants und Cafés, über die Museen der Stadt, aber auch die Weite vom Rhein und die Landschaft im Grafenberger Wald.

Was schätzen Eure Freunde an Euch? Dass sie immer eine Tasse guten Tee und ein tolles Gespräch bei uns bekommen.

Was sagen Eure Feinde über Euch? Zu wenig traditionell, zu zeitgenössisch.

Was bringt die Zukunft? Hoffentlich eine noch größere Gemeinschaft von Kunst- und Tee-liebhabern.

Eure liebsten Nachbarn? Tains, Huafeng, Hiroki, Bambi

Vielen Dank!

Text: Miriam Backhaus
Fotos: Felix Brauner
(c) THE DORF 2019

ANMO

Bendemannstr. 18 (Eingang: Charlottenstraße 79)
40210 Düsseldorf

Tel: +49 211 38731741

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Öffnungszeiten

Montag bis Samstag: 10-20 Uhr,

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